Basel, 16.10.2008, akte/ Von der Entsolidarisierung der Gesellschaft ist oft die Rede. Was aber heisst Solidarität? Seit seiner Gründung vor 25 Jahren hat sich der Solifonds mit dieser Frage beschäftigt. Zu seinem Jubiläum hat er eine Publikation zusammengestellt, in der zurückgeblickt wird auf die Geschichten, Analysen und Projekte rund um den Versuch, die Solidarität als Grundlage für eine gerechtere gesellschaftliche Entwicklung in immer neuen Zusammenhängen zu definieren und zu leben.
Dass der Solifonds die Frage nach der Radikalität und Ausrichtung der Solidarität neu stellte, war noch vor seiner eigentlichen Gründung sein erstes Verdienst. Rudolf H. Strahm, damals Sekretär der Erklärung von Bern, später der bekannte Preisüberwacher, kam auf die Idee des Kampffonds für Streikende der Entwicklungsländer, nachdem er in Peru erlebt hatte, wie die Regierung mit Minenarbeitern umgeht, die sich für ihre Rechte wehren. Er fand: „Unterstützungsaktionen bei uns bei Arbeitskämpfen in der Dritten Welt, namentlich auch bei Streiks gegen Filialen Schweizerischer Konzerne in Entwicklungsländern, sind eine angemessenere Form der internationalen Hilfe“. Mit angemessener grenzte er sich gegen die technische Entwicklungshilfe und gelegentliche Katastrophenhilfe ab, welche den von den Bretton Woods Institutionen aufoktroyierten Strukturanpassungsprogrammen (Reduktion von Staatsausgaben und –funktionen, exportorientiertes Wirtschaftswachstum) ein „menschliches Gesicht“ geben sollten.
Es dauerte vier Jahre von der Idee des Kampffonds bis zur eigentlichen Gründung des Solifonds im Mai 1983. In dieser Zeit schafften es die InitiantInnen, die kirchlichen und entwicklungspolitischen Gruppen verschiedener Strömungen sowie die Gewerkschaften zusammen zu bringen. So war der Solifonds schon zur Gründung ein Projekt aller. Und so sind auch viele Unterstützungsprojekte zu Geschichten vieler entwicklungspolitisch Engagierter geworden, wie ein Überblick über die Kampagnen zeigt: der Kampf gegen die Apartheid und ihre Folgen etwa, der Einsatz für die Rechte der Arbeiterinnen in freien Exportzonen oder der Hausangestellte in Südafrika, die „500 Jahre nach Kolumbus“-Kampagne 1992, oder jene zu den ImigrantInnen in Südspanien.
Ein grosser Teil des Jubiläumsbuchs beschreibt die heutigen Herausforderungen an die Solidarität: die Zunahme der sozio-ökologischen Konflikte, wo kleine lokale Gemeinschaften wirtschaftlichen Akteuren mit ungeheuer viel Kapital und einer Komplizenschaft mit der Politik gegenüberstehen. Die repressive Unterdrückung des Widerstands, die Ausbeutung der Frauen im „globalen Unterbietungswettbewerb“. Aber auch die Kraft, wenn Leute solidarisch zusammenstehen, wie die Landlosen in Indien unter der Leitung von Ekta Parishad.
Der Jubiläumsband zeigt das Kostbare an der Solidarität eindrücklich auf: Weil sie nicht einfach zu haben und heute doch so dringend notwendig ist. Damit macht er auch eindringlich klar, warum es den Solifonds auch in Zukunft braucht und ihn zu unterstützen sich lohnt.
Stefan Howald (Hrsg.): Dieses kostbare Gut der Solidarität. 25 Jahre SOLIFONDS Solidaritätsfonds für soziale Befreiungskämpfe in der Dritten Welt. Mit DVD OUECHDEK. Chanson 20 ans Barakat, ça suffit! edition 8, Zürich 2008; 208 Seiten; SFr. 24.-; Euro 15.20; ISBN 978-3-85990-132-2;