Die weltweit schnell wachsende Zahl von Entsalzungsanlagen, mittlerweile fast 16’000, mit Konzentrationen im Mittleren Osten und in Nordafrika, löscht den wachsenden Durst nach Süsswasser, schafft aber auch ein salziges Dilemma: den Umgang mit der ganzen chemisch belasteten Restsole.

In einem von der UN unterstützten Papier schätzen Fachleute die Süsswasserausstosskapazität von Entsalzungsanlagen auf 95 Millionen Kubikmeter pro Tag – das entspricht fast der Hälfte des durchschnittlichen Durchflusses der Niagarafälle.

Für jeden Liter Frischwasserleistung produzieren die Entsalzungsanlagen jedoch im Schnitt 1,5 Liter Sole (wobei die Werte stark variieren, abhängig vom verwendeten Speisewasser-Salzgehalt und der Entsalzungstechnologie sowie den örtlichen Bedingungen). Weltweit leiten die Anlagen heute täglich 142 Millionen Kubikmeter Hypersalinsole[1] ein (50 Prozent mehr als bei früheren Untersuchungen). In einem Jahr (51,8 Milliarden Kubikmeter) reicht das aus, um Florida unter 30,5 cm (1 Fuss) Sole zu bedecken.

Besseres Solemanagement dringend nötig

Die AutorInnen vom United Nations University Institute for Water, Environment and Health (Kanada), der Wageningen University (Niederlande) und dem Gwangju Institute of Science and Technology (Republik Korea) analysierten einen neu aktualisierten Datensatz – den vollständigsten, der je erstellt wurde – um die weltweit stark veralteten Statistiken über Entsalzungsanlagen zu überarbeiten.

Aufgrund der Ergebnisse fordern sie bessere Strategien für das Solemanagement, um einer schnell wachsenden Herausforderung zu begegnen, denn die Zahl der Entsalzungsanlagen und damit die Menge der weltweit produzierten Sole wird dramatisch ansteigen.

Das Papier ergab, dass 55 Prozent der globalen Sole in nur vier Ländern produziert wird: Saudi-Arabien (22 Prozent), VAE (20,2 Prozent), Kuwait (6,6 Prozent) und Katar (5,8 Prozent). Anlagen im Nahen Osten, die weitgehend mit Meerwasser- und thermischen Entsalzungstechnologien arbeiten, produzieren typischerweise viermal so viel Sole pro Kubikmeter sauberem Wasser wie Anlagen, in denen Flusswassermembranprozesse dominieren, wie beispielsweise in den USA.

Die Entsorgungsmethoden für Sole sind gemäss Studie weitgehend von der Geographie bestimmt. Die Sole wird entweder direkt in die Ozeane, die Oberflächengewässer oder durch Abwasserkanäle geleitet, andere Wege sind die Tiefbrunneninjektion und die Soleverdampfungsteiche. Meistens leiten Entsalzungsanlagen in Meeresnähe (fast 80 Prozent der Sole wird innerhalb von 10 km von einer Küstenlinie produziert) unbehandelte Abfallsole direkt in die Meeresumwelt ein.

Die AutorInnen weisen auf die grossen Risiken für das Meeresleben und die marinen Ökosysteme hin. Die Sole erhöhen den Salzgehalt des aufnehmenden Meerwassers stark verschmutzen die Ozeane mit giftigen Chemikalien, die zum Beispiel zur Bekämpfung von Algen und Bakterien eingesetzt werden (Kupfer und Chlor sind von grosser Bedeutung).

Alternative Verwendung von Sole

Es gäbe wirtschaftliche Methoden, die Sole alternativ zu nutzen. In der Studie erwähnt werden die Aquakultur, die Bewässerung salztoleranter Pflanzen, die Stromgewinnung und die Entnahme und Nutzung der in der Sole enthaltenen Metalle. Mit besserer Technologie könnte eine grosse Anzahl von Metallen und Salzen im Abwasser der Entsalzungsanlage abgebaut werden. Dazu gehören Natrium, Magnesium, Kalzium, Kalium, Brom, Bor, Strontium, Lithium, Rubidium und Uran – allesamt in der Industrie, in Produkten und in der Landwirtschaft verwendet. Die benötigten Technologien sind jedoch noch unausgereift; die Rückgewinnung dieser Ressourcen ist heute wirtschaftlich nicht wettbewerbsfähig.

"Es ist notwendig, die Forschung zu nutzen, um ein Umweltproblem in eine wirtschaftliche Chance umzuwandeln", sagt Autor Dr. Manzoor Qadir, Vizedirektor des UNU-Instituts für Wasser, Umwelt und Gesundheit UNU-INWEH in Kanada. "Dies ist besonders wichtig in Ländern, die grosse Mengen an Sole mit relativ niedrigen Wirkungsgraden produzieren, wie Saudi-Arabien, VAE, Kuwait und Katar. Die Nutzung von salzhaltigem Entwässerungswasser bietet potenzielle wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile. Rejekt-Sole wurde bereits in der Aquakultur eingesetzt, wobei eine Erhöhung der Fischbiomasse um 300 Prozent erreicht wurde. Es wurde auch erfolgreich zum Anbau des Nahrungsergänzungsmittels Spirulina und zur Bewässerung von Futtersträuchern und -kulturen eingesetzt (obwohl letztere Verwendung zu einer fortschreitenden Versalzung der Böden führen kann)".

"Etwa 1,5 bis 2 Milliarden Menschen leben derzeit in Gebieten mit physischer Wasserknappheit, in denen die Wasserressourcen zumindest teilweise im Jahr nicht ausreichen, um den Wasserbedarf zu decken. Rund eine halbe Milliarde Menschen leiden das ganze Jahr über unter Wasserknappheit", sagt Dr. Vladimir Smakhtin, Mitautor des Papiers und Direktor von UNU-INWEH, das aktiv an der Erforschung verschiedener unkonventioneller Wasserquellen arbeitet. "Es ist dringend erforderlich, die Entsalzungstechnologien erschwinglicher zu machen und sie auf Länder mit niedrigem Einkommen und niedrigem mittleren Einkommen auszudehnen. Gleichzeitig müssen wir aber auch die potenziell schwerwiegenden Nachteile der Entsalzung – die Schäden durch Sole und chemische Verschmutzung für die Meeresumwelt und die menschliche Gesundheit – angehen. Die gute Nachricht ist, dass in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen wurden, und mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Technologie und der Verbesserung der wirtschaftlichen Erschwinglichkeit sehen wir einen positiven und vielversprechenden Ausblick."

[1] Unter dem Begriff "Sole" verstehen die Autoren alle Konzentrate, die aus Entsalzungsanlagen abgeführt werden, da der überwiegende Teil des Konzentrats (>95%) aus Meerwasser und hochbrackigen Grundwasserquellen stammt.

AutorInnen

Edward Jones1,2, Manzoor Qadir1, Michelle T.H. van Vliet2, Vladimir Smakhtin1, Seong-mu Kang1,3

1 UNU Institute for Water, Environment and Health (UNU-INWEH), Canada

2 Water Systems and Global Change, Wageningen University, The Netherlands

3 Gwangju Institute of Science and Technology (GIST), Republic of Korea

Weltwassertag: Niemanden zurücklassen

Der Weltwasserstag 2019 steht unter dem Motto "Leaving no one behind – water and sanitation for all" – "Niemand zurücklassen – Wasser und Sanitärversorgung für alle".