Basel, 14.05.2014, akte/ "Nur die Rufe der Nashornvögel durchbrechen die urzeitliche Stille", schreibt AP-Korrespondent Denis D. Gray über die unberührten Strände des Mergui Archipels, einem Netz aus rund 800 Inseln vor der Südwestküste Burmas. "Pythons lungern auf den knorrigen Wurzeln unheimlicher Mangrovenwälder. Nur ganz selten kann man jemanden vom Volk der Moken entdecken, die hier leben: zurückhaltende, friedliche See-Nomaden."

Einst galt der Mergui Archipel als "vergessene Welt", so Gray. Doch das ist jetzt Vergangenheit: Vier neue Tourismusprojekte sollen hier entstehen, gab ein Sprecher des verantwortlichen Staatsunternehmens bekannt, welches mit den Bauplänen betreut wurde. Die mit einem Startkapital von 50 Millionen US-Dollar im Jahr 2012 gegründete Myeik Public Corporation hat hier Grosses vor: Allein 10 Millionen US-Dollar sind für den Ausbau von vier Projekten in den nächsten vier Jahren veranschlagt. Bis 2018 sollen auf den menschenleeren Inseln Khuntee, Eastern Sula, Langan und Tanintharyi zahlreiche Hotels, Häuser, Golfplätze und Einkaufsmöglichkeiten entstehen, so Firmensprecher Kyaw Myo Paing.

Die Provinzregierung von Tanintharyi sowie weitere lokale Funktionäre müssten den Plänen allerdings noch zustimmen, so Paing weiter. "Unseren Informationen zufolge sind die Inseln sehr gut als Erholungsorte für Touristen geeignet. Sobald wir grünes Licht von der Regierung bekommen, beginnen wir mit dem Bau", sagt Paing und fügt hinzu, die Bebauungspläne würden der natürlichen Schönheit und dem natürlichen Gleichgewicht auf den Inseln keinen Abbruch tun. "Wir werden nicht alles gleichzeitig bebauen, der Bau wird Schritt für Schritt vonstatten gehen", sagt er und betont, die Korallenriffe als Hauptattraktion für Touristen würden selbstverständlich geschützt. Die Myeik Public Corporation sei zuversichtlich, die Regierung für ihre Pläne zu gewinnen.

Die auf über 16000 Quadratkilometern verstreuten Inseln sind die traditionelle Heimat der Moken, einer kleinen ethnischen Minderheit, von denen Gray schreibt, sie folgten einst abgeschnitten vom Rest der Welt in diesem Paradies aus natürlicher Vielfalt und jungfräulichen Sandstränden ihren alten Fischereimethoden. Doch die Folgen der Öffnung gingen nicht spurlos an ihnen vorüber. Schon jetzt gebe es immer weniger Moken, nur noch wenige würden sich mit den traditionellen Methoden auskennen, mit denen sie sich über Generationen hinweg ernährt hätten. Längst hätten die meisten das nomadische Leben aufgegeben und nur noch die Älteren unter ihnen wüssten, wie man ein traditionelles Hausboot, ein Kabang, herrichte. Früher hätten die Moken den Grossteil des Jahres auf solchen Booten verbracht. Nun aber hätten viele mit Alkoholismus und der immer grösser werdenden Konkurrenz durch andere Burmesen zu kämpfen. "Wir wollen nicht mit ihnen oder anderen Menschen zusammenleben", erzählt ein Fischer und Händler dem Journalisten Gray. "Wir wollen unter uns sein."

Bis 1996 war der Zugang zum Archipel für Fremde durch Militärbefehl verboten. Heute ist die politische Hürde aufgehoben, 2011 hat eine zivile Regierung die Geschäfte übernommen. Der grosse Andrang blieb jedoch bisher aus. Nur etwa 2000 Touristen kommen pro Jahr auf die rund 800 Inseln. So gab es in der grossen Region bisher lediglich zwei Resorts: den Andaman Club, ein vor allem von thailändischem Publikum frequentiertes Casino Resort im Besitz eines thailändischen Geschäftsmannes, und das in burmesischem Besitz befindliche Myanmar Andaman Resort.

Doch längst ist das Rennen um das beste Bauland eröffnet, ein Dutzend Lizenzen bereits erlassen, über weitere wird verhandelt. Auch der burmesische Tycoon Tay Za mischt mit. Auf Chin Kite Kyunn hat er bereits Landeplätze für Helikopter und Kleinflugzeuge bauen lassen, neun Bungalows werden derzeit hochgezogen. Die beauftragte Baufirma Zochwell Group aus Singapore bewirbt das Projekt auf ihrer Website als "das neue Phuket" und verhandelt über die Erlaubnis, einen Jachthafen, ein Casino, mehrere Hotels und einen Golfplatz zu bauen.

Aung Myat Kyaw, Vorsitzender der Union der Reiseverbände Myanmars und Berater des burmesischen Komitees für Tourismus-Marketing, sieht in solcherlei Infrastrukturprojekten die zentrale Voraussetzung für die touristische Erschliessung des Mergui Archipels. Momentan seien die meisten Besucher hochspezialisierte Taucher, erklärt er, die viel Geld bezahlten, um die unberührten Riffe zu besuchen. Die meisten kämen über Thailand, vom Strand in Phuket über die Grenzstädte Ranong und Kawthaung. Burmas Hotel- und Tourismusmanager fügt hinzu, dass die Inseln gezielt beworben würden, Umweltschutz und eine "Minimierung unethischer Praktiken" jedoch höchste Priorität habe.

Doch bisher gibt es keinen Masterplan für den Ausbau des Tourismus in der Region, noch kann jeder darauf zugreifen. Auch der Schutz des Lebensraumes der geschätzten 2000 Moken, die auf dem Archipel leben, ist nicht gewährleistet. Vieles hängt nun vom Verhalten der burmesischen Politiker und der Wirtschaftselite ab. Grassierende Korruption deutet auf wenig Hoffnung auf Nachhaltigkeit und sanfte Lösungen hin. Adrian Zdrada, Marketingleiter des Andaman Resorts, sieht im Gespräch mit Gray schwarz: "Die Regierung könnte nachhaltigen Tourismus schaffen, wie auf den Galapagos-Inseln", doch das sei ein Traum, der sich nie erfüllen werde. Sie werde so viele Inseln verkaufen und vermieten, wie sie könne – ein Thailand-Szenario: ein zweites Phuket.