Kolumbien ist in 26 Ausbildungs- und Wiedereingliederungszonen (ETCR) unterteilt. In elf dieser Zonen wurden Initiativen für touristische Projekte entwickelt. Die attraktiven Landschaften werden durch Angebote wie Vogelbeobachtung, Wandern oder Rafting in Wert gesetzt. Noch vor Kurzem galten sie als "rote Zone". Heute, nach dem Friedensabkommen, soll das Potenzial des Tourismus für eine nachhaltige Entwicklung genutzt werden.

Ein Beispiel dafür ist die "Ruta Fariana" im ECTR Pondores im Norden Kolumbiens: Das Tourismusprojekt für ländliche Gemeinden soll soziale, ökologische und wirtschaftliche Initiativen in der Region fördern. Gemeindemitglieder haben dieses Projekt selbst entworfen und so mehrere Arbeitsplätze für Ex-KämpferInnen, ihre Familien und die ganze Gemeinde geschaffen.

Das Projekt "Ruta Fariana" ahmt das Leben in der Gemeinde zu Zeiten nach, in denen die BewohnerInnen noch in der FARC-EP-Guerillagruppe aktiv waren. TouristInnen können so die Geschichte des Konflikts aus einem anderen Blickwinkel kennenlernen und den Alltag während des Krieges aus nächster Nähe miterleben. Die Gemeinde profitiert, weil sie ihre Geschichte weitererzählen und somit bewahren kann. So können Gäste einen Bauernhof samt den auf den Feldern wachsenden Kulturpflanzen besichtigen und in einem der Lager schlafen, in denen die FARC-KämpferInnen gelebt hatten. Mahlzeiten werden wie damals gemeinsam zubereitet und rundherum gibt es im Naturschutzgebiet Serranía de Perijá bedrohte Arten zu besichtigen. Die Geschichte wird auch im Museum der Erinnerung, in den künstlerischen Arbeiten des Ex-Guerillero "Inty Malewa" und in der Bibliothek "Sueños de Paz" im Dorfkern von Conejo zugänglich gemacht. Letztere wurde für ihr Engagement für den Friedensprozess und die Bildung mehrfach ausgezeichnet.

Durch das Tourismusprojekt sind verschiedene Stätten entstanden, die für die Gemeindemitglieder sehr wichtig geworden sind und zur Sicherung ihres kulturellen Erbes beitragen. Sie wollen ihre Geschichte selbst erzählen, um Darstellungen zu verhindern, mit denen sie nicht einverstanden sind, wie sie das in der Vergangenheit schon erlebt haben.

Tourismus für den Frieden?

In den letzten 60 Jahren hat Kolumbien einen intensiven Konflikt zwischen dem Staat und verschiedenen bewaffneten Gruppen erlebt. Ein Sektor, der von der Unterzeichnung des Friedensabkommens stark profitieren konnte, ist der Tourismus. Doch der Tourismus profitiert nicht nur vom Frieden, er soll auch dazu beitragen. Die touristischen Projekte in den ECTR geben den beteiligten Gemeinschaften die Möglichkeit, ihre lokale Wirtschaft zu beleben und dadurch nach dem Krieg sozial und kulturell wieder zu erstarken.

Das "Ruta Fariana"-Projekt spielte eine wichtige Rolle im Friedensprozess und in der Versöhnung, da es die lokale Geschichte bewahrt und das Gefühl der Zugehörigkeit innerhalb der Gemeinschaft gestärkt hat. Es gab den Gemeindemitgliedern ein Ziel vor Augen, das sie nur gemeinsam erreichen konnten.