In zwei Interpellationen verlangten die SP-Nationalräte Paul Rechsteiner und Carlo Sommaruga vom Bundesrat die Aufhebung der seit April 2003 bestehenden Archivsperre von Akten betreffend der Geschäftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika in den Jahren 1948-1994. Die Aktensperre behinderte das damals laufende Nationale Forschungsprogramm NFP 42+ zu den Beziehungen Schweiz – Südafrika während der Apartheid.
Mit dieser Massnahme wollte der Bundesrat verhindern, dass Schweizer Firmen durch die Sammelklage von Apartheidopfern in den USA belastet und zu Reparationszahlungen verurteilt werden können. Obwohl sich derzeit kein Schweizer Unternehmen unter den Beklagten befindet, lehnte der Bundesrat am 16. November 2011 die Öffnung der Archive ab mit der Begründung, dass weiterhin ein Restrisiko bestehe und Schweizer Firmen bei neuen Tatsachen wieder in den laufenden Prozess aufgenommen werden könnten. Der Bundesrat stützte sich bei diesem Entscheid auf die Empfehlungen des Eidgenössischen Finanzdepartements sowie einer eigens einberufenen Arbeitsgruppe, der unter Koordination des Departementes für Auswärtige Angelegenheiten Vertreter der Departemente Finanzen, Inneres, Volkswirtschaft, Justiz und Polizei sowie der Nationalbank angehörten.
Carlo Sommaruga verwies in seiner Interpellation auf die Tatsache, dass das schweizerische Strafgesetzbuch seit Januar 2011 – gemäss Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs – die Apartheid als ein Verbrechen gegen dieMenschlichkeit versteht und entsprechende Handlungen mit Freiheitsstrafen nicht unter fünf Jahren bestraft. Er fragte den Bundesrat, ob dieser es angesichts dieses Strafartikels weiterhin als seine Aufgabe ansehe, Schweizer Firmen vor Rechtsrisiken zu schützen, die daraus erwachsen, dass sie in einem Drittstaat aufgrund von Verstrickungen in das Verbrechen der Apartheid angeklagt werden könnten. In seiner Antwort hält der Bundesrat fest, dass die Schweiz die Apartheid immer wieder klar verurteilt habe, wie der erwähnte Artikel im Strafgesetzbuch beweise. Wie während der Apartheidzeit bleibt diese Verurteilung jedoch rein deklamatorisch; auf der Handlungsebene bleibt sie ohne Konsequenzen, wie die Archivsperre deutlich macht.
Eine weitere Analogie zum Verhalten der schweizerischen Regierung während der Apartheid stellt die verharmlosende Behauptung des Bundesrates dar, dass durch die verhängte Sperre lediglich Einsichtsgesuche für Dossiers betreffend Exportgeschäfte nach Südafrika abgelehnt würden. Ein Blick auf die Website der Diplomatischen Dokumente (www.dodis.ch) genügt jedoch um festzustellen, dass die Einsichtnahme in einen viel umfangreicheren Korpus von Dossiers verweigert wurde und wird. Die im August 2010 verweigerten Dossiers betreffen die Ausfuhr von Kriegsmaterial (1964-1967 über die gesetzliche Sperrfrist von 30 Jahren hinaus), Anleihen, Bankbeziehungen im allgemeinen, schweizerische Kredite ans Ausland (1969-72), Durchfuhrbewilligungen, Boykottmassnahmen usw.
Der bundesrätliche Entscheid beeinträchtigt in schwerer Weise die Forschungs- und  Informationsfreiheit in der Schweiz und damit einen Grundpfeiler der demokratischen Rechte. Der Schutz von Unternehmen, die möglicherweise in schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt waren, vor gerichtlicher Beurteilung wird höher gewertet als das Recht der Bevölkerung auf Aufklärung. Wie zu Apartheidzeiten stehen in der Schweizerischen Aussenpolitik die Wirtschaftsinteressen damit vor den Menschenrechten.
Die KEESA protestiert entschieden gegen diesen Entscheid und fordert die Interessensvertreter von Wissenschaft, Medien und die Menschenrechtsorganisationen dazu auf, gegen diesen Entscheid Stellung zu beziehen.