Vera Thaler: Es ist ein ziemlich drastischer und ungewöhnlicher Schritt von einer DMO, das Reiseziel zu entmarkten. Wie kam es so weit? 

City of Amsterdam: Partytouristen kommen oft nach Amsterdam, um an ihre Grenzen zu gehen. Dadurch wird auch der illegale Drogenhandel durch Straßendealer im Stadtzentrum angeheizt und es entstehen Unannehmlichkeiten für Anwohner*innen und Unternehmer*innen. In den letzten Jahren ist die Lebensqualität im Stadtzentrum immer mehr unter Druck geraten.
Unser Ziel ist also nicht, die Zahl der Touristen zu verringern, sondern den Anteil der Partytouristen zu reduzieren und damit die Belästigung von Anwohnern und Unternehmern zu verringern.

VT: Vor kurzem ging es in die zweite Runde: Stay Away Volume 2. wurde lanciert.   An wen richtet sich die Kampagne? 

CoA: Wir konzentrieren uns auf Partytouristen, die Google nutzen, um sich bei einem Besuch in Amsterdam mit Suchbegriffen wie «Amsterdam coffee shop», «Amsterdam red light district» und «Amsterdam stag do» oder «bachelor party» zu orientieren. Mit Hilfe von Google-Anzeigen rangiert die Website in den Suchergebnissen weit oben. Seit Februar wird die Suchanzeige in Google Besuchern aus dem Vereinigten Königreich angezeigt. Im März folgten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien… Wir prüfen außerdem, wie wir mit dieser Kampagne auch niederländische Party- und Drogentouristen erreichen können.  Bei den Suchbegriffen, auf die wir uns konzentrieren, handelt es sich in etwa um unsere bisherige Zielgruppe: 18-35 Jahre.

VT: Wie wird der Erfolg gemessen?  

CoA: Noch vor dem Sommer wird eine Wirkungsmessung der Kampagne durchgeführt. Wir messen die Unterschiede im Wissen, in der Einstellung und in der Absicht zwischen einer exponierten und einer nicht exponierten Gruppe (die die Website gesehen und ausprobiert haben) von etwa 400 Befragten. Zusätzlich zu den Messungen der Auswirkungen in den Herkunftsländern soll im Sommer und später im Jahr auch untersucht werden, inwieweit Anwohner*innen und Unternehmer*innen Belästigungen in den Vergnügungsvierteln erleben.

VT: Eine Antitourismuskampagne gibt den Besuchern nicht gerade das Gefühl, willkommen zu sein. Wie reagieren Touristen auf die Antitourismuskampagne?

CoA: Die Kampagne wird nur Touristen angezeigt, die bestimmte Suchbegriffe in Verbindung mit Amsterdam verwenden. Denken Sie dabei an Junggesellenabschiede, Kneipentouren und Drogen. Die ’normalen Touristen›, die nicht danach suchen, werden also nicht direkt mit der Kampagne konfrontiert.

VT: Und was denken die Unternehmer*innen und Einwohner*innen über die Kampagnen?  

CoA: Als Stadtverwaltung beraten wir uns auf verschiedene Weise mit unseren Einwohnern und Unternehmern. Der Tourismus und die damit verbundenen Belästigungen stehen regelmäßig auf der Tagesordnung im Stadtzentrum. Sowohl Unternehmer als auch Anwohner leiden unter der Belästigung durch Partytouristen.

VT: Welche anderen Massnahmen oder Kampagnen hat Amsterdam in den letzten Jahren ergriffen, um die Probleme im Zusammenhang mit Massentourismus und Partytouristen anzugehen? 

CoA: Die Kampagne steht nicht für sich allein, sondern ist Teil des Innenstadtkonzepts, einer Reihe politischer Maßnahmen, die die Lebensqualität im Stadtzentrum erhöhen sollen. Zu den Massnahmen des Innenstadtkonzepts gehören frühe Schliessungszeiten von Gastronomiebetrieben im Rotlichtviertel, das Rauchverbot, ein Verbot von Gruppenreisen im Rotlichtviertel und ein Verbot, in Autos zu übernachten.

Anfang Mai verkündete die Stadt Amsterdam, dass der Bau neuer Hotels in Zukunft nicht mehr genehmigt werden soll. Die Massnahme soll dabei helfen, die selbst gesetzte Touristenquote von 20 Millionen Übernachtungen pro Jahr einzuhalten.