Verschiedene Untersuchungen bei Reisenden haben in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass es eine wachsende Bereitschaft für verträglichere Ferienreisen gibt und dafür auch ein Aufpreis in Kauf genommen würde. Praktisch drei Viertel der Befragten erklärte sich im Jahr 2000 in einer repräsentativen Umfrage der Berner Forschungsinstitutes für Freizeit und Tourismus bereit, für umweltverträgliche Ferien einen höheren Preis zu bezahlen, mehr als die Hälfte der Befragten würden dafür auch auf Komfort verzichten. 95 Prozent der befragten Ferienreisenden – das heisst fast alle – der selben Untersuchung messen dem Respekt von Lebensweisen und Traditionen der einheimischen Gastbevölkerung den höchsten Stellenwert zu, mehr als einer intakten Umwelt am Ferienort (s. akte-Kuna 2/2001). Auch die britische Reisekundschaft zieht zunehmend ethische Kriterien für ihre Ferien in Betracht: Die Mehrheit der britischen Urlaubsreisenden, das zeigt eine repräsentative Umfrage des britischen Hilfswerkes Tearfund von 2000, wäre bereit, für ihre Auslandsferien mehr zu bezahlen, wenn der Aufpreis sicher zur Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen der Tourismusangestellten sowie zur Erhaltung der Umwelt am Reisezielort verwendet würde (s. akte-Kuna 2/2000).
Umfrageergebnisse – doch wenn’s ums Buchen geht, zählt der Preis, kann man entgegenhalten. Sicher, es gibt bislang aber auch kaum so transparent deklarierte Angebote im gängigen Reiseverkauf, bei denen die KonsumentInnen ihre Bereitschaft so einfach umsetzen könnte. Aller Skepsis zum Trotz gibt es immer mehr Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass die Reisekundschaft heute durchaus auf umwelt- und sozialverträglichere Angebote anspricht und sie auch beansprucht: So zeigt eine neue Studie der Forschungsstelle für Tourismus, Freizeit und Landschaft der Hochschule Rapperswil, die im Rahmen des internationalen UN-Jahres des Ökotourismus 2002 bei Reisenden in der Schweiz durchgeführt wurde, dass der sogenannt „naturnahe Tourismus“ kein Nischensegment, sondern ein wichtiges Standbein des Fremdenverkehrsbranche der Schweiz ist. Mit „naturnah“ wird ein Tourismus bezeichnet, der Natur und Landschaft schont und die lokale Kultur und Wirtschaft eines Ferienortes fördert. Zudem wird damit auch ein Gästetyp umschrieben, der in hohem Masse auf „naturnahe“ Angebote anspricht; grossartige Landschaften, Wildnis, Artenvielfalt und Schutzgebiete, Tierbeobachtung und Naturerlebnis in unberührter Landschaft sind für ihn besonders wichtig. Für „naturnahen“ Tourismus in der Schweiz haben die Gäste im Jahr 2001 insgesamt 2,3 Milliarden Schweizer Franken ausgegeben; 30 Prozent dieser Gäste sind SchweizerInnen. Auffällig ist bei den „naturnahen Gästen“, dass sie sportlichen Aktivitäten besonders zusprechen und regionale Produkte – einheimische Unterkünfte und regionaltypische Gerichte (biologische und vegetarische Küche) – bevorzugen. Grundsätzlich sind die „naturnahen Gäste“ bereit, für qualitativ gute Angebote 10 bis 20 Prozent mehr zu bezahlen. Eine Studie über das Potenzial der Schweizer Bevölkerung, die für „naturnahen Tourismus“ ins Ausland reist, wurde bei der Hochschule in Lausanne (ETH) in Auftrag gegeben; die Resultate stehen noch aus.
Reisende bekräftigen ihre Absicht, verträglicher unterwegs sein zu wollen. Weltweit gibt es immer mehr AnbieterInnen mit verträglichen Angeboten. Und was tut die Tourismusbranche, um ihr Angebot auf ökologische, aber auch soziale Kriterien hin der Kundschaft offen und transparent zu deklarieren? /plus

Quellen: Studie über Erwartungen an Reiseleitung und Urlaubsbetreuung beim Pauschalurlaub im fremdsprachigen Ausland, Studienkreis für Tourismus und Entwicklung, Ammerland , erscheint 2003, www.studienkreis.org; Tourism Conern-Spezialheft In Focus „The fair trade tourist“, autumn 2002, www.tourismconcern.org.uk; Naturnaher Tourismus in der Schweiz, Angebot, Nachfrage und Erfolgsfaktoren, Forschungsstelle für Tourismus, Freizeit und Landschaft, Hochschule Rapperswil, Abteilung Sozialpsychologie I der Universität Zürich, im Auftrag des Staatssekretariates für Wirtschaft (seco), Rapperswil 2002, www.ftl.hsr.ch; Tourismus und Umweltverhalten, Befragung zum Reiseverhalten 2000, Hansruedi Müller und Annegret Landes, Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF), Hans Imholz-Stiftung, Switzerland Travel Writers & Tourism Journalists Club Zürich (STW), Bern März 2001, www.fif.unibe.ch; siehe auch Ferienreisen, Umweltstatistik Schweiz Nr. 12, Bundesamt für Statistik, www.environment-stat.admin.ch