Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege erhebt Beschwerde gegen Ausbau des Golfplatzes Gstaad Saanenland/BE
1990 löste die geplante Golfplatzerweiterung in einem Flachmoor von nationaler Bedeutung oberhalb von Saanenmöser die Diskussion um die Naturverträglichkeit von Golfplätzen aus. Das neueste Projekt zeigt, dass die naturräumlichen Verhältnisse eine Golfplatzerweiterung kaum erlauben. Es sollen nun zwar die Moorflächen grösstenteils geschont, dafür aber knapp eine Hektare Wald geopfert werden. Die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege SL wehrt sich gegen die Rodungsbewilligung mit einer Beschwerde an das Eidgenössische Departement des Innern, nicht zuletzt aus präjudiziellen Gründen. Mit Verfügung vom 4. April 1995 hat das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL dem Golfclub Gstaad‑Saanenland die Bewilligung zur Rodung von 9170 m2 Wald für die Erweiterung eines bestehenden Golfplatzes erteilt. Die Bewilligung basiert auf einer Vereinbarung, welche das Naturschutzinspektorat mit den Verantwortlichen des Golfclubs Gstaad‑Saanenland im vergangenen August unterzeichnet hat. Ziel dieser Übereinkunft war allerdings ausschliesslich die Moorfrage, die Aspekte der Walderhaltung wurden darin nicht behandelt. Die Rodungsbewilligung von knapp einer Hektare wurde nun damit begründet, dass eine 18‑Loch‑Anlage dem Sommertourismus diene und somit das Interesse an der Rodung höher sei als dasjenige an der Walderhaltung. Auch sei eine Standortgebundenheit ausgewiesen, da bereits eine 9‑LochAnlage bestehe. Die SL wehrt sich gegen diese Argumentation, da der unbestritten nötige Schutz des Moores nicht mit einem Eingriff in einen anderen gesetzlich geschützten Lebensraum «kompensiert» werden kann. Die bestehende 9‑LochAnlage wäre unter heutigen rechtlichen Gesichtspunkten kaum an diesem Standort bewilligt worden. Moorwiesen und auch Waldareal sind dem Bau dieses Platzes zum Opfer gefallen. Es kann daher nicht eine Standortgebundenheit für eine Platzerweiterung abgeleitet werden, wenn selbst die Standortgebundenheit für den bestehenden Platz nach heutigen Gesichtspunkten nicht gegeben ist. Zudem existiert eine richtplanmässige Erfassung der zweckmässigen Standorte für Golfplätze resp. des Bedarfs im Kanton Bern bisher nicht. Der vorliegenden Rodungsbewilligung zur Realisierung der Golfanlage kommt in ganz besonderem Masse präjudizielle Wirkung zu. Dies nicht nur angesichts der zahlreichen geplanten Vorhaben (rund 100 Golfplatzprojekte stehen zur Diskussion), sondern auch mit Blick auf weitere mögliche, mit dem Walderhaltungsgebot in Konflikt geratende Sport‑ und Freizeitanlagen (Skipisten, Tennis- und Fussballplätze, Sommerrodelbahnen etc.) Wird bei der Erteilung von Rodungsbewilligungen für solche Vorhaben keine Zurückhaltung geübt, kann das Walderhaltungsgebot langfristig nicht mehr gesichert werden. Im konkreten Falle handelt es sich um einen montan‑subalpinen Fichtenwald, welcher auf durchnässten Flyschboden stockt. Die Landschaft präsentiert sich als reizvolles Mosaik von ineinander verzahnten moorigen Wiesen, kompakten und lockeren Waldflächen, unterbrochen von dicht bestockten Bachläufen. Die landschaftliche Situation muss daher als herausragend bezeichnet werden. Die Golfanlagen zerschneiden nun unter anderem an fünf Stellen zwei Bachgräben und schaffen dort Lichtungen, wo es natürlichermassen keine solchen hätte. Der kurzgeschorene und artenarme Golfrasen ist zudem ökologisch minderwertig. Auch Entwässerungen und Terrainverschiebungen tragen dazu bei, dass aus einer naturnahen Kulturlandschaft letztlich ein parkähnliches Freizeitgelände wird. Schliesslich, und dies ist ein weiterer Kritikpunkt, liegen drei projektierte Abschläge der Spielbahn Nr. 5 innerhalb eines Flachmoores von nationaler Bedeutung; als Auflage im Rodungsentscheid heisst es, die Abschlageplätze seien so festzulegen, dass das Moor bestmöglichst erhalten werden kann. Eine unerfüllte Auflage! Für den Ausbau des Wintertourismus wurde bereits viel Natur und Landschaft geopfert. Die SL warnt davor, dass die an sich sinnvolle Förderung des Sommertourismus nun ebenfalls auf Kosten des knapper werdenden Gutes Landschaft erfolgt.
Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Schweizerischen Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege
Weitere Informationen (und der laut NZZ sehr lesenswerte Tätigkeitsbericht 1994/Anmerk. Red.) bei: Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege, Hirschengraben 11, 3011 Bern, Tel. 031312 20 01