Basel, 26.03.2009, akte/ In diesen Tagen lesen wir vom Umsturz der Tschechischen Regierung durch das Misstrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten Mirko Topolanek. Die politische Krise Tschechiens ist eine Folge der Wirtschaftskrise, die das Land hart getroffen hat. Und sie hat Auswirkungen auf die Europäische Union EU. Der noch bis zum 30. Juni als EU-Ratsvorsitzende amtierende Topolanek wird die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder zum Treffen mit dem US-Präsidenten Barack Obama als Regierungschef ohne Autorität im eigenen Land begrüssen.
Die EU rechnet damit, dass Topolanek noch bis zum Ende seines EU-Ratsvorsitzes im Amt bleibt und ist über die Tschechische Krise nicht besonders beunruhigt. Sorgenvoller blickt die EU auf die Behandlung der „Lissabon-Verträge“ durch den Tschechischen Senat, der diese Ratifizieren sollte. Diese Verträge, die nach dem Scheitern der EU-Verfassung 2005 in mühsamen Verhandlungen ausgehandelt wurden, werden von Bundeskanzlerin Angela Merkel und vom Französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy als Vorbedingung für die EU-Osterweiterung genannt und sind auch für das geregelte Funktionieren der EU-Institutionen zentral. Die Ratifizierung durch Tschechien ist aber keinesfalls sicher, ist doch rund die Hälfte der Tschechen sehr EU-kritisch. Würde Tschechien die Verträge ablehnen, würde dies eine ernste Krise der EU bedeuten.
Zur rechten Zeit also erscheint das neue SympathieMagazin „Tschechien verstehen“ des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung, das uns diesen östlichen Nachbarn etwas näher bringt. Von diesem Land kennen wir die Namen Widerständischer wie des Reformators Jan Hus, Kritischer wie des Autors Franz Kafka und Patriotischer wie des Komponisten Bedrich Smetana mit seiner Moldau-Komposition. Wir wissen vom Prager Frühling 1968 und der samtenen Revolution 1989. Aber wer weiss so genau, warum die Tschechen so EU-kritisch sind, obwohl sie doch schon seit 2004 zu dieser Gemeinschaft gehören? „Nachdem wir nach fast 50 Jahren unter autoritären Regimes die Demokratie zurückgewonnen haben, reagieren wir sehr sensibel auf bürokratische Verordnungen von oben“, erklärt Professor Kamil Janácek, Chefökonom der Kommerzbank dem Studienkreis. Die Tschechen hätten der EU den Versuch übel genommen, die Strassenbeleuchtung in Prag zu verbieten – das von Touristen und Einheimischen als romantisch wahrgenommene Schummerlicht sei zu dunkel und entspreche nicht dem EU-Standard. Und erst recht den Angriff auf das Heiligste der Tschechen, ihr Bier: Der Gärprozess sei zu aufwändig und koste zu viel Energie.
Nach der politischen Wende wuchs Tschechiens Wirtschaft enorm, und schon nähert sich das wirtschaftliche Niveau der Tschechen dem der westlichen Nachbarn. Auch die Bürger haben sich geändert: Floh die Bevölkerung zur Zeit des Sozialismus vor der Politik ins Private, engagiert sich die junge tschechische Generation heute aktiv bei der Gestaltung ihrer Bürgergesellschaft. Das neue SympathieMagazin gibt Einblicke in die vielen Facetten der tschechischen Gesellschaft und ihrem geschichtlichen, politischen und kulturellen Hintergrund. Es macht Lust auf Prag – gemäss Werbung der Deutschen Bahn die zurzeit angesagteste Metropole des Kontinents – ebenso wie auf die Schönheiten des ländlichen Tschechiens und auf den subversiven Humor, der die politische Wende unbeschadet überstanden hat, wie das SympathieMagazin beispielhaft aufzeigt.
Studienkreis für Entwicklung: Sympathiemagazin Kroatien – Slowenien verstehen, Ammerland 2007, 67 Seiten, CHF 7.00, Euro 4.00
Die SympathieMagazine sind in der Schweiz erhältlich bei: arbeitskreis tourismus & entwicklung, Missionsstrasse 21, CH-4003 Basel, Tel. +41 (0)61 261 47 42, Fax: +41 (0)61 261 47 21; info@akte.ch, fairunterwegs-Shop