So bügelt das Bundesamt für Migration
Abgemagert und krank ist der burmesische Oppositionelle Stanley Van Tha am 5. Januar wieder in Zürich angekommen. Im April 2004 hatte ihn die Schweiz an einen Rollstuhl gefesselt und geknebelt ausgeschafft. Noch auf dem Flughafen von Rangun nahm der Militärgeheimdienst Van Tha fest und misshandelte ihn. Darauf wurde er zu neunzehn Jahren Haft verurteilt.
Ein Kommentar von Heiner Busch*
Glaubt man dem Bundesamt für Migration (BFM), dann ist das Asylwesen jetzt wieder in Ordnung. Das Amt «bedauert», sagt Pressesprecher Jonas Montani, sieht aber keinen Grund für eine «Entschuldigung». Umso weniger, als «wir wiederholt für die Freilassung von Stanley Van Tha interveniert haben». Die Öffentlichkeit soll verstehen, dass man den Fehler – so es überhaupt einer war – ausgebügelt hat.
Ein paar Richtigstellungen:
Wer hat interveniert? Sicherlich nicht das BFM, denn das ist gar nicht seine Aufgabe. Die Filmemacherin Irene Marty, die sich seit Jahren für Van Tha einsetzt, bestreitet nicht, dass das Eidgenössische Aussendepartement (EDA) beim Militärregime vorstellig geworden ist. Der Erfolg blieb aber lange aus.
Warum jetzt? Van Tha wurde erst am 15. November 2007 freigelassen. Das BFM will hier zumindest einen indirekten Erfolg der schweizerischen Bemühungen sehen. Ohne die Intervention hätten sich die Militärbehörden nicht zu einer «Geste gegenüber der Schweiz» veranlasst gesehen. Marty sieht das anders: Seit den Massenprotesten des letzten Jahres sind die Gefängnisse überfüllt. Die Machthaber lassen immer wieder kleine Gruppen frei – in erbärmlichem Zustand. Man sieht es nicht gerne, wenn die Gefangenen in der Haft sterben.
Wie kam Van Tha in die Schweiz? Das BFM sagt: «Wir haben die Reise finanziert und unbürokratisch für Visa gesorgt.» Das stimmt nicht einmal halb. Bemüht hat sich das BFM nur um den unproblematischen Teil der Reise – den von der indischen Hauptstadt Delhi nach Zürich. Kosten: vielleicht dreitausend Franken. Zuvor musste Van Tha illegal – ohne Papiere, mit einem Schlepper – über die Grenze nach Indien. Organisiert hat das Irene Marty. «Wenn die Freilassung ein Erfolg der schweizerischen Interventionen gewesen wäre, dann wäre die illegale Ausreise nicht notwendig gewesen.» Diesen Part hat das BFM gerne der Filmemacherin und ihren Kollegen überlassen.
Ist das Asylwesen jetzt wieder in Ordnung? Noch im März 2005 hatte Bundesrat Christoph Blocher im Ständerat erklärt: «Von hunderttausend nach Hause geschickten, abgewiesenen Flüchtlingen haben wir jetzt einen einzigen Fall von einem Flüchtling, der nach kurzer Zeit im betreffenden Land eingesperrt wurde … Wir klären den Fall bis ins Detail ab: Ist er im Gefängnis wegen eines Grundes, den wir hätten erkennen sollen, oder wegen etwas anderem? Hat er unterdessen Diebstahl oder so etwas begangen?» Ein (Betriebsun-)Fall unter Hunderttausenden richtigen Entscheidungen?
Einen wirklichen Fehler will das BFM auch heute noch nicht anerkennen. Die Entscheidung im Fall Van Tha sei «aufgrund des damaligen Erkenntnisstandes» richtig gewesen, sagt der BFM-Sprecher. Die Asylrekurskommission habe den negativen Entscheid ja gestützt. Das Amt wollte im Oktober 2003 gerade deswegen nicht an Van Thas Verfolgung glauben, weil er legal ausgereist und mit Papieren in die Schweiz gekommen war: «Da er legal ausreiste, hätten die Behörden Gelegenheit gehabt, ihn festzunehmen.» Wäre Van Tha damals ohne Pass in die Schweiz gekommen, hätte er einen Nichteintretensentscheid erhalten und ab April 2004 nur noch Nothilfe bekommen. Anders ausgedrückt: Flüchtlinge mit einem ordentlichen Pass sind unglaubwürdig. Solche ohne Papiere auch.
* Der Kommentar erschien in der WOZ Nr. 1+2 vom 10.01.2008, Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autor.