Basel, 19.07.2012, akte/ Keine Sommerferien in Sicht? Dann lassen Sie sich hier und jetzt in beste Ferienlaune versetzen mit dem wunderschönen Bildband über die Plakate, die in Zeiten des aufkommenden Tourismus zum Reisen verführten.
Der Kontrast könnte nicht grösser sein zu den läppischen Handzetteln der Last-Minute-Schnäppchenangebote, welche heute die Schaufenster der Reiseveranstalter zieren. Ferienreisen waren ab Ende des 19. Jahrhunderts ein völlig neues gesellschaftliches Ereignis und wurden erst in den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts vorerst für Ausflüge im eigenen Land, nach dem Zweiten Weltkrieg dann auch für Reisen ins nahe Ausland populärer und für breitere Schichten erschwinglicher.
Was diese neuen Ferienreisen zur Verlockung und die neuen Ferienmenschen glücklich macht, das zeigt die Plakatkunst der Reisewerbung, die der Autor und Verleger Johannes Thiele gekonnt nachzeichnet anhand von Plakaten, die zwischen 1890 und den 1960er Jahren für Seebäder von Capri über Portofino, die Côte D’Azur, Mallorca, Biarritz und Boulogne sur Mer, Ostende, Scheveningen, Scarborough bis nach Sylt für Ferien am Meer warben.
Bis nach dem Ersten Weltkrieg waren waren Aufenthalte an Küstenorten vornehmlich für Winterurlaube empfohlen. Ab den 1920er Jahren entwickelte sich eine neue Kultur von Sommerferien am Meer. Diese machen die Reisewerbeplakate schmackhaft mit lauschigen Aussichten auf Buchten und Naturschönheiten, aber auch Aktivitäten am Strand und immer sportlicher dargestellten Ferienmenschen, zunehmend braun gebrannt in immer lässigerer neuer Bademode. Die Kunst der Reisewerbeplakate bestand darin, das völlig neue gesellschaftliche Phänomen des Badeurlaubes herauszuformen. Dabei ist der Begriff "Kunst" keineswegs zu hoch gegriffen angesichts der renommierten Künstler wie Signac, Matisse oder Picasso, die ihr Können der Reisewerbung zur Verfügung stellten. Sie haben wie zahlreiche auch weniger bekannte Künstler und Grafiker das neue Lebensgefühl von Ferien am Meer auf Werbeplakaten eindrücklich in Szene gesetzt: Reisen ans Meer machen glücklich. Das schildert der Bildband "Sehnsucht nach dem Meer". Er lässt Historiker-Herzen höher schlagen und weckt Forschungsneugier: Wie lief diese Werbung genauer? Wer gab Aufträge mit welchen Vorgaben? Und wer bezahlte dafür wieviel? Sicher ist aber, es sind durchaus auch heute noch diese Bilder, die unsere Vorstellungen der perfekten Sommerferien beflügeln.

Johannes Thiele: Sehnsucht nach dem Meer. Reisen, um glücklich zu sein.
Christian Brandstätter Verlag Wien, Thiele Verlag Wien, 2012, 162 Seiten, CHF ca. 39, Euro 29.90, ISBN 978-3-85033-605-5