Dukuduku liegt an der Verbindungsstrasse Mtubatuba‑St.Lucia, rund 130 Kilo­meter nördlich des Richards Bay Naturreservates in Natal. Dieses Gebiet wurde der einmaligen Landschaft und der seltenen Tierarten wegen in das Maputaland ‑Tourismusprojekt aufgenommen. Aus diesem Grund müssen 8’000 Menschen umgesiedelt werden. Auf dem Gebiet auf dem sie gelebt haben, sollen Unter­künfte, umgeben von kleinen Seen, für anspruchsvolle europäische TouristInnen entstehen. 1992 fanden die ersten Umsiedlungen statt: Die Menschen wurden in ein südlich der Verbindungsstrasse gelegenes 3700 Hektar grosses gerodetes Gebiet ver­frachtet. Das Angebot der zuständigen Behörde bestand aus einem Plastikzelt bis die eigenen Hütten gebaut *waren und einem einmaligen Betrag von tausend Rand (SFr. 500.‑). Im März 1994 besuchte ein internationales Team mit einheimischen Begleitperso­nen die Umgesiedelten. Die Siedlung ist durch einen Waldstreifen von der Durch­gangsstrasse abgegrenzt und nicht sichtbar. Um überhaupt in die Siedlung hinein­fahren zu können, musste am Eingang bei einem von vielen schwer bewaffneten Polizisten umgebenen Posten eine Bewilligung einholt werden. Das ganze Gebiet war abgebrannt, nur die Baumstrünke standen noch‑ es sah trostlos und öde aus. Vereinzelt standen am Anfang der Siedlung die zur Verfü­gung gestellten Plastikzelte. Ein sandiger Pfad führte weiter, bis zu einem kleinen «Dor? inmitten der abgebrannten Bäume unter der glühenden Sonne. Dort gab es keine Wassertanks und keine Toiletten. Die Menschen bauten sich selbst kleine Bretterhütten bestehend aus einem einzigen Raum. Gemäss verschiedener Aussa­gen haben nur die ersten Personen Zelte und tausend Rand Entschädigung erhal­ten, für die Nachkommenden blieb es bei leeren Versprechungen der zuständigen Behörden. Die Leute wollten wieder zurück in ihre ehemaligen Hütten, doch diese waren niedergewalzt worden. Einem alten Mann, der in seinem früheren Garten ernten wollte, wurde von den Wachposten der Eintritt in die alte Siedlung ver­wehrt. Er hungerte mit seiner Familie. Und so ergeht es vielen. Während die Men­schen auf der einen Strassenseite hungern, verrottet die Ernte auf der anderen Seite. Da waren Frauen, die sich ohne Zelt und ohne Hütte mit ihrer wenigen Habe draussen einrichteten. Eine hochschwangere Frau wusste nicht, wo sie ihr erstes Kind gebären sollte. Und bei den desolaten Zuständen ist nicht auszuden­ken, wie die Gegend in der Regenzeit aussehen wird. Zwei Wochen später fand ein Treffen statt mit dem zuständigen Regional Deve­lopment Officer in Empangeni, der massgeblich an der Planung und am Aufbau der neuen Siedlung beteiligt war. Er stellte begeistert die Pläne vor: Wasserleitun­gen, einbetonierte Toilettenhäuschen, ein Spital, eine Kinderkrippe, eine Post, Telefonanschlüsse und ein Gemeindehaus waren vorgesehen. Doch davon stand zweieinhalb Jahre nach den Umsiedlungen noch nichts. Auf die Frage, warum die Leute nicht auf ihrem früheren Land ernten dürften, antwortete er lachend, dass da überhaupt kein Verbot bestünde, sie müssten lediglich eine Bewilligung bean­tragen und diese in Empangeni (130 km entfernt!) abholen. Tatsache ist, dass die Leute schon kilometerweit zu Fuss gehen, um aus einem Tank Wasser zu holen. Auf weitere Unstimmigkeiten und Widersprüche aufmerksam gemacht sagte er nur, dass er das Gebiet seit der Landbesichtigung am Anfang nicht mehr besucht habe. «That’s how we usually do with these rural people». Und das ist ein altes Problem in Südafrika: Die Pläne stimmen nicht mit der Wirklichkeit überein. Die Landfrage ist ungelöst. Das Gebiet nördlich der Strasse ist Staatsland, das nun von Privaten gekauft wurde zwecks Tourismusförderung. Die Einheimischen schlossen sich zusammen und weigerten sich, ihr Land und die Gräber ihrer Ahnen zu verlassen. Die Gerichtsverhandlungen haben begonnen. Vor der Abreise war jedoch noch kein Urteil gefällt worden.
Johanna Roth‑Andres. Die Autorin war im Rahmen eines EMPSA‑Einsatzes (Ecumenical Monitoring Programm in South Africa) im Frühling 94 sechs Wo­chen in Kwazululand, Südafrika.