Wer bei Safaris auf luxuriöses Ambiente Wert legt, wird künftig in Südafrika nicht nur in privaten Wildtierreservaten auf die Rechnung kommen, sondern auch in den staatlichen Nationalparks exklusive Gästehäuser nutzen können. „Singita Lebombo Lodges“ nennen sich die beiden neusten Luxusunterkünfte im Kruger Nationalpark, die ab Januar 2002 in einem 15’000 Hektaren grossen Wildnisgebiet nahe der Grenze Mozambiques gebaut werden sollen. Die Investorin und Betreiberin „Singita Group“ hat bereits einschlägige Erfahrung im internationalen Tourismus: Im eigenen Wildtierreservat vor den Toren des Kruger Parks beherbergt sie bis zu 96 Prozent ausländische Gäste. Dies werde auch in den neuen Unterkünften im Kruger Park nicht viel anders sein, erklärt Luke Bailes, Geschäftsführer von „Singita“, am 16. November 2001 gegenüber der Zeitung „Business Day“. Die Preise der „Singita Lodges“ seien für die Mehrheit der südafrikanischen Bevölkerung schlichtweg unbezahlbar.
Mit der Ausrichtung der Infrastruktur auf eine kaufkräftige – ausländische – Kundschaft steht „Singita“ nicht alleine da. Im Mai 2000 hat die halbstaatliche Naturschutzagentur „South African National Parks“ (SANParks), die sämtliche 20 Nationalparks des Landes verwaltet, ein „Kommerzialisierungsprogramm“ lanciert. Dass es sich dabei um eine Privatisierung öffentlicher Güter handelt, wie kritische Stimmen behaupten, stellt Salifou Siddo, Kommunikationschef von „SANParks“, in Abrede. Das Eigentum verbleibe beim Staat, betont er in einem Interview gegenüber akte. Der Privatsektor werde lediglich ermuntert, das Management von Tourismuseinrichtungen für eine befristete Zeit zu übernehmen. Bis heute sind 18 insgesamt Investitionsmöglichkeiten – mehrheitlich im Kruger Park – ausgeschrieben worden. Die erfolgreichen BewerberInnen haben einen Konzessionsvertrag erhalten, um luxuriöse Unterkünfte aufzubauen und zu betreiben, die nach einer Laufzeit von 20 Jahren ins Eigentum von „SANParks“ übergehen. „Die kleinen Lodges, die wir auslagern, sind nicht für den Durchschnittsmenschen gedacht“, erklärt Siddo. „Sie zielen auf das Hochpreissegment und sollen mit den Luxusangeboten ausserhalb des Kruger Parkes konkurrieren.“ Nachdem bereits die Erhöhung der Eintrittsgebühren vor drei Jahren zu einer öffentlichen Kontroverse geführt hatte, will SANParks das „Experiment Kommerzialisierung“ laut Siddo vorsichtig angehen. Die grossen Übernachtungseinrichtungen würden vorläufig nicht ausgelagert. „SANParks“ müsse mit billigen Preisen dafür sorgen, dass der Nationalparkbesuch für alle SüdafrikanerInnen erschwinglich bleibe. Dies erstaunt nicht, immerhin erwirtschaftet „SANParks“ 60 Prozent der Tourismuseinnahmen mit einheimischen Gästen. Weniger Zurückhaltung zeigt die Nationalparkagentur dagegen bei den Restaurants, Läden und Picknick-Plätzen im Kruger Park, die im September 2001 allesamt an das Firmenkonsortium „Vilayet (Pty) Ltd.“ ausgelagert wurden – samt den rund 300 Angestellten.
„Wir wollen uns auf unser Kerngeschäft, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, konzentrieren“, erklärt Siddo die Neuorientierung von „SANParks“. „Das Betreiben von touristischen Einrichtungen wollen wir der Privatwirtschaft überlassen, die davon mehr versteht als wir.“ Dieser Auffassung ist auch die Weltbankinstitution „International Finance Corporation“ (IFC), die „SAN¬Parks“ bei der Programmumsetzung zur Seite steht. Hinter der neuen Strategie stehen vor allem finanzielle Überlegungen. Der Staat steuert mit etwa 10 Millionen Schweizer Franken lediglich 15 Prozent des „SANParks“-Jahresbudgets bei; der Rest muss selber erwirtschaftet werden. Mit der Auslagerung des Tourismusbereichs sollen die Einnahmen für den Naturschutz maximiert werden. „SANParks“ rechnet damit, dass die ersten sechs ausgelagerten Unterkünfte gegen Ende der Konzessionsdauer mit über 4 Millionen Franken jährlich zum Naturschutz beitragen. Zudem gingen ein Fünftel aller Einnahmen der Restaurants und Läden im Kruger Park über Konzessionsgebühren und Gewinnbeteiligung direkt in die Kasse von „SANParks“, erklärt Siddo zufrieden. Als sie die Einrichtungen noch selbst betrieben, seien es nur 5 Prozent gewesen.
Quentin Espey von der südafrikanischen Organisation „Group for Environmental Monitoring“ (GEM) bezweifelt, dass die neue Partnerschaft zwischen Privatwirtschaft und „SANParks“ langfristig Vorteile für die Nationalparks und die benachbarten Dörfer bringe. Es sei bedauerlich, dass die AnwohnerInnen, die in der Vergangenheit oft unrechtmässig aus den Parks vertrieben wurden, keine zentralere Rolle im Management der Parks und damit in den Entscheidungen über den „Kommerzialisierungsprozess“ spielen würden. Der Privatsektor picke sich in aller Regel nur die lukrativsten Investitionsmöglichkeiten heraus. Der südafrikanische Tourismusminister Valli Moosa sieht in der Kommerzialisierung dagegen eine Chance, (ehemals) benachteiligte Bevölkerungsgruppen zu fördern. „Black economic empowerment“ sei ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der Firmen gewesen, doppelt „SANParks“-Sprecher Siddo nach und erklärt: „Wer mit seinem Projekt berücksichtigt werden wollte, musste beweisen, dass er die umliegenden Gemeinden im Management und bei der Auswahl der Arbeitskräfte berücksichtigt. Zudem müssen die Gemeinden am Kapital und damit am Profit des Gasthauses beteiligt sein.“ Das Konsortium, das die Restaurants und Läden im Kruger Park übernahm, erhielt laut Siddo die Auflage, sämtliche Angestellten in denselben Positionen weiterzubeschäftigen. Dies galt nicht für die Parkverwaltung selbst. Im Juni 2001 wurde ein Fünftel der Arbeitskräfte im Kruger Park – rund 500 oft langjährige Angestellte – im Rahmen des Restrukturierungs- und Rationalisierungsprogramms entlassen. Wie das Verhältnis zwischen neuen und aufgehobenen Arbeitsplätzen nach Abschluss des „Kommerzialisierungsprozesses“ aussehen wird, ist noch unklar. Die Arbeitnehmerrechte dürften aber im Rahmen der Kommerzialisierung auf keinen Fall abgebaut werden, forderte der „Pan Africanist Congress“ (PAC) bereits im Mai 2000 und verwies auf die zum Teil sehr schlechten Arbeitsbedingungen in den privaten Wildtierparks. /frei

Quelle: Business Day, 23.7. und 16.11.2001; African Eye News Service, 18.1.2001; Financial Mail, 3.11.2000; Mail & Guardian, 9.6.2000; Medienmitteilungen und Jahresbericht 1999/2000 von SANParks; Recherchen und Interviews von akte.