Schutzfaktor M: Appell unterschreiben
Vor 40 Jahren ratifizierte die Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Den 28. November 2014 nehmen wir zum Anlass, um die ganze Bevölkerung und insbesondere alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aufzurufen, sich für den Erhalt und die Stärkung der Menschenrechte in der Schweiz einzusetzen. Denn der Menschenrechtsschutz in der Schweiz verliert zunehmend an Selbstverständlichkeit. In den letzten Jahren häuften sich Volksabstimmungen, deren Forderungen gegen die Grundrechte und die verbindlichen Menschenrechte der EMRK verstossen. Das Beschneiden unserer Grundrechte bedeutet eine Schwächung unserer Demokratie, unserer Sicherheit und unserer Freiheit.
Die EMRK verankert einen menschenrechtlichen Mindeststandard. Dieser basiert auf einem Grundkonsens der europäischen Wertegemeinschaft. Die EMRK schützt die fundamentalen Rechte aller Menschen in Europa. Die EMRK hat wesentlich dazu beigetragen, auf den Trümmern des 2. Weltkrieges ein Europa der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und des wirtschaftlichen sowie sozialen Fortschritts aufzubauen. Die EMRK hat die Schweizer Grundrechtskultur in den vergangenen 40 Jahren in vielfältiger Weise positiv beeinflusst. So diente sie auch als Grundlage für die Weiterentwicklung des Grundrechtsschutzes in der Bundesverfassung von 1999. Die EMRK schützt die Menschenrechte in der Schweiz in doppelter Hinsicht:
1. Mit der Ratifizierung der EMRK vor 40 Jahren hat sich die Schweiz dazu verpflichtet, den europäischen Mindeststandard des Menschenrechtsschutzes innerstaatlich umzusetzen. Dies führte dazu, dass die Menschenrechte der EMRK in der Schweizer Gesetzgebung und Rechtsprechung als Grundrechte verankert sind.
2. Die EMRK ermöglicht jedem Menschen der 47 Mitgliedstaaten des Europarates vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg eine Beschwerde wegen der Verletzung ihrer oder seiner Menschenrechte durch einen Vertragsstaat einzureichen. Diese Möglichkeit steht auch jedem Menschen in der Schweiz zu.
Volksinitiativen können unsere Bundesverfassung laufend verändern. Dies selbst dann, wenn die neuen Bestimmungen gegen die in der Bundesverfassung garantierten Grundrechte verstossen. Die Schweiz kennt kein Gericht, das die Grundrechte im Falle eines Konflikts mit einem Bundesgesetz schützen könnte. Wir alle tragen darum eine besondere Verantwortung für den Erhalt des Menschenrechtsschutzes.
Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen rufen alle in der Schweiz lebenden Personen und insbesondere alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger unserer Gesellschaft zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung auf:
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nehmen als Verfassungsgeber ihr Initiativrecht so wahr, dass die Einhaltung der Grundrechte der Bundesverfassung für alle Menschen gewährleistet ist. Dabei orientieren sie sich an den internationalen Mindeststandards der Menschenrechte, wie sie in der EMRK festgehalten sind.
Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Bundesversammlung sind sich ihrer Rolle als Verfassungshüter bewusst, indem sie in der Beurteilung und Umsetzung von Volksinitiativen eine konstante Praxis entwickeln, welche die Grundrechte umfassend schützt. Als Gesetzgeber verpflichten sie sich, die in der Bundesverfassung definierten Grundrechte sowie die internationalen Mindeststandards zu respektieren und zu schützen – insbesondere die in der EMRK festgehaltenen Rechte.
Die Schweizer Gerichte sind an das Völkerrecht gebunden. Darum stützen sie sich in ihrer Rechtsprechung auf die Grundrechte der Bundesverfassung und auf die Menschenrechte der EMRK ab.
Der Bundesrat verfolgt das Ziel, dass die Grund- und Menschenrechte bei der Anwendung und Umsetzung von Recht auf allen staatlichen Ebenen eingehalten werden. Er stärkt im Europarat den Status der EMRK als europäischen Mindeststandard für Menschenrechte.
La versione integrale dell’appello in italiano