Tourismus: die zwei Seiten der Medaille
Menschen aus dem gesamten Alpenbogen und darüber hinaus trafen sich am 25. und 26. Mai 2018 in Bled/SI zur Jahrestagung von CIPRA International, CIPRA Slowenien und vom Gemeindenetzwerk "Allianz in den Alpen". Unter dem Titel "Alpentourismus: Lebensqualität inklusive!" diskutierten sie, welchen Beitrag nachhaltiger Tourismus für das gute Leben in den Alpen leisten kann – und welche Gefahren von einem überbordenden Tourismus ausgehen.
Der Tagungsort Bled ist ein anschauliches Beispiel dafür. Die idyllische Lage an einem See und seine geschichtsträchtige Burg machen die 8’000 EinwohnerInnen zählende Gemeinde in den slowenischen Alpen zum Tourismusmagneten. TouristInnen als aller Welt stürmen den Ort; er gehört neben den Hauptstädten zum Pflichtprogramm ihrer Europareise.
In Bled spiegeln sich einige der Probleme touristischen Wachstums wieder, wie sie auch andere Gemeinden in den Alpen kennen. "Nur wenn Tourismus Ausbeutung von Natur und Mensch verhindert, ist er nachhaltig", stellte Katharina Conradin, Präsidentin von CIPRA International, in ihrer Eröffnungsrede fest. Marc Nitschke, Präsident von "Allianz in den Alpen", ergänzte: "Tourismus und Lebensqualität dürfen sich nicht ausschliessen." Dass das funktionieren könne, zeigten die Mitgliedsgemeinden.
Gefährliche Wachstumsspirale
Tourismus habe viele positive Aspekte, konstatierte Jana Apih von Goodplace, einem slowenischen Verein für nachhaltigen Tourismus. Noch nie seien die Menschen mobiler gewesen als heute, jede zehnte Person weltweit arbeite im Tourismus, der Wohlstand in Tourismusregionen sei gewachsen. Allerdings habe jedes Hotel eine Auslastungsgrenze – genauso wie touristische Attraktionen und Destinationen. Sie verwies beispielhaft auf Tourismushochburgen abseits der Alpen wie Venedig, Barcelona oder Amsterdam, in denen sich Widerstand gegen den Massentourismus regt. Probleme wie diese ortete Christian Baumgartner auch in den Alpen. Der Vize-Präsident von CIPRA International fasste seine Schlussfolgerungen zur Tagung in "zwölf Schritten für mehr Lebensqualität in alpinen Destinationen" zusammen.
Lebensqualität in alpinen Destinationen steigern – aber wie?
"Nachhaltige Lösungen müssen gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeitet werden", so Baumgartner. Dazu zähle unter anderem die Besucherlenkung, die Motivation zum Nächtigungstourismus, wie auch das Diskutieren von Kapazitätsgrenzen. So plant etwa Bled nach den Worten von Tourismusdirektor Tomaz Rogelj keinen weiteren Ausbau der Gästebetten: "Wir glauben, dass die aktuelle Bettenanzahl passend ist, um zu erhalten, was Bled seinen Gästen bietet: Ruhe, Natur und Entspannung." Auch die Einheimischen sollten die Vorzüge Bleds weiterhin geniessen können.
Baumgartner unterstrich weiter den Stellenwert von guten Arbeitsbedingungen und alternativen Betriebskonzepten, um den touristischen Arbeitsmarkt für Einheimische attraktiver zu gestalten. "Fest steht, dass alle Überlegungen und Angebote für Gäste und die einheimische Bevölkerung gleichermassen attraktiv sein müssen."
In Workshops diskutierten die Teilnehmenden über Konfliktlinien in touristischen Destinationen, etwa zum Naturschutz, zur lokalen Wirtschaft oder zur Mobilität. Auch Lösungsansätze wurden präsentiert und entwickelt, wie zur Förderung der Naturvielfalt in Gemeinden oder zu neuen Bildungs- und Arbeitsmodellen. Dank des Einbezugs des Projekts "Living Labs" erhielten rund 30 junge Menschen die Gelegenheit, sich an der Tagung einzubringen. Bei allen Diskussionen hatten alle Teilnehmenden ein gemeinsames Ziel vor Augen: Wege zu finden für einen nachhaltigen Tourismus von morgen, der zur Lebensqualität in den Alpen beiträgt.
Das Dokument mit den "zwölf Schritten für mehr Lebensqualität in alpinen Destinationen" stellen die CIPRA und die "Allianz in den Alpen" zur Verfügung.