Das eine tun und das andere nicht lassen. Der Hauptort des Kantons Wallis, Sion, rührt einerseits die Werbetrommel für seine Olympiakandidatur («Sion 2002»), wofür Begriffe wie Umweltverträglichkeit und Landschaftsschutz gerne bemüht werden. Andererseits sieht die gleiche Gemeinde untätig zu, als anfangs Dezem­ber 94 die Promotoren eines Golfprojektes ohne Baubewilligung Planierungen und Aufschüttungen auf etwa 12 Hektaren eines alten Weidelandes mit Obstgär­ten ausführten und Dutzende alter Birnbäume fällten. Für die «Bestattung» der Obstbäume wurde eine 100 Meter lange Grube ausgehoben. Bezeichnenderweise wurde von Seiten der Golfpromotoren immer wieder betont, es würde ein Golf­platz geschaffen, der auf die bestehenden Naturwerte Rücksicht nehmen würde. Die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und ‑pj7ege SL und der WWF forderten von der Gemeinde Sion eine sofortige Baueinstellung und erhielten von der Olympiakandidatin die knappe Antwort, der Bau dieser 9‑Loch Übungsanlage bedürfe keiner Baubewilligung. Hiergegen rekurrierten die beiden Schutzverbände an den Staatsrat. In der Folge kam es zu Gesprächen zwischen den Verbänden und der Association du Golf‑Club de Sion GCS und zu einer Konvention, wonach die GCS sich verpflichtet, alle Arbeiten einzustellen und ein ordentliches Bauge­such für die Übungsanlage und den späteren 18‑‑Loch Golfplatz einzureichen. Die Golfeuphorie in der Schweiz treibt auch anderswo seltsame Blüten‑ Auf dem Colina dell’Arbostora, einem landschaftlich überaus reizvollen, geologisch sehr alten Hügel am Lago di Lugano, an dessen Südhang sich das berühmte Dorf Vico‑Morcote befindet, soll ein auf 50 Millionen Franken Baukosten geschätzter Golfplatz entstehen. Dieser würde gleich zweimal mit dem Bundesrecht kollidie­ren. Erstens müssten mindestens 30 Hektaren Wald gerodet werden (was gemäss bundesrätlicher Rechtssprechung nicht bewilligt werden kann), zweitens käme der Platz in eine geschützte Landschaft von nationaler Bedeutung zu liegen. Schliess­lich würde ein wichtiges Naherholungsgebiet von Lugano stark entwertet werden. Die Tessiner Kantonsregierung ist aber fest entschlossen, diesen Golfstandort zu sichern. Nach der Devise «wo kein Kläger, da kein Richter», wird es daher wiederum den Schutzverbänden obliegen, einen gerichtlichen (und nicht politischen) Entscheid zu erzwingen. SL, WWF und Schweiz. Bund für Naturschutz haben be­reits ihre Beschwerdewilligkeit angekündigt. Argumentative Unterstützung erhiel­ten sie von der Zürcher Regierung, welche zu einem Rodungsgesuch von 1,3 Hektaren Wald für einen Golfplatz bei Winterthur mit Hinweis auf die Rechtslage ablehnend Stellung bezogen hat.
Zuwenig Plätze für zuviele Golfer?
Immer noch hält sich das Gerücht, es habe zuwenig Golfplätze in der Schweiz. In Tat und Wahrheit sind verschiedene Beispiele von Golfplätzen bekannt geworden, die finanziell in Schräglage geraten sind und krampfhaft Mitglieder suchen. Nach dem Fast‑Konkurs des jüngst eröffneten Golfplatzes in Erlen TG, dürfte auch der Golf de la Largue im französischen Sundgau nahe von Basel seine Clubtüren bald schliessen. Der zur Hauptsache einer Zürcher Bank gehörende Club suchte bereits seit Jahren nach Mitgliedern in der Schweiz und soll nun zum Verkauf freistehen. Finanzprobleme plagen auch das Golfprojekt in Selva/Tujetsch GR und den in Bau befindlichen Platz in Küsnacht SZ. Es zeigt sich, dass ohne eine überkanto­nale Bedarfsabklärung und Richtplanung viele Gemeinden und Bodenbesitzerln­nen von der Golfverlockung geblendet voreilig hektarenweise Land abtreten und dieses bedenkenlos aus der (vor Fremdnutzungen und Bodenpreisen sicheren) Landschaftszone entlassen.
Raimund Rodewald, Geschäftsleiter SL
Weitere Infos: Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege, Raimund Rodewald, Dr.phil.Biol., Geschäftsleiter, Hirschengraben 11, 3011 Bern, Tel. 031/312 20 01