Stetes Wachstum und rosige Aussichten
Allem Rezessionsgejammer zum Trotz wächst der weltweite Reisestrom unaufhörlich: Laut Welttourismusorganisation WTO hat die Zahl der grenzüberschreitenden Reisen 1995 nochmals um 3,8% auf insgesamt 567 Millionen zugenommen. Allerdings liegt die Zuwachsrate der Ankünfte damit unter dem Spitzenergebnis von 5,4% des Vorjahres. Die Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr hingegen stiegen 1995 gar um 7,2% auf total 372 Milliarden US Dollar. Damit haben die internationalen Tourismuseinkünfte die magische Schwelle von einer Milliarde US Dollar pro Tag überschritten. Die grösste Zunahme weist der Mittlere Osten auf mit einem Plus von 11,8% der Ankünfte und von rund 30% der Einnahmen, gefolgt von der traditionellen Boomregion Südostasien‑Pazifik mit noch immer stolzen 8,6% mehr Reisenden und 12% mehr Einnahmen als im Vorjahr. Der internationale Tourismus wuchs 1995 deutlich schneller in den Ländern des Südens als in den Industrieländern, wobei Europa nach wie vor die meistbesuchte Region darstellt, die annähernd zwei Drittel der Ankünfte und mehr als die Hälfte der Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr für sich zu verbuchen vermag. Allerdings haben die Fernreisen ab Europa 1995 schneller zugenommen als der inter‑europäische Reiseverkehr, was vornehmlich auf die markanten Preissenkungen im Flug‑ und Fernreiseverkehr zurückzuführen ist. So zieht denn auch der Tourismusausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD eine durchzogene Bilanz des vergangenen Tourismusjahres für seine 26 Mitgliedstaaten: Zwar nahm die Zahl der Reisenden wie bereits im Vorjahr wieder um 4% zu, doch die Übernachtungen (3% gegenüber 11% 1994) sowie die realen Tourismuseinnahmen (2% gegenüber 4%1994) verzeichneten insgesamt ein deutlich gebremstes Wachstum, das sich zu dem sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Tourismusländer verteilte. Während die Schweiz oder Österreich klar unter Krebsgang litten, konnten Mittelmeerstaaten zum Teil kräftig zulegen: Italien und die Türkei um über 10%, Portugal um 9% und Spanien um 4%. Der OECD‑Ausschuss blickt zuversichtlich in die Zukunft, soll doch der internationale Fremden‑ und Geschäftsreiseverkehr 1996 weiter expandieren. Dabei hofft er nicht nur auf günstigere Konjunkturaussichten. Dem Wachstum der Branche förderlich seien vor allem die in zahlreichen Ländern unter dem Druck der zunehmenden Konkurrenz getroffenen Anstrengungen, einerseits das Preis‑Leistungs‑Verhältnis zu verbessern und andererseits neue Märkte wie Kultur‑ und Städtereisen, spezifische Angebote für SeniorInnen und Jugendliche sowie in erster Linie den "grünen Tourismus" zu erschliessen. Sowohl der Generalsekretär der OECD, Jean‑Claude Paye, wie der Vorsitzende des Welttourismusrates WTTC, Harvey Golub, unterstreichen in jüngsten Stellungnahmen zur Tourismusentwicklung die eminente Rolle der GATT‑Abkommen, welche die Liberalisierung im internationalen Reiseverkehr entscheidend vorantreibt und damit ein weiteres Wachstum nicht nur ermöglicht sondern beschleunigt. Reisen und Tourismus, so Harvey Golub gegenüber der International Herald Tribune, seien heute der grösste Wirtschaftszweig der Welt und wachsen schneller als die globale Wirtschaft. Deshalb fordert er Regierungen rund um die Erde dazu auf, diese Wirtschaftskraft endlich. ernst zu nehmen und mit Liberalisierungsmassnahmen wie der weiteren Deregulierung des Flugverkehrs und der konsequenten Umsetzung der GATT‑Vereinbarungen für den freien Geschäftsgang der Tourismusunternehmen angemessen zu unterstützen.
Quellen: Internationaler Fremdenverkehr und Tourismuspolitik in den OECD‑Ländern, Pressedokumentation auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin ITB 12.3.96; Pressedokumentation der Welttourismusorganisation für die Internationale Tourismusbörse Berlin ITB 10.3.96; WTO‑News N°1, February/March 1996; Highlights 1995; WTO Madrid January 1996; International Herald Tribune 9-10.3.96/cp