Wanniyala-aetto (Bewohner des Waldes) nennen sie sich selber, Weddas (Jäger) werden sie von den anderen EinwohnerInnen Sri Lankas genannt. Seit mindestens 16’000 Jahren lebt dieses Urvolk auf Sri Lanka. Der Rückzug begann vor 2’500 Jahren, als Singhalesen und Tamilen auf die Insel kamen. In der Folge nahm der Lebensraum der Wanniyala-aetto ständig ab. Zudem
versuchten im 19. Jahrhun-dert die britischen Kolonialherren in bester Absicht, die Wanniyalaaetto sesshaft zu machen.
In jüngster Zeit bedrohte vor allem das monströse Mahaweli-Projekt die letzten Jäger-Gemeinschaften. Für den Bau von Staudämmen sollten in den siebziger Jahren weite Teile des Urwalds gerodet werden. Zwar konnten internationale Umweltorganisationen Teile dieses Plans stoppen. Fatal war jedoch, dass die srilankische Regierung daraufhin einen Teil dieser Gegend als Maduru Oya National Park zum Naturschutzgebiet erklärte. Damit durfte das Gebiet nicht mehr bewohnt werden. 1983 wurden die letzten dort ansässigen Wanniyala-aetto aus dem Park ausgesiedelt.
Die Sippe des greisen Häuptlings Tissahamy weigerte sich allerdings hartnäckig, den Verlockungen der modernen Zivilisation nachzugeben. Mit geradezu bewundernswerter Starrköpfigkeit verteidigte sie ihre angestammte Lebensweise gegen singhalesische Beamte. Tissahamys Stamm war in der Folge der einzige, dem ein kleines Gebiet am Rand des Parks zugesprochen wurde. In den letzten Jahren wurden die Wanniyala-aetto zum Ziel von immer mehr TouristInnen. Vor allem einheimische, aber zunehmend auch ausländische BesucherInnen ergötzten sich an der Lebensweise des Urvolkes. Einzige Möglichkeit, die traditionelle Lebensweise weiterzuführen, bot die Rückkehr in das ursprüngliche Siedlungsgebiet, den Nationalpark. Im Juli 1996 reiste eine Delegation von drei Mitgliedern des Urvolkes zusammen mit der schwedischen Ethnologin Wiveca Stegeborn erstmals ins Ausland, um in Genf bei der Working Group on Indigenous Populations auf ihre missliche Lage aufmerksam zu machen.
Jetzt zeigen die langwierigen, zähen Verhandlungen endlich Erfolg. Am 11. August verkündete die srilankische Präsidentin Chandrika Kumaratunga in einer Deklaration, dass sie den Wunsch der Wanniyala-aetto respektiere, ihre traditionelle Lebensweise weiterzuführen. Vorerst 26 Familien kehrten bereits im August in den Park zurück, weitere dürften in den nächsten Monaten folgen. Alle haben spezielle Identitätskarten, mit denen sie sich gegenüber Wildhütern ausweisen können. TouristInnen bleibt der Besuch des Nationalparks verwehrt. Die Wanniyala-aetto dürften damit endlich eine Chance haben, ihr Leben so zu gestal-ten, wie es ihren Traditionen und ihrer Kultur entspricht – abseits der Zivilisation und neugieriger TouristInnen. Tissahamy konnte diesen Erfolg nicht mehr erleben, er starb am 29. April dieses Jahres. Sein ältester Sohn Wanniya wird allerdings nicht zögern, den Weg seines Vaters genauso hartnäckig weiterzugehen.

Martin Stürzinger