Thu Huong Duong: Roman ohne Titel
(Tiêu thuyêt vô dê. Aus dem Vietnamesischen von Ursula Lies.)
Horlemann, Bad Honnef 1995 303 S. fr. 37.20
ISBN 3-89502-018-4
Die Autorin war selber im Vietnamkrieg als Freiwillige an der Front und wurde später für die kritische Darstellung des Krieges in ihren Romanen 1991 für sieben Monate inhaftiert. Auch in ihrem „Roman ohne Titel“ stellt sie die harte, grausame Realität des Krieges voller Poesie und Zartheit dar. Sie lässt den jungen Quan von seinen Erlebnissen als Vietcong-Soldat erzählen. Er führt zehn Jahre lang ein Leben voller Entbehrungen , fast ohne Nahrung im Dschungel oder in aussichtslosen Gefechten, wo er viele seiner Kameraden verliert. Sein Leben , sein Alltag ist Krieg. Seine Kameraden verändern sich, einige zerbrechen, andere wählen den Ausweg in die Brutalität. Beauftragt mit einer Sondermission kann er für kurze Zeit in sein Dorf zurückkehren, was eine Verschnaufpause für seine Gedanken zulässt. Er nimmt erst da wahr, wie fern die reale Wirklichkeit, das „normale“ Leben für ihn geworden ist. Quan hatte sich als 18jähriger Schüler begeistert und voller Patriotismus freiwillig zur Armee gemeldet. Im Laufe seiner Dienstzeit bekommt er mehr und mehr ein kritisch-distanziertes Verhältnis zum Krieg. Er ist kein Soldat, der bedingungslos gehorcht und sein Denken ausschaltet. Aber sein Leben ist vom Krieg bestimmt und er leidet immer mehr darunter, dass menschliche Werte hier nichts gelten. Er merkt dass er nur überleben kann, indem er dem Gestern nicht nachtrauert und das Heute akzeptiert.
Dieser Roman einer vietnamesischen Autorin bildet eine notwendige Ergänzung zu Schilderungen des Vietnamkriegs aus US-amerikanischer Sicht. Er macht erschreckend klar , was es für ein Land bedeutet, wenn eine ganze junge Generation jahrzehntelang im Krieg leben muss, fern von einem normalen menschlichen Dasein.
Irene Stark
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