"Zehn Jahre nach der Tsunami-Katastrophe stehen Jahrhunderte alte indigene Völker in Südostasien vor dem Aus. Denn der Tourismus-Boom nimmt ihnen den Zugang zum Meer, von dem sie traditionell leben", erklärt Ulrich Delius, Asien-Experte der Gesellschaft für bedrohte Völker GfbV, und meint weiter: "Die Tsunami-Katastrophe vor zehn Jahren hat ihnen eine kurze Verschnaufpause im Überlebenskampf verschafft, aber auch ihre Bedrohung weiter verschärft. Denn nach der Katastrophe ebbte zwar für einige Jahre der Tourismus ab. Doch zugleich wurden ihre Landrechte immer häufiger in Frage gestellt". Dringend müssen die rund 19’000 Moken, Moklen und Urak Lawoi stärker in die Planung neuer Tourismusprojekte einbezogen werden, um den Untergang ihrer einzigartigen Kultur abzuwenden, fordert die GfbV.
Die traditionell während der Trockenzeit als Seenomaden lebenden Moken und Urak Lawoi sowie die vom Fischfang abhängigen Moklen, die an Land leben, verlieren immer häufiger den Zugang zum Wasser. In 15 der 41 Siedlungen von Seenomaden in Thailand eskalieren Auseinandersetzungen um Landrechte.
Investoren machen Landtitel geltend, um die Urbevölkerung von den teuren Ufer-Grundstücken zu vertreiben.
Die Tsunami-Katastrophe war für die indigenen Völker Fluch und Segen zugleich. Denn auch sie wurden schwer getroffen von den tödlichen Flutwellen. Rund 60 Prozent ihrer Siedlungen wurden zerstört. Zwar konnten viele Ureinwohner ihr Leben retten, da sie die alarmierenden Zeichen vor den Flutwellen richtig deuteten und an höher gelegenen Stellen Zuflucht suchten.
Doch viele ihrer Häuser wurden zerstört und Investoren sahen Chancen für neue Grossprojekte. Doch zunächst brach der Tourismus für mehrere Jahre zusammen.
Seit dem Jahr 2005 hat sich die Zahl der Urlauber aber mehr als verdoppelt. Im Jahr 2013 besuchten 24 Millionen Touristen die Strände Thailands. Immer neue Hotels werden an den traditionell von indigenen Völkern genutzten Stränden errichtet. Für ihre Hütten bleibt dort kein Platz. Investoren verlangen mit Hilfe der Gerichte die Räumung der Strände.
Nur wenige Moken und Moklen haben die finanziellen Mittel und Möglichkeiten, um vor Gericht für ihre Rechte zu kämpfen. Die meisten Ureinwohner geben dem Druck der Investoren nach und begnügen sich mit Eigentumstiteln an einem Bruchteil des ihnen zustehenden Landes. "Zum Überleben ist dies meist zu wenig, weil Fischer einen Zugang zum Meer benötigen", erklärt Delius. Auch werden die Hotels mit immer grösseren Wällen vor Flutwellen gesichert, so dass die umliegenden Hütten der Seenomaden den Gefahren neuer Naturkatastrophen besonders ausgesetzt sind.