Auf einer Mülldeponie am Rande der Hauptstadt Costa Ricas kämpfen Única und ihre Freunde ums Überleben. Die Bewohner der Müllhalde, die sogenannten ­»Taucher«, sind Gestrandete, von der Gesellschaft ausge­stossen, abgelegt und aussortiert. Inmitten von Ratten und Mäusen, Hunden und Geiern suchen sie Tag für Tag nach Essen und anderem Verwertbaren. Hier wird die Lehrerin Única zur Spezialistin des Verfalls und findet neben Schulbüchern, Seifenresten und fast leeren Parfum­flakons nicht zuletzt eine neue Familie. 

Am Rande von San José, der Hauptstadt Costa Ricas, lagert das schlechte Gewissen der Stadt. Auf einem Hügel befindet sich die Mülldeponie Río Azul. Sie hat sich mit der Zeit in ein albtraumhaftes Müllmeer verwandelt, an dessen Küste alles Mögliche angespült wird: Schulbücher, ungeliebte Weihnachtsgeschenke, nutzloser Tand, alte Männer, Pärchen, Mütter und Söhne. Die Gestrandeten, von der Gesellschaft Ausgestossenen, finden im precario, der informellen Siedlung auf der Müllhalde, ein neues Zuhause. Mit forschendem Blick und viel Fingerspitzengefühl durchwühlen die sogenannten »Taucher« – ähnlich wie die Catadores in Brasilien oder die Cartoneros in Argentinien – den Müll, der aus den reichen und armen Stadtvierteln Tag für Tag angeschwemmt wird. Manchmal entdecken sie dabei ein kleines persönliches Glück.

Fernando Contreras Castro gibt den Tauchern in diesem Buch ein Gesicht, indem er ihr karges Leben, ihre Solidargemeinschaft und ihr politisches Aufbegehren inmitten des Gestanks und der Fliegenschwärme in wunderbar poetischer Sprache einfängt. In Zeiten der wachsenden sozialen Ungleichheit, verbrauchter Ressourcen und lauter werdenden klimapolitischen Forderungen, ist dieser Roman eine wichtige Stimme.

Fernando Contreras Castro: Única blickt aufs Meer. Maro Verlag, 2017, 144 Seiten, Fr. 39.90. ISBN: 978-3-87512-492-7.