Dutzende von AnhängerInnen der Demokratiebewegung Burmas, die sich am letzten Septemberwochenende zum Haus der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi begaben, um ihrer allwöchentlichen Ansprache beizuwohnen, wurden von der Strasse weg verhaftet und abtransportiert. Darunter auch drei europäische Touristen. "Wir wollten bloss Aung San Suu Kyi einmal selber sprechen hören, um ihren Standpunkt besser zu verstehen", sagte die 26-jährige Freundin eines der Verhafteten noch unter dem Schock des Vorgehens der burmesischen Polizei. Weitere Reisende wurden gefilzt und harsch weggewiesen; Fotoausrüstungen und Tonbänder beschlagnahmt. Auch Filmmaterial westlicher Fernsehteams wurde konfisziert, und JournalistInnen wurden angewiesen, in den Hotels zu bleiben. Spezialeinheiten der burmesischen Polizei hatten das Haus der Friedensnobelpreisträgerin umstellt und die Zufahrten verbarrikadiert, um die Nationale Liga für Demokratie (NLD) daran zu hindern, ihren Kongress zum Gedenken an die Massaker an der Demokratiebewegung vom September 1988 abzuhalten. Im Zusammenhang mit dem geplanten Kongress wurden erneut Hunderte von demokratischen Oppositionellen – 800 nach Angaben Suu Kyis – in Haft genommen, nachdem bereits über die letzten Monate rund 70 zum Teil engste Vertraute der Bürgerrechtskämpferin verhaftet worden waren. Erstmals seit ihrer Freilassung aus dem Hausarrest vom Juli 1995 wurde Aung San Suu Kyi auch daran gehindert, öffentlich eine Ansprache zu halten – ihre letzte bescheidene Möglichkeit zur freien Meinungsäusserung, die bereits seit der Repressionswelle gegen die demokratischen Kräfte im vergangenen Mai und Juni von der Militärjunta als illegal erklärt worden war. Vorgeworfen wird ihr, das burmesische Volk, aber auch ausländische Botschaftsangehörige, Medienleute und Regierungen gegen die Militärmachthaber in Rangoon aufzuwiegeln und ihr Image zu schädigen. Geschädigt haben allerdings die Militärs ihr Image gleich selber, und dies ausgerechnet im Vorfeld des Tourismusjahres in Tourismuskreisen, die sich der thailändischen Presse gegenüber entrüstet zeigten, dass die Repression des Regimes auch vor westlichen Reisenden nicht Halt macht.

The Nation 4.10.96; NZZ 3.10.96; Basler Zeitung 30.9.96; The Nation 29.9.96; Liberation 28./29.9.96/cp