
Sri Lanka: Einsatz für die Menschenrechte
"Traumstrände, Fischerromantik und der Charme der Kolonialzeit" – mit diesem Slogan will die offizielle Tourismuswerbung mehr Reisende nach Sri Lanka locken. Dies im Zuge der ambitiösen Tourismusstrategie, welche die Regierung Sri Lankas nach der siegreichen Beendigung des 26-jährigen Bürgerkrieges eingeleitet hat, um die darniederliegende Wirtschaft anzukurbeln und zugleich ihr international ramponiertes Image wieder aufzupolieren. Mit Erfolg: Während 2008 erst 440’000 internationale Gäste Sri Lanka besuchten, waren es 2014 bereits über 1.5 Millionen, darunter 20’000 aus der Schweiz und 85’000 aus Deutschland.
Für die Fischer an Sri Lankas Stränden jedoch kann von Romantik keine Rede sein. Gemäss dem Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz (GfbV) "Schatten im Sonnenparadies" werden allein in den drei für die Studie untersuchten Tourismuszonen Kalpitiya, Passikudah und Kuchaveli 1’200 Familien von neuen Tourismusprojekten in ihrer Existenz bedroht. Neue, hastig hochgezogene Tourismusresorts versperren den Fischern den Zugang zum Meer und vertreiben sie von ihren angestammten Angelplätzen. So wiesen in Passikudah im Osten der Insel, wo der Tourismus gemäss den Plänen der Regierung besonders gefördert werden soll, die Behörden den Fischern nur gerade noch einen schmalen Streifen am Strand zu, der keineswegs für ihre Boote und Utensilien ausreicht. Und nun soll auch dieser geräumt werden. "Nach dem Tsunami verbot man uns Fischern, unsere Häuser an der Küste wieder aufzubauen. Dieses Verbot galt aber nicht für Hotelneubauten. Uns Einheimische verdrängt man damit vom Strand von Passikudah", berichtet ein Betroffener und kündigt Widerstand an.
Mangroven werden abgeholzt, Zugänge für Fischer blockiert
In Kalpitiya im Nordwesten der Insel, einer im Krieg umkämpften Region, aus der viele Menschen flüchten mussten und die Infrakstrukturen zusammenbrachen, hat die Regierung von Präsident Rajapakse das wichtigste neue Mega-Tourismusprojekt ihrer Ausbaustrategie aus der Taufe gehoben. Dabei hat sie Nutzungs- und Leasingverträge für neue Tourismusinvestoren über die Achtung von traditionellen Rechten oder auch Parlamentsbeschlüssen hinweg geschlossen. Mangrovenwälder, welche die Küste vor Erosion schützen und Frauen und Kindern Fanggründe für Krabben und Garnelen bieten, wurden abgeholzt und Zugangswege für Fischer blockiert. Die Lagunen werden neu als "Paradies für Kitesurfer" angepriesen. In Kuchaveli im Nordosten der Insel wurden 300 Fischer und Bauern auf Weisung des Militärs vertrieben für die Errichtung der neuen "Tourism Zone". So werden Strände und Ländereien beschlagnahmt und Ansässige umgesiedelt, ohne ausreichende Vorinformation oder Entschädigung. Nur wenige Menschen aus dem Umfeld der neuen Resorts finden ein Auskommen im boomenden Tourismus. Die meisten Angestellten der Hotels werden in andern Regionen Sri Lankas rekrutiert. Die lokalen Fischer und Bauern können die Hotels kaum beliefern.
"Die Tourismusstrategie der Regierung missachtet die Rechte der Einheimischen und entzieht ihnen die Lebensgrundlagen" – so das nüchterne Fazit von Herman Kumara, der im Auftrag der GfbV die Recherchen geleitet hat. Der Leiter des "National Fisheries Solidarity Movement" (NAFSO) und international ausgezeichnete Menschenrechtsverteidiger setzt sich seit Jahren über alle Fronten hinweg für unterdrückte Fischereigemeinschaften ein. Er vermochte multi-ethnische Recherche-Teams zusammenzustellen, die das Vertrauen von Betroffenen gewannen, ihre Situation trotz des bestehenden Klimas der Angst und Repression in Sri Lanka offen zu schildern. So kommen erstmals die Fakten aus der Sicht der Menschen zu Tage, die von der rasanten Tourismusentwicklung überfahren und an den Rand gedrängt werden.

Traditionelle Rechte und Landtitel anerkennen – auch für die Vertriebenen!
"Wir sind nicht gegen Tourismus", hält Herman Kumara gegenüber dem arbeitskreis tourismus & entwicklung fest. "Wir wollen eine Koexistenz mit dem Tourismus, die allen Nutzen bringt. Nicht so wie jetzt, wo nur eine Hand voll Leute das grosse Geschäft machen." Dazu müssten in erster Linie traditionelle Fischerrechte und Landtitel, gerade auch für die zahlreichen noch immer vom Krieg vertriebenen Menschen, anerkannt werden. Neue Infrastrukturen seien nötig, aber nicht in Form eines millionenschweren Wasserflughafens für TouristInnen in der Lagune von Negombo, der die Fischer ihrer Fanggründe beraubt und nur dank mutigen Bürgerprotesten bisher verhindert werden konnte. Herman Kumara fordert den Wiederaufbau von Häusern und Schulen in den vom Bürgerkrieg gebeutelten Gebieten. Die Kinder sollen zur Schule gehen und sich für neue Berufe wie etwa im Tourismus qualifizieren können. Zudem brauche es neue Wege, wie Fischer und Bauern ihre Produkte auf den Markt bringen, die Hotels beliefern und ihre Existenz sichern können. Doch die zunehmende Präsenz des Militärs in den von der Regierung geförderten Tourismusprojekten ist für ihn äusserst besorgniserregend. Sie mache die Beteiligung der breiten Bevölkerung am Tourismus unmöglich. "Die Menschen fühlen sich völlig ausgeliefert und haben Angst, denn jeder Protest ist gefährlich."
Positiver Austausch mit Reiseveranstaltern
Gerade deshalb war es für Herman Kumara so wichtig, in der Schweiz und an der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) seine Recherchen vorzustellen, die Kontakte zu NGOs auszubauen und mit Verantwortlichen aus Branche und Politik ins Gespräch zu kommen. Positiv überrascht war er vom offenen Austausch mit Reiseveranstaltern aus der Schweiz und Deutschland: Die Fakten, die er präsentierte, waren vielen bislang unbekannt und lösten Betroffenheit aus, aber auch die Bereitschaft zur künftigen Zusammenarbeit. Ganz im Gegensatz zum Treffen an der ITB mit Botschafter Karunatilleka Amunugama, Hoteliers und Behörden aus Sri Lanka: Sie negierten rundwegs die Ergebnisse der Recherchen, bezichtigten Herman Kumara, die Fischer für ihre Aussagen bestochen zu haben, und versuchten, ihn und die GfbV-VertreterInnen massiv einzuschüchtern.
Nur wenige Stunden zuvor hatte der nach dem Regierungswechsel vom 8. Januar 2015 neu eingesetzte Tourismusminister Navin Dissanayake auf der ITB-Pressekonferenz eine neue Aera im Tourismus beschworen, die alle "communities" einbeziehe – ganz im Sinne der Wahrung demokratischer Werte, für die die neugewählte Regierung stehe. Noch ist von dieser Wende in der Realität nichts zu spüren. Für die Rückkehr von Herman Kumara nach Sri Lanka mussten besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Dialog geht im Roundtable "Menschenrechte im Tourismus" weiter
Umso wichtiger, dass die Reiseveranstalter sich jetzt im Austausch mit ihren Partnern vor Ort, aber auch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, ernsthaft darum bemühen, den Menschenrechtsverletzungen in ihrem Geschäftsumfeld ein Ende zu setzen. In einem Kommentar zum GfbV-Bericht hat der arbeitskreis tourismus & entwicklung gemeinsam mit Tourism Watch-Brot für die Welt erste Eckpunkte erarbeitet, wie Tourismusanbieter ihre menschenrechtliche Verantwortung in so heiklen Post-Konflikt-Gebieten wie Sri Lanka wahrnehmen können. Diese Vorlage soll nun im Multi-Stakeholder Roundtable "Menschenrechte im Tourismus" konkretisiert und zur Umsetzung gebracht werden.
Traditionelle Rechte und Landtitel anerkennen – auch für die Vertriebenen!
"Wir sind nicht gegen Tourismus", hält Herman Kumara gegenüber dem arbeitskreis tourismus & entwicklung fest. "Wir wollen eine Koexistenz mit dem Tourismus, die allen Nutzen bringt. Nicht so wie jetzt, wo nur eine Hand voll Leute das grosse Geschäft machen." Dazu müssten in erster Linie traditionelle Fischerrechte und Landtitel, gerade auch für die zahlreichen noch immer vom Krieg vertriebenen Menschen, anerkannt werden. Neue Infrastrukturen seien nötig, aber nicht in Form eines millionenschweren Wasserflughafens für TouristInnen in der Lagune von Negombo, der die Fischer ihrer Fanggründe beraubt und nur dank mutigen Bürgerprotesten bisher verhindert werden konnte. Herman Kumara fordert den Wiederaufbau von Häusern und Schulen in den vom Bürgerkrieg gebeutelten Gebieten. Die Kinder sollen zur Schule gehen und sich für neue Berufe wie etwa im Tourismus qualifizieren können. Zudem brauche es neue Wege, wie Fischer und Bauern ihre Produkte auf den Markt bringen, die Hotels beliefern und ihre Existenz sichern können. Doch die zunehmende Präsenz des Militärs in den von der Regierung geförderten Tourismusprojekten ist für ihn äusserst besorgniserregend. Sie mache die Beteiligung der breiten Bevölkerung am Tourismus unmöglich. "Die Menschen fühlen sich völlig ausgeliefert und haben Angst, denn jeder Protest ist gefährlich."
Positiver Austausch mit Reiseveranstaltern
Gerade deshalb war es für Herman Kumara so wichtig, in der Schweiz und an der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) seine Recherchen vorzustellen, die Kontakte zu NGOs auszubauen und mit Verantwortlichen aus Branche und Politik ins Gespräch zu kommen. Positiv überrascht war er vom offenen Austausch mit Reiseveranstaltern aus der Schweiz und Deutschland: Die Fakten, die er präsentierte, waren vielen bislang unbekannt und lösten Betroffenheit aus, aber auch die Bereitschaft zur künftigen Zusammenarbeit. Ganz im Gegensatz zum Treffen an der ITB mit Botschafter Karunatilleka Amunugama, Hoteliers und Behörden aus Sri Lanka: Sie negierten rundwegs die Ergebnisse der Recherchen, bezichtigten Herman Kumara, die Fischer für ihre Aussagen bestochen zu haben, und versuchten, ihn und die GfbV-VertreterInnen massiv einzuschüchtern.
Nur wenige Stunden zuvor hatte der nach dem Regierungswechsel vom 8. Januar 2015 neu eingesetzte Tourismusminister Navin Dissanayake auf der ITB-Pressekonferenz eine neue Aera im Tourismus beschworen, die alle "communities" einbeziehe – ganz im Sinne der Wahrung demokratischer Werte, für die die neugewählte Regierung stehe. Noch ist von dieser Wende in der Realität nichts zu spüren. Für die Rückkehr von Herman Kumara nach Sri Lanka mussten besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Dialog geht im Roundtable "Menschenrechte im Tourismus" weiter
Umso wichtiger, dass die Reiseveranstalter sich jetzt im Austausch mit ihren Partnern vor Ort, aber auch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, ernsthaft darum bemühen, den Menschenrechtsverletzungen in ihrem Geschäftsumfeld ein Ende zu setzen. In einem Kommentar zum GfbV-Bericht hat der arbeitskreis tourismus & entwicklung gemeinsam mit Tourism Watch-Brot für die Welt erste Eckpunkte erarbeitet, wie Tourismusanbieter ihre menschenrechtliche Verantwortung in so heiklen Post-Konflikt-Gebieten wie Sri Lanka wahrnehmen können. Diese Vorlage soll nun im Multi-Stakeholder Roundtable "Menschenrechte im Tourismus" konkretisiert und zur Umsetzung gebracht werden.