Studien zeigen, dass die Meeresverschmutzung im Mittelmeerraum während der Hauptreisezeit um bis zu 40 % zunimmt. So müllt der Tourismus die eigene Existenzgrundlage zu.

Nachhaltigkeit braucht mehr als biologisch abbaubare Kaffeebecher 

Sich von Einwegplastik abwenden, den Verbrauch von Plastik reduzieren und Recycling- und Wiederverwendungssysteme organisieren sind Lösungsansätze im Kampf gegen die Abfallflut. Es darf aber nicht das Einzige sein, was ein Unternehmen tut, ist Xavier Font, Professor für Nachhaltigkeit an der University of Surray, überzeugt. «Sonst wird es zu einem Alibi, und jede Kampagne, die sich darauf konzentriert, ist eine weitere Form von Greenwashing», sagt er.

Tatsächlich wirkt es zynisch, wenn ein Flugunternehmen wie Ryanair – das auf Platz zehn der grössten Emittenten von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) in Europa ist. – sich verpflichtet, bis 2023 alle nicht recycelbaren Kunststoffe abzuschaffen und stattdessen zum Beispiel auf Holzbesteck und biologisch abbaubare Kaffeebecher umzusteigen.

Eine nachhaltige Lösung muss her: Clean Ups? 

Seit ein paar Jahren erfreuen sich Aufräumaktionen in der Natur – sogenannte Clean Up Days auf Reisen grosser Beliebtheit:  

In Jordanien geht es regelmässig auf Clean Up Tauchgänge mit Tourist*innen, im grössten Skigebiet der Schweiz – Vaysonnaz – findet das dritte Jahr in Folge ein Event statt, um die Pisten am Ende der Wintersaison zu säubern. In der Arktis setzt sich die Association of Arctic Expedition Cruise Operators (AECO) für die Bekämpfung der Plastikverschmutzung der Meere ein: Kreuzfahrttourist*innen sammeln während ihren Landgängen tonnenweise Müll und an Bord gibt es Vorträge darüber informieren, was getan werden kann, um die Plastikverschmutzung in den Meeren zu verhindern.

Mit der Teilnahme an Clean Ups bekommen Reisende endlich das lang herbei gesehnte Gefühl «etwas an die Natur zurückgeben» zu können.

«Wenn auch Ihnen unsere Berge am Herzen liegen und Sie sie für die kommenden Generationen erhalten möchten, melden Sie sich jetzt für den grossen Frühlingsputz an!» – Marketing wie dieses von Veysonnaz Tourisme suggeriert umweltbewussten Reisenden Heldentum, statt Unternehmen selbst in die Pflicht zu nehmen.

Es wäre so schön, wenn es für den Erhalt unseres Planeten nur ein paar Meister*innen Proper bräuchte. Doch unsere Reisen bis in die abgelegensten Orte der Welt verursachen nicht nur Abfall, sondern auch Abwasser und Treibhausgase. Sie heizen die Klimaerwärmung an und beeinträchtigen die biologische Vielfalt.   

So laufen Clean Ups Gefahr, einen Umwelt-Aktionismus vorzutäuschen, wo eigentlich keiner ist. Keine Frage: als Reisende*r tut man etwas Gutes, wenn man zum Beispiel durch einen Clean Up auf einer Schiffsreise in der Arktis einen Eisbären davor bewahrt, sich in einem Fischernetz zu verheddern. Mag sein, dass manch Reisende*r damit vor allem aber sein eigenes Gewissen bereinigt, um weiter um die Welt zu fliegen wie bisher.   

Fazit: Biologisch abbaubare Kaffeebecher und Müllsammeln reichen nicht. Es ist ein Anfang, um zum Erhalt unserer Umwelt beizutragen, aber die Reise muss weitergehen: Konsequenz und tiefgreifende Massnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette sind erforderlich, um das enorme Ausmass des «Tourismus-Müll-Problems» in den Griff zu bekommen.

Im Januar 2020 wurde die Global Tourism Plastics Initiative ins Leben gerufen, um die Branche mit einer gemeinsamen Vision für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe und Nachhaltigkeit zusammenzubringen. Unternehmen, die sich der Initiative anschliessen, müssen eine Reihe von Verpflichtungen eingehen, darunter die Beseitigung problematischer oder unnötiger Verpackungen und Gegenstände bis 2025 sowie Massnahmen zur Umstellung von Einweg- auf Mehrwegmodelle oder wiederverwendbare Alternativen bis 2025.