Südafrika: !Khwa ttu – ein San-Projekt im Aufbau
Nur gerade 75 km nördlich von Kapstadt an der Westküste Südafrikas liegt die ehemalige 850-Hektar-Farm mit dem überraschenden Namen !Khwa ttu: Er verweist auf die praktisch ausgestorbene indigene Sprache /Xam und bedeutet Grosses Wasser. Die Farm dient längst nicht mehr dem Getreideanbau, sondern beherbergt ein ehrgeiziges Entwicklungsprojekt für die ältesten Völker des südlichen Afrika – die San (Buschleute). Die Initiative dafür wurde vor sieben Jahren von einer schweizerischen Anthropologin gemeinsam mit der afrikanischen Indigenenorganisation WIMSA (Working Group of Indigenous Minorities in Southern Africa) lanciert.
VertreterInnen der indigenen San-Völker im südlichen Afrika, insbesondere in Namibia, Botswana und Südafrika, nahmen damals den Tourismus als eine Herausforderung an: Sie wollten die touristischen Entwicklungsmöglichkeiten wahrnehmen und gleichzeitig die bekannten Gefahren des modernen Tourismus vermeiden. Um dieser heiklen touristischen Kulturbegegnung eine Chance zu geben, wollten sie den jungen San ermöglichen, ihre Kultur selbst bewusst wahrzunehmen und den auswärtigen BesucherInnen bildungsmässig gut ausgerüstet zu begegnen. So ist die Farm zu einer Kultur- und Ausbildungsstätte für San geworden: !Khwa ttu – The San Culture & Education Project.
Vieles ist in der Zwischenzeit erreicht worden. Die zahlreichen Farmgebäude sind renoviert und den neuen Verwendungszwecken zugeführt: Schulungs-, Seminar- und Klassenzimmer, Unterkunftsräume, ein Restaurant, ein Verkaufsladen für handwerkliche Produkte, ein Picknick-Platz auf dem höchsten Punkt des Areals, verschiedene Werkstätten, landwirtschaftliche Nutzgebäude und auch eine Galerie für Wechselausstellungen. Rund 20 San-Trainees aus Südafrika und umliegenden Ländern leben und arbeiten auf !Khwa ttu. Die Kinder im Vorschulalter und der Klassen 1 bis 3 besuchen die zweisprachige Grundschule auf !Khwa ttu und lernen sowohl Afrikaans wie auch ihre ursprünglichen Sprachen mit den typischen Klicklauten. Und das gesamte Farmareal wird langsam aber sicher zu einer Art Naturreservat: Mit Unterstützung der Regierung konnten bis jetzt rund 150 Hektar Land von Fremdflora gesäubert werden, wie sie der Westkap-Region ursprünglich nicht eigen war. Das neu ausgesetzte landestypische Wild fühlt sich wohl und hat sich bereits stark vermehrt: Eland, Zebra, Springböcke, Vögel machen die besondere Fauna von !Khwa ttu aus. Junge San-Männer bieten begleitete Wanderungen auf dem Farmgelände an.
Im Oktober 2005 konnte die erste grosse Projektetappe abgeschlossen werden. Eine offizielle Einweihung auch für alternative TourismusanbieterInnen ist auf Frühjahr 2006 geplant. Nun will sich !Khwa ttu vermehrt für BesucherInnen aus dem südlichen Afrika und aus Übersee öffnen, den laufenden Betrieb auf nachhaltiger Basis sichern, die Foto-Galerie in Betrieb nehmen und – mit längerfristiger Perspektive – die grossen Pläne für ein San-Museum weiterentwickeln.
Göpf Berweger, Konsulent für Entwicklungsfragen und indigene Völker, besuchte !Khwa ttu im Herbst 2005
Weitere Informationen: In Südafrika: http://www.khwattu.org, Michael Daiber, sancentre@visualnet.co.za oder Tel +27-22-492 2998, In der Schweiz: Ubuntu-Stiftung, Kantonsstrasse 46, 8807 Freienbach.