Tansania: Die Jugendlichen werden erfinderisch
fepa: Welche Bedeutung hat das Projekt "Förderung jugendlicher KleinunternehmerInnen" für die ländliche Jugend Tansanias?
Elibariki Tweve: Es geht uns darum, die Erwerbsmöglichkeiten auf dem Land aufzuzeigen. In Tansania leben drei Viertel der Bevölkerung auf dem Land, die Mehrheit davon sind Jugendliche. Sie sind die wichtigsten Arbeitskräfte. Wenn sie ihr Leben und ihre Einkünfte in ihren Dörfern verbessern können, helfen sie ihren Familien und tragen zur Entwicklung bei, statt in die Stadt abzuwandern, wo sie oft keine Arbeit finden und sich vielleicht gar Banden anschliessen oder Drogen nehmen.
Gibt es denn Erwerbsmöglichkeiten auf dem Land?
Selbstverständlich. Landwirtschaft ist hier sogar gewinnbringender als andere Wirtschaftszweige, sofern man über Saatgut, Anbaumethoden und Absatzmärkte Bescheid weiss.
Wie hat das neue Projekt begonnen und wie weit ist es bereits umgesetzt?
Zuerst suchten wir geeignete Jugendliche und besprachen mit ihnen ihre Geschäftsideen und wie sie realisiert werden könnten. Wir erstellten dazu Businesspläne. Nach Kontakten mit den lokalen Regierungsstellen und den Dorfräten erhielten die JugendunternehmerInnen von uns einen kleinen Kredit, um ihr Geschäft beginnen zu können. Dann setzte das Coaching ein: Umgang mit dem Kapital, Marktzugang und Buchführung sind die wichtigsten Themen. Jetzt geht es darum, die JungunternehmerInnen Tag für Tag zu begleiten, den Geschäftsgang zu evaluieren und sie darin zu unterstützen, die Probleme, denen sie begegnen, zu lösen.
Kannst du uns einige Beispiele für die Geschäfte nennen?
Die meisten davon sind landwirtschaftliche Vorhaben mit zum Teil neuen Produkten: Die Bohnen von Sifuni können bald geerntet werden, die Kohlsetzlinge von Robert sind bereit, um ins Feld gepflanzt zu werden, und Rajan erntet seine Kartoffeln im November. Baraka hat eine Baumschule gestartet. Andere Unternehmungen sind in der Gastronomie und im Transportgewerbe angesiedelt.
Was bedeutet Elibariki Tweve für das Projekt und für die Jugendlichen selbst?
Wir verbessern die Erfolgsaussichten für die Geschäfte, welche die Jugendlichen vorschlagen. Gemeinsam mit uns erkennen sie die Chancen, die es in ihrer dörflichen Umgebung gibt. Durch die Ausbildung, die sie erhalten, verbessern sich ihre Kenntnisse, sodass sie ihr Geschäft gewinnbringend betreiben können.
Und haben sie damit Erfolg?
Die ersten Erfahrungen sind ermutigend. Die Jugendlichen in unserem Projekt wagen etwas und glauben daran, dass sie, allen Skeptikern zum Trotz, Erfolg haben können. Sie sind erfinderisch und lernen auf ein Ziel hinzuarbeiten.
Gibt es Schwierigkeiten, die Jugendlichen zu motivieren und zu beraten?
Ja, einige. Erstens haben viele der Jugendlichen nur die Grundschule abgeschlossen und ihre Vorkenntnisse sind bescheiden. Es ist deshalb nicht einfach für sie, neue Ideen aufzunehmen und selbständig umzusetzen. Doch sie sind am Lernen
Zudem leben sie in einem Umfeld, in dem nicht jede Transaktion genau protokolliert wird. Ihre Buchführung ist bisweilen lückenhaft und der genaue Ablauf ihrer Geschäfte schwierig zu erfassen. Ein weiteres Problem ist, dass die Jugendlichen manchmal aufgeben, wenn ein Problem auftaucht, dem sie sich nicht gewachsen fühlen.
Was meinst du damit?
Ich gebe dir ein Beispiel: Zwei Jugendliche starteten ein Motorradtaxiunternehmen. Zu Beginn verdienten sie gut damit. Dann aber begannen andere Dorfbewohner ohne gesetzliche Registrierung Fahrten für Gepäck oder Passagiere viel billiger anzubieten. Da wollten die Jugendlichen aufgeben und etwas anderes machen, von dem sie sich mehr Profit versprachen. Doch im Transportgeschäft waren sie bereits etabliert und hatten ja auch ihre Kredite da investiert. Es brauchte Überzeugungs- und Unterstützungsarbeit, damit sie bei ihrer Geschäftsidee blieben.
Mir scheint, du glaubst an die Jugend als Hoffnungsträgerin für die Entwicklungsbemühungen der tansanischen Gesellschaft?
Ja! Diese Jugendlichen sind ein Vorbild. Wenn sie Erfolg haben, wird ihr Beispiel Schule machen. Dies geschah auch beim nun abgeschlossenen fepa-Pilot-projekt "Jugend ans Netz". Vor dem Solarstromprojekt war es dunkel in den Dörfern, doch heute hat es überall Licht – dank dem Pioniergeist der Jugendlichen.