Sinkende Inseln: Zielkonflikte für den Tourismus
Basel, 29.03.2007, akte/ Der im Februar veröffentlichte Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) lässt keinen Zweifel daran, dass der Anstieg des Meeresspiegels, der schon seit Beginn der Messung 1992 unübersehbar ist, weiter gehen wird. Er geht davon aus, dass Indonesien in den nächsten 23 Jahren 2000 Inseln an die steigende See verlieren könnte. Und dies, so Yvo de Boer, Sekretär des UN Framework Convention on Climate Change (UNFCC), könnte der Vorbote für noch extremere Ereignisse sein: In Malaysia musste die Regierung 100’000 Menschen evakuieren, weil die See bis unter die Dächer gestiegen war. Tausende von Hektaren Landwirtschaftsgebiet in Indonesien und Malaysia sind von den verheerenden Klimaveränderungen betroffen, was zu riesigen Ernteausfällen geführt hat. „Bisher“, so de Boer, „war Klimaänderung eine rein umweltpolitische Sache. Jetzt wird sie ebenso eine Bedrohung für Wirtschaft, Handel und Politik.“ Auch für den autoritären Präsidenten der Malediven, Maumoon Abdul Gayoom, ist das Ende der Malediven absehbares, wenn nichts gegen die Klimaerwärmung unternommen wird: „Die Hauptbedrohung für das Überleben unserer Insel ist die globale Erwärmung und das Steigen des Meeresspiegels. Wir möchten keine Umweltflüchtlinge werden, wir werden die Malediven nicht verlassen, es sei denn, wir werden dazu gezwungen.“
Der Südseestaat Tuvalu, wohl einer der ersten Atolle, wo Klimaflüchtlinge eine neue Heimat suchen mussten, prüft wegen des steigenden Meeresspiegel und des Landverlustes rechtliche Möglichkeiten gegen die Vereinigten Staaten.
Es gibt auch dem Sekretär der UNO-Welttourismusorganisation UNWTO, Francesco Frangialli zu denken, wenn beliebte Tourismusdestination im Meer versinken. In einer Ansprache vor dem UN-Umweltprogramm UNEP in Nairobi stellte er das Arbeitsprogramm vor, dass in zwei Konferenzen zur Klimaänderung dieses Jahr gipfelt: Einer vom Bund unterstützen Vorbereitungskonferenz diesen September in Davos und einem globalen Ministertreffen in London im November. Frangialli räumte ein, der Tourismus sei Teil des Problems der Mensch gemachten Klimaerwärmung und daher seien „Neue Muster für den Konsum und die Bewahrung“ zu finden sowie „schnell umsetzbare Strategien der Adaption.“ Frangialli machte auch Zielkonflikte sichtbar: Erstes Ziel der UNWTO ist „ein verantwortungsvolles Wachstum“ des Tourismus zugunsten des weltweiten Handels. Erst als Zweites geht es darum, den Tourismus zur Erreichung der Millenniumsziele zu nutzen. Ganz unten an der Hierarchie der Ziele muss die Nachhaltigkeit kommen. So arbeitet die UNWTO mit der UNEP in der Kampagne zur Pflanzung von einer Milliarde Bäumen zusammen. Die UNEP will dafür den Globalen Ethikkodex für den Tourismus stärken und klimawirksame Elemente hineinbringen.
Doch während die einen an der Klimaerwärmung bereits leiden, schrauben andere unverdrossen weiter daran: Die Gemeinschaft der Ostasiatischen Länder ASEAN will den Kreuzfahrttourismus in Asien forcieren, wie sie an ihrem 26. Tourismusforum in Singapur diesen Januar beschloss. Bis 2020 sollen 1.2 Millionen TouristInnen durch Asien kreuzen. Vorbild ist der Kreuzfahrttourismus in der Karibik, unbeachtet dessen, dass dort der Widerstand dagegen wächst, aufgrund der Erfahrungen mit der Umweltverschmutzung: Kreuzfahrtschiffe führen bis zu 5000 TouristInnen mit sich, die zusammen ungeheure Mengen von Abfall produzieren. Rund 50 Tonnen sind es durchschnittlich in einer Woche. Dazu kommen Millionen von Litern Abwasser aus den Lavabos, Duschen, Bord- und Waschküchen sowie Toiletten, ausserdem Tausende von Litern ölverschmutztes Wasser. Kreuzschiffe sind ausserdem CO2-Schleudern: Ein Kreuzfahrtschiff emittiert soviel wie 12’400 Autos.