Touristen-Enklaven – auf dem Rücken der Arbeiter: Migration im Bausektor in Mittelamerika und der Karibik
Als die neuen Tourismuszentren wie Punta Cana (Bavaro) in der Dominikanischen Republik, Cancún und die Riviera Maya in Mexiko, oder die Küstenzone von Guanacaste in Costa Rica erschlossen wurden, gab es in diesen Gegenden nicht genug Arbeitskräfte für den Bausektor. Deshalb mussten Arbeiter von anderswo geholt werden. Die meisten dieser Arbeiter waren Bauern aus armen Regionen: in der Dominikanischen Republik waren es Haitianer; in Costa Rica Nicaraguaner und in Mexiko Arbeiter aus Mittelamerika und aus dem mexikanischen Bundesstaat Chiapas. Diese Prozesse sozialer Mobilisierung weisen einige Gemeinsamkeiten auf.
Verletzungen von Arbeiterrechten
Die jeweiligen Staaten haben es vernachlässigt, für diese neuen Aktivitäten angemessene Arbeitsstandards aufrechtzuerhalten, und die grossen Unternehmen profitieren davon. Auf diese Weise findet ein systematischer Einsatz ausländischer Arbeitskräfte statt. Die Arbeiter werden ohne vorher abgeschlossene Arbeitsverträge rekrutiert, in der Regel unter illegalen Bedingungen. Dadurch sind sie leicht Willkür und Misshandlungen ausgesetzt.
In der Regel erhalten diese Arbeiter niedrige Löhne. Aufgrund ihrer schwachen Position gegenüber den Firmen, die auf eine ganze Reihe von Faktoren zurückzuführen ist, werden sie oft ohne entsprechende Bezahlung oder Leistungen gefeuert. Auch geht die Polizei gegen illegale Einwanderung vor, so dass die Arbeiter in permanenter Unsicherheit leben – zusätzlich zu den rauen, unsicheren und ungesunden Arbeitsbedingungen, unter denen sie ohnehin zu leiden haben.
Arbeitsbedingte Unfälle und Gesundheitsprobleme sind in diesem Sektor keine Seltenheit. Viele der Arbeiter kommen aus ländlichen Gegenden und sind die Arbeit im Bausektor nicht gewöhnt. Auch aufgrund der Höhe einiger der Gebäude sowie der prekären Lebensbedingungen (schlechte Ernährung, unangemessene Unterbringung, Stress), sind ihr Leben und ihre Gesundheit eindeutig in Gefahr.
Bei der Ankunft an ihrem Ziel stellen die Arbeitsmigranten häufig fest, dass es keine Unterkünfte für sie gibt. So leben sie dann entweder direkt auf der Baustelle oder in informellen überfüllten Camps unter extrem unsicheren, menschenunwürdigen Bedingungen und ohne grundlegende Infrastruktur. Dadurch entstehen neue städtische Agglomerationen mit ungesunden Lebensbedingungen. Die meisten Bewohner sind Männer, die ohne ihre Familien hierher gekommen sind. In diesem Arbeits- und Lebensumfeld ist es schwierig, sich in der neuen Umgebung heimisch zu fühlen. Dies führt zu einem steigenden Grad an Alkoholismus und anderen Formen von Drogenabhängigkeit als Flucht aus der Realität.
Da sich grosse Hotelketten und Immobilienfirmen auf Leiharbeiter verlassen, können die Arbeiter die Grossunternehmen nicht verklagen oder auch nur anprangern. Zum Bau eines bestimmten Objekts, oder auch nur einiger Teile davon, arbeiten die Unternehmen üblicherweise mit mehreren verschiedenen einheimischen Firmen zusammen. Derartige Praktiken spalten die Arbeiterschaft und wenn Unfälle passieren, stehlen sich die Unternehmen so aus der Verantwortung.
Ohne staatlichen Schutz
Von staatlicher Seite sind die Arbeiter kaum geschützt. Wie wenig die Arbeitsministerien dieser Länder tätig werden ist erschreckend. Selbst wenn der entsprechende politische Wille vorhanden ist, bewirken diese Ministerien gegenüber den Interessen der grossen Unternehmen kaum etwas. Auch gibt es in diesem Sektor nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Deshalb sind der Schutz der Arbeiter und ihre Möglichkeiten, ihre Rechte kollektiv zu verteidigen, sehr gering. Die einzigen Schutzmechanismen, die es gibt, sind die in diesen Gegenden ansässigen sozialen Organisationen. Dies sind hauptsächlich die Kirchen, wie im Falle der Caritas oder der ehrenamtlich arbeitenden Gruppe "Pastoral Social de Liberia" in der Hauptstadt der Provinz Guanacaste in Costa Rica.
All diese schlechten Rahmenbedingungen schaffen ein Umfeld, das durch Armut und Menschenrechtsverletzungen charakterisiert ist. Die Tourismuswirtschaft stützt sich auf diese Situation und profitiert davon. Sie kollaboriert mit den staatlichen Strukturen in der Region, um die Baukosten dieser Enklaven zu drücken. Die Paradiese für die Touristen werden unter Missachtung der grundlegenden Rechte der Arbeiter errichtet, die ihren Bau überhaupt erst möglich gemacht haben.
Ernest Cañada ist Koordinator der katalanischen Organisation "Alba Sud – Investigation and Communication for Development" und Mitglied der "Group to Research Sustainability and Territory (GIST)" an der Universität der Balearen.
Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp. Der Beitrag erschien in der aktuellen Ausgabe des TourismWatch – Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus Nr. 62 vom März 2011. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung