Yaojun und Liyun sind glücklich bis zum Tag, da ihr einziger Sohn beim Spielen ertrinkt. Sie verlassen die Heimat und tauchen in der Anonymität der Stadt unter. Adoptivsohn Liu Xing bringt nicht den erhofften Trost. Immer wieder werden die Eheleute von ihren Erinnerungen eingeholt und kehren schliesslich an den Ort der verlorenen Hoffnungen zurück. Ein grossartiges Fresko, das uns das China der letzten Jahrzehnte vor Augen führt.
Ein Spielfilm von Xiaoshuai Wang. China, 180 Min.

Aufgrund der Ein-Kind-Politik, die die chinesischen Behörden verordnet hatten, war Liyun gezwungen, eine Abtreibung vorzunehmen, als sie ein zweites Mal schwanger wurde. Die Operation verlief schlecht, was zur Sterilität der jungen Frau führte. Als danach ihr Bub beim Spielen ertrank, beschloss das Paar, die Industriestadt im Norden zu verlassen und sich in einem kleinen Küstendorf im Süden des Landes niederzulassen.

Aus dieser einfachen Anlage entwirft Wang Xiaoshuai (Beijing Bicycle) eine grossartige Sozialchronik, die uns an das Ende der Kulturrevolution zurückführt, um eine Reise ins heutige China zu unternehmen und dabei das Aufkommen des chinesischen Kapitalismus zu erleben. Er hält sich allerdings nicht an die äussere Chronologie; die Perioden überschneiden sich und melden sich, gewissermassen ohne Vorwarnung, aus einer andern Richtung wieder, je nach dem, was die Erinnerung des Paares gerade wachruft. Die gewählte Form spiegelt unser Leben und wie für uns Erinnerungen gegenwärtig werden.

Die dramaturgische Entscheidung könnte zu Verwirrung führen, aber die erzählerische Meisterschaft des Regisseurs schafft ein dichtes Fresko. Yaojun und Liyun (verkörpert von den an der Berlinale ausgezeichneten Wang Jingchun und Yong Mei) treten im Spiel zurück, um die Wirkung des historischen Hintergrundes sich umso stärker entfalten zu lassen. Das ist eine der Stärken des Spielfilms So long, My Son, denn damit können wir als Zuschauende die sozialen Folgen der Umbrüche im heutigen China hautnah spüren. In einer Handlung voller Überraschungen webt Wang Xiaoshuai die kleine Geschichte von Yaojun und Liyun geschickt in die grosse Geschichte ihres Landes ein. Das eine illustriert das andere, was seinerseits das Drama des ersten erklärt. 

Im Kino

  • Aarau: ab 10. Oktober 2019
  • Baden-Wettingen: ab 10. Oktober 2019
  • Basel: ab 10. Oktober 2019
  • Bern: ab 10. Oktober 2019
  • Frauenfeld: ab 17. Oktober 2019
  • Luzern: ab 10. Oktober 2019
  • Zug: 21. Oktober 2019
  • Zürich: ab 7. Oktober 2019