Seit dem ersten Bericht "Sun, Sand and Ceilings" im Jahr 2013 der britischen Organisation Equality in Tourism hat sich in zahlreichen Tourismus- und Gastgewerbeunternehmen einiges in Richtung einer stärkeren Gleichstellung der Geschlechter in den Unternehmensleitungen getan. Allerdings sind Frauen in der Tourismusbranche auf Führungsebene immer noch unterrepräsentiert, obwohl Frauen weltweit die Mehrheit der Arbeitskräfte stellen.

Im Jahr 2013 veröffentlichte Equality in Tourism seinen ersten Bericht über Frauen in Führungsetagen der Tourismusbranche. Darin wurde festgestellt, dass in den befragten Unternehmen in allen wichtigen Bereichen des Tourismus- und Gastgewerbesektors, namentlich Hotels, Reiseveranstalter, Berufsverbände, Kreuzfahrtschiffe und Fluggesellschaften – die durchschnittliche Vertretung von Frauen im Verwaltungsräten bei 15,2 Prozent liegt. Im Gegensatz dazu stellen Frauen weltweit weit mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Tourismus. Um dieses Ungleichgewicht zu beheben und die Ausrichtung der Tourismusbranche mit den damaligen Empfehlungen der englischen Regierung in Übereinstimmung zu bringen, empfahlen die AutorInnen, bis 2015 das Mindestziel von 25 Prozent weiblichen VertreterInnen im Vorstand von Tourismus- und Gastgewerbeunternehmen anzustreben. Nach fünf Jahren werden in diesem Bericht die Daten neu erhoben, um den Fortschritt zu evaluieren.

Andere Branchen bewegen sich schneller

Die britischen Firmen mit bis zu 100 Angestellten haben das Ziel einer Frauenvertretung von 25 Prozent erreicht oder gar übertroffen, bei den grösseren Firmen gibt es noch Verbesserungsbedarf. Einen erheblichen Rückstand zeigt hingegen der Tourismus- und Gastgewerbesektor, wie der aktuelle Bericht zeigt. Bis 2018 war die weibliche Vertretung nur gerade auf 23 Prozent angestiegen, lag also noch hinter den 25 Prozent, die bis 2015 hätten erreicht werden sollen. Und 2015 hatte die britische Regierung bereits neue Ziele von 33 Prozent für die grössten Unternehmen bis 2020 empfohlen, während die EU gar eine Richtlinie für 40 Prozent ausgab. Über ein Drittel der grösseren britischen Firmen war 2017 auf gutem Wege, die 33-Prozent Marke bis 2020 zu erreichen.

Als Arbeitgeberin einer mehrheitlich weiblichen Mitarbeiterschaft sollte die Tourismus- und Gastgewerbebranche die Erwartungen übertreffen und die Führung übernehmen, um die vollständige Gleichstellung zwischen Männern und Frauen zu erreichen, nicht nur in den Vorständen der Unternehmen, sondern auch im Kader und in Exekutivfunktionen. Zu diesem Zweck schlägt Equality in Tourism vor, dass der Tourismus- und Gastgewerbesektor sich für ein radikales Veränderungsmanagement einsetzen sollte, um die Marke von 50 Prozent Frauen in Kaderpositionen bis 2022 zur erreichen. Dies ist kein übertrieben ehrgeiziges Ziel. Dieses Ziel wird auch von der Internationalen Finance Corporation den Unternehmen vorgegeben, in die es investiert. Das aktuelle soziale und wirtschaftliche Klima in Bezug auf das moralische und Geschäftsinteresse an Gleichberechtigung der Geschlechter bietet der Tourismus- und Gastgewerbebranche reichlich Gründe, einen innovativen und kreativen Ansatz für Veränderung zu fahren.

Ist-Zustand und Empfehlungen für die Verbesserung

Zur Unterstützung dieses Prozesses stellt der vorliegende Bericht die Forschung und Analyse des Themas, Empfehlungen für die Realisierung von Veränderungen sowie Best-Practice-Beispiele vor. Wie im Jahr 2013 basiert die Umfrage zur weiblichen Repräsentation in Tourismus- und Gastgewerbeausschüssen auf einer Stichprobe öffentlich zugänglicher Daten (Unternehmenswebsites und Unternehmensinformationen auf Bloomberg.com). Als solches stellt sie eine Momentaufnahme der Gleichstellung der Geschlechter in den Verwaltungsräten dar und berücksichtigt keine kontextbezogenen Daten bezüglich Rekrutierungs- und Nachhaltigkeitsrichtlinien, Rassengleichheit innerhalb der Geschlechtergleichstellungs- und Nachhaltigkeitspolicies, oder weibliche Vertretung in Kader- und Führungspositionen in den Bereichen Tourismus und Gastgewerbe. Die AutorInnen konzentrieren sich auf die Vertretung in den Verwaltungsräten als einem Schlüsselindikator für die das strategische Bekenntnis eines Unternehmens zur Gleichstellung der Geschlechter bei wichtigen Entscheidungen und Führungsrollen. Sie sehen dies als einen entscheidenden  Ansatzpunkt für die Verbesserung des Status der Frauenarbeit, der Arbeitsplatzqualität und der Karriereperspektiven in der gesamten Tourismus- und Gastgewerbebranche.