Schweizerisch-indonesisches Forum für Kultur und internationalen Tourismus: Menschenrechte – kein Thema für die Branche?
Vom 16. bis 19. Oktober 1994 findet unter dem Patronat der UNESCO im Lausanner Hotel Beau-Rivage das zweite Forum für Kultur und Tourismus statt, das die Schweizerische Verkehrszentrale diesmal in enger Zusammenarbeit mit den indonesischen Behörden organisiert. Zur programmatischen Frage der Veranstaltung «Tourismus: Chance für Natur und Kultur?» werden sich ranghohe Regierungsbeamte aus Indonesien – unter ihnen Tourismusminister Joop Ave – sowie offizielle VertreterInnen anderer Tourismusländer (u.a. Nepal, Ägypten, Tunesien) und internationaler Organisationen vor Fachleuten aus der Schweizer Touristik äussern. Themenstellung und Programmgestaltung lassen durchaus auch kritische Töne vermuten. Den Geladenen, insbesondere aus Indonesien, wird jedoch vorab die Chance willkommen sein, sich in der illustren Gesellschaft vorteilhaft zu präsentieren, steht doch zur Zeit die indonesische Regierung wegen massivster Menschenrechtsverletzungen im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Laut einem neuen Bericht von Amnesty International London sind die Beschreibungen der Ferienparadiese in den Reiseprospekten ein purer Hohn angesichts der Menschenrechtssituation in Indonesien. Gerade auch die von offizieller Seite forcierte Tourismusentwicklung macht sich krasser Menschenrechtsverletzungen schuldig: Für den Bau von Hotelanlagen oder Golfplätzen wurden in den letzten Jahren Tausende von Bauernfamilien zwangsenteignet und für den Verlust ihrer Existenzgrundlage kaum oder gar nicht entschädigt. Proteste gegen die Vertreibungen werden brutal niedergeschlagen. Im angespannten politischen Klima ist kein Widerstand möglich gegen die gigantischen Tourismusprojekte, welche auch auf Umwelt und heilige Kulturstätten – etwa den Tanah Lot Tempel in Bali – keine Rücksicht nehmen.
Mit intensiven Werbeanstrengungen will das neugegründete Tourismusamt die Zahl von 3,4 Millionen ausländischer Gäste 1993 in den kommenden fünf Jahren verdoppeln. Erfolg zeitigt die Marktstrategie in der Schweiz: 1993 haben rund 39’000 SchweizerInnen Indonesien besucht, stolze 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Bemerkenswert dabei ist die perfekte Synergie mit den Bemühungen der Schweizer Wirtschaft, in dem aufstrebenden «Tiger»-Land Fuss zu fassen, wo Kapitalanlagen dank dem tiefsten Lohnniveau Asiens und der Unterdrückung gewerkschaftlicher Rechte hohe Gewinne versprechen. Mit ihrer eben lancierten Indonesien-Kampagne dokumentiert Amnesty International Schweiz ausführlich die Menschenrechtssituation und verlangt namentlich vom Bundesrat, dass er keine Waffenexporte nach Indonesien bewilligt und die Entwicklungsprojekte explizit mit den Menschenrechten verknüpft.
In diesem Sinne fordert der Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung die Organisatoren (Schweizerische Verkehrszentrale, Office du tourisme du Canton de Vaud, Office du tourisme et des congrès de Lausanne) sowie die Sponsoren (Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe DEH, Kanton Waadt, Stadt Lausanne, AMEXCO, Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland, Nestlé S.A., Philipp Morris, UNESCO, Schweizerische Gesellschaft für Mikroelektronik und Uhrenindustrie AG, Swissair, Swiss Travel System, Hotel Beau-Rivage Palace) des Lausanner Forums auf, dem kritischen Anspruch ihrer Veranstaltung gerecht zu werden und die Zusammenarbeit im Tourismusbereich mit der Einhaltung der Menschenrechte zu verbinden.