Tourismus gewinnt an Aufmerksamkeit im Rio-Folge-Prozess
Sollen die internationalen Bemühungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt Früchte tragen, so muss auch der Tourismus berücksichtigt und seine Entwicklung nachhaltiger ausgestaltet werden. Das brachten die Staaten, welche die UNO-Konvention über die biologische Vielfalt ratifiziert haben, auf ihrer Fünften Folgekonferenz (COP+5) im Mai 2000 in Nairobi zum Ausdruck, indem sie erstmals Tourismus als Schwerpunktthema diskutierten und eine Reihe von Beschlüssen dazu fällten. Die Vertragsstaaten anerkennen darin die vielfältigen Wechselwirkungen – im positiven wie im negativen Sinne – zwischen Tourismus und Biodiversität und befürworten die Erarbeitung von Richtlinien für die Entwicklung des Tourismus in speziell fragilen Ökosystemen. Diese Arbeit soll sich auf das bestehende Fachwissen insbesondere auch von NGOs abstützen und im Rahmen der von der UNO-Kommission für Nachhaltige Entwicklung 1999 eingeleiteten Massnahmen erfolgen. Als Durchbruch werten BeobachterInnen der Verhandlungen in Nairobi, dass die Beschlüsse konsequent einen ökosystemaren Ansatz verfolgen, das heisst, dass Gebiete ganzheitlich als Ökosysteme erfasst werden, ob sie nun unter Schutz stehen oder grenzüberschreitend in verschiedenen Ländern liegen. Explizit verankert in den Beschlüssen ist denn auch, dass sich die Richtlinien zum Tourismus nicht bloss auf Gebiete innerhalb, sondern auch ausserhalb von Naturschutzzonen beziehen sollen – ein ganz wesentlicher Zusatz, der unter anderem auf Bestreben der Schweizer Delegation unter der Leitung des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) ins Abschlusspapier der Nairobi-Konferenz aufgenommen wurde. Zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis von Nairobi zeigt sich Michael Meyer vom ad-hoc-Arbeitskreis Tourismus des deutschen Forums Umwelt & Entwicklung: Die wichtigsten Punkte der Stellungnahme und Empfehlungen, die unter der Federführung des ad-hoch-Arbeitskreises Tourismus von NGO-VertreterInnen aus 24 Ländern im Vorfeld von Nairobi erarbeitet worden waren (s. akte-KUNA 2/2000), sind allesamt in die Beschlüsse aufgenommen worden, insbesondere die Stellung von lokalen Gemeinschaften und die herausragende Rolle von indigenen Bevölkerungsgruppen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt, ihr Einbezug in die Erarbeitung von Massnahmen zur Tourismusentwicklung und ihre Beteiligung am Ertrag aus dem Tourismus. Von Interesse ist sicherlich auch, dass Tourismus und Biodiversität im Paket verhandelt wurden mit den Fragen, wie die Biodiversität generell nachhaltiger genutzt werden kann und wie Anreize für eine nachhaltige Nutzung aussehen müssen. Speziell die Beschlüsse der Vertragsstaatenkonferenz über die zu schaffenden Anreize betreffen auch für den Tourismus äusserst relevante Themen wie etwa die Änderung der Konsumgewohnheiten durch die Aufklärung der KonsumentInnen und das «Labelling» der Produkte, Kostenwahrheit bezüglich Biodiversität und Internalisierung der Kosten sowie die Zusammenarbeit mit NGOs, internationalen Organisationen und eine verstärkte Koordination der Bemühungen der verschiedenen Gremien des Rio-Folge-Prozesses wie zum Beispiel der Klimakonvention. Quellen: www.biodiv.org/Decisions/COP5/pdf/COP-5-Dec-All-e.pdf, zum Tourismus siehe V/24, V/25, V/15; Convention on Biological Diversity, Conference of the Parties to the Convention on Biological Diversity, Fifth meeting, Nairobi, 15-26 May 2000: Sustainable use as a cross-cutting issue, biological diversity and tourism, incentive measures – Draft Decisions, 20 May 2000; Informationen u.a. von Robert Lamb, dem stellvertretenden Leiter der Schweizer Delegation in Nairobi und von Oliver Biber, BUWAL, und Michael Meyer vom ad-hoc Arbeitskreis Tourismus im Forum Umwelt & Entwicklung Der offizielle Bericht der Schweizer Delegation von der COP 5 wird anfangs Juli erhältlich sein bei: BUWAL, Abteilung International, CH-3003 Bern
Christine Plüss,
Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung, Juni 2000