71’980 Personen fordern, dass sich die Bundesbehörden und die Kantone stärker für den Schutz der Opfer von Frauenhandel einsetzen. Wie eine Übersicht über die Kantone zeigt, ist dies dringend nötig: Während einige Kantone bei Verdacht auf Frauenhandel mit einer Fachstelle zusammen arbeiten, haben in anderen Kantonen die Betroffenen kaum Chancen,
geschützt zu werden. Die PetitionärInnen verlangen deshalb Standards für alle Kantone.

Opfer von Frauenhandel sind oft schwer traumatisiert und von den TäterInnen bedroht. Der Schutz der Opfer ist deshalb bei der Bekämpfung von Frauenhandel zentral. Bisher erhalten in der Schweiz aber nur wenige Betroffene Schutz und spezialisierte Begleitung.
Mit einer Petition fordern deshalb 71’980 Personen, dass Opfer von Frauenhandel das Recht auf einen sicheren Aufenthalt in der Schweiz haben müssen und dass in allen Kantonen ein gleich hoher Standard an Schutz und Unterstützung besteht. Die von der Trägerschaft der Kampagne «Euro 08 gegen Frauenhandel»* lancierte Petition mit dem Titel «Mehr Schutz für die Opfer von Frauenhandel» wurde heute, am 11. September 2008, nach sechs Monaten Sammelfrist den Bundesbehörden übergeben.
«Schutz darf keine Frage von Glück oder Pech sein, sondern ist ein Recht, das jedem Opferdieser schweren Menschenrechtsverletzung zusteht», betonte Stella Jegher, Geschäftsleitungsmitglied von Amnesty International Schweiz und Vorstandsmitglied der Kampagne «Euro 08 gegen Frauenhandel». Davon ist die Schweiz aber weit entfernt. Die an einer Medienkonferenz vorgestellte Übersicht über die Kantone zeigt, dass bei der Sensibilisierung zu Frauenhandel und beim Schutz von Opfern grosse Unterschiede bestehen. Ob eine von Frauenhandel betroffene Frau überhaupt als solche identifiziert und entsprechend geschützt wird, hängt heute vor allem davon ab, in welchem Kanton sie mit den Behörden in Kontakt kommt. Klar ist: Wo die Behörden mit der Fachstelle zu Frauenhandel und Frauenmigration FIZ zusammen arbeiten, konnten vermehrt Opfer identifiziert werden. Damit das Recht auf Schutz allen Opfern in der Schweiz garantiert werden kann, fordern die PetitionärInnen vom Bund die Schaffung von verbindlichen Standards für alle Kantone.
«In der Schweiz werden Opfer von Frauenhandel immer noch nicht genügend geschützt. Daher besteht grosser Handlungsbedarf betreffend Opferschutz – auch im Hinblick auf die Ratifizierung der Europaratskonvention zur Bekämpfung von Menschenhandel», hielt alt-National- und Europarätin Ruth-Gaby Vermot, Co-Präsidentin der Kampagne «Euro 08 gegen Frauenhandel», fest. Die Vertragsstaaten der Europaratskonvention verpflichten sich zum Beispiel, den Schutz der Betroffenen zu gewährleisten, auch wenn diese nicht zu einer Aussage bereit sind. Heute müssen aber Frauenhandelsopfer die Schweiz spätestens nach 30 Tagen verlassen, wenn sie – etwa aus Angst vor den Tätern – nicht im Strafverfahren aussagen. Auch der Sensibilisierung der zuständigen Behörden in allen Kantonen muss mehr Gewicht beigemessen werden, wie es die Konvention empfiehlt. Bisher bilden erst drei Kantone einzelne Behördenmitglieder zur Problematik des Menschenhandels weiter und setzen Fachleute ein.
«Der Vergleich der Schweizer Kantone lässt vermuten, dass die Praxis und der politische Wille in der Romandie, Opfer zu entdecken und sie zu unterstützen, ungenügend sind», hielt die Waadtländer Nationalrätin Josiane Aubert fest. Bisher wurden hier im Vergleich zu Deutschschweizer Kantonen erst wenige Opfer identifiziert. In der Westschweiz wären ebenfalls Kooperationsmechanismen gegen Menschenhandel, Weiterbildung der Behörden sowie eine spezialisierte Fachstelle, wie sie mit FIZ in der Deutschschweiz besteht, nötig. Zudem müssten Schutzmechanismen für betroffene Frauen bereit stehen, die nicht von ihrer Aussagebereitschaft abhängen und über ein allfälliges Strafverfahren hinausgehen.
* Die Kampagne «Euro 08 gegen Frauenhandel» ist ein Zusammenschluss von
Menschenrechts-, Frauen- und Männerorganisationen, Fachstellen und kirchlichen Verbänden. Während der Euro 08 hat sie ein grosses Publikum mit einem Spot zu Frauenhandel informiert.
www.stopp-frauenhandel.ch

Für weitere Auskünfte: Ruth-Gaby Vermot, Alt-National- und Europarätin
Co-Präsidentin der Kampagne «Euro 08 gegen Frauenhandel +41 (0)79 345 58 18;
Stella Jegher, Geschäftsleitungmitglied von Amnesty International, Schweizer Sektion, Vorstandsmitglied der Kampagne «Euro 08 gegen Frauenhandel» +41 (0)31 307 22 60
Bild: Manu Friederich