Dakhla erfreut sich grosser Beliebtheit, weil es so vielseitig ist. Der Ort liegt an einer riesigen flachen Lagune und Flachwasser ist ideal, sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Kitesurfer. Auch Wellenreiter und Windsurfer fühlen sich hier wohl, denn man kann dort alles haben, was Wassersportler erfreut: Hohe Wellen oder flaches glattes Wasser, konstanter Wind von der See, der das Surfen sicherer macht und das Verletzungsrisiko senkt. Auch ist die Anreise aus den Ballungsräumen Europas weniger aufwändig als nach Brasilien zu reisen, selbst wenn es bislang nur wenige Direktflüge aus dem Ausland in die Wüstenstadt gibt.

Schwache Konkurrenz aus Ägypten

Dakhlas grösster Konkurrent auf dem europäischen Markt ist das ägyptische Hurghada am Roten Meer. Doch Ägyptens Tourismus leidet unter der unklaren innenpolitischen Lage, dem wachsenden Einfluss muslimischer Extremisten sowie unter Sicherheitswarnungen europäischer Staaten. Fernsehbilder von brutal zuschlagenden Polizisten und von Armee-Willkür schadeten dem Image.
Ägypten war im Jahr 2012 mit 11,2 Millionen Besuchern das beliebteste Reiseland in Afrika. Marokko folgte an zweiter Stelle mit 9,4 Millionen Touristen, noch vor Südafrika, das zuvor den zweiten Platz belegt hatte. Doch Marokko und die von ihm besetzte Westsahara wollen von der Krise in Ägypten profitieren und sich schon in diesem Jahr an die Spitze der afrikanischen Reiseländer setzen.
So betont Marokkos Tourismuswerbung, wie sicher man im Land reisen kann. Vergessen sind die Terroranschläge auf von Ausländern besuchte Cafés in Casablanca und Marrakesch, die auch im Ausland für Verunsicherung sorgten. Zu diesem positiven Image passt nicht ganz die jüngste Reisewarnung des französischen Aussenministeriums. Angesichts von Terrorwarnungen von Al Kaida im Maghreb riet das Ministerium seinen Bürgern im August 2013, von Reisen in den Süden Marokkos abzusehen. Nur die Städte Dakhla, Laâyoune, Boujdour und Smara seien einigermassen sicher. Doch auch diese Orte sollten nur aufgesucht werden, wenn es unbedingt notwendig sei, erklärte das Ministerium. Seit der französischen Militärintervention in Mali hat die Gefahr von Entführungen französischer Touristen in der Sahara und in Nachbarländern deutlich zugenommen.
Getrübt wird die vermeintliche Idylle auch durch Strassensperren, die seit Jahren von Marokko an allen Ausgängen der Städte unterhalten werden, um das besetzte Land zu kontrollieren. So will man auch die Ausbreitung von Demonstrationen der Saharauis gegen die marokkanische Besetzung verhindern, die vor allem in der grössten Stadt Laâyoune, dem früheren spanischen El Aiun, immer wieder stattfinden.

Wirtschaftsfaktor Tourismus

Doch Marokko sieht im Tourismus einen der bedeutendsten Wirtschaftszweige der zudem an Rohstoffen reichen Westsahara. Neben der völkerrechtlich umstrittenen Ausbeutung von Fischvorkommen, an der auch die Europäische Union massiv mitwirkt, der Erschliessung möglicher Erdölvorkommen vor der Küste sowie Wind- und Sonnenkraftanlagen zur Energieerzeugung, soll der Tourismus den Aufschwung für die Region garantieren. Vielerorts werden neue Hotels und Ferienanlagen gebaut.
Zwar konnte Dakhla seine Besucherzahl von 2’600 Gästen im Jahr 2002 auf 10’200 im Jahr 2010 steigern und auch sein Flughafen kann bis zu 300’000 Urlauber im Jahr abfertigen. Doch der Sahara-Tourismus spielt in Marokko bislang nur eine untergeordnete Rolle. Rund 70 Prozent der Touristen besuchen nur Marrakesch, Casablanca, Agadir und andere touristische Zentren im Norden. Nach dem Tourismus-Konzept 2020 soll sich dies bald ändern. So gibt es nicht nur in Dakhla einen Bauboom, der für mehrere tausend neue Touristenbetten sorgen soll, sondern auch an der Grenze zur Westsahara wird in Oued Chbika ein neues Seebad aufgebaut.
Die meisten Touristen wohnen in Ferienanlagen an der Küste und bekommen von der rüden Besatzungspolitik Marokkos nichts mit. Anders als in Tibet werden Urlauber wohl kaum über Menschenrechtsverletzungen berichten. Der Tourismus aber wird dazu beitragen, Marokkos Herrschaft über die Westsahara zu festigen.
Ulrich Delius ist Asien- und Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen.