UNWTO: Climate Change and Tourism – Responding to Global Challenges
Zum Welt-Umwelttag am 5. Juni 2008 hat die UN-Welttourismusorganisation (UNWTO) einen umfangreichen Bericht zu Klimawandel und Tourismus herausgegeben. Unter dem Druck der neuesten Einsichten zum Klimawandel hat die UNWTO im Laufe des letzten Jahres das für die Tourismusindustrie brisante Thema aufgegriffen und im Herbst 2007 dazu eine hochkarätige Konferenz mit dem Weltwirtschaftsforum in Davos organisiert. Der jetzt publizierte Bericht enthält die Erklärung des Davoser Gipfeltreffens sowie die seither auf internationaler Ebene eingeleiteten Schritte zur Umsetzung der erklärten Absichten, vor allem aber die Synthese der vorbereitenden Abklärungen für Davos: Eine umfassende, von namhaften Wissenschaftlern aus kanadischen und europäischen Universitäten erarbeitete Grundlagenstudie über die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Tourismus und Klimawandel.
Besonders hervorzuheben sind sicher die ersten exakten wissenschaftlichen Erhebungen über den Ausstoss von Treibhausgasen, insbesondere CO2, der verschiedenen touristischen Aktivitäten, die neu Vergleiche ermöglichen und speziell auch den Anteil des Transports, insbesondere der Flugreisen, im Tourismus festhalten: So machte 2005 der Transport den Löwenanteil der CO2-Emissionen des weltweiten Tourismus aus, nämlich 75 Prozent, 40 Prozent sind allein dem Flugverkehr zuzuschreiben; 21 Prozent der CO2-Emissionen wurden durch Unterkunft und Verpflegung erzeugt.
Die Studie wartet zudem mit einem breiten Spektrum an Beispielen – meist die bereits bekannten „best practices“ – sowie neuen Vorschlägen und Empfehlungen für die Verminderung des Treibhausgasausstosses im Tourismus auf. Das macht den Bericht zur Pflichtlektüre für jeden Touristiker!
Der Tourismus trägt erwiesenermassen zum Klimawandel bei und sägt somit am eigenen Ast. Denn der Klimawandel gefährdet den Tourismus – das zeigen die Untersuchungen in aller Deutlichkeit. Mit schwerwiegenden Folgen, so warnen die Experten weiter, gerade für die Länder des Südens, die ja vom Klimawandel am Stärksten betroffen sind. Das wiederum bringt die UNWTO in Zugzwang, propagiert sie doch den Tourismus aufgrund seiner überdurchschnittlichen Wachstumsraten als Hoffnungsträger für alle Entwicklungsländer und hat sich mit dem Programm „Sustainable Tourism – Eliminating Poverty“ (STEP) explizit die Bekämpfung der weltweiten Armut mit dem Tourismus auf ihre Fahnen geschrieben. Die Strategien im Tourismus gegen Klimaerwärmung und weltweite Armut müssten verknüpft werden, betont UNWTO-Generalsekretär Francesco Frangialli bei jeder Gelegenheit. Recht hat er. Bloss wird aus seinen Ausführungen nicht klar, wie die UNWTO Tourismuswachstum und den forcierten Ausbau von neuen „nachhaltigen“ Tourismusstrukturen im Rahmen des STEP-Programmes effektiv mit den Massnahmen unter einen Hut zu bringen vermag, die heute dringend zur Vermeidung des Ausstosses von Treibhausgasen nötig sind. Generalsekretär Frangialli wird das Dilemma nicht mehr selber lösen müssen, hat er doch eben auf 2009 seinen Rücktritt nach 12 langen Amtsjahren angekündigt.
Zuvor jedoch – am Welttourismustag vom kommenden 27. September – gibt’s eine neue Gelegenheit zur Diskussion mit der UNWTO, richtet sie den Anlass doch zum Thema Klimawandel und Tourismus in Peru aus und will dabei vor allem Innovation und Public-Private-Partnership in den Mittelpunkt stellen. Zu hoffen ist, dass dafür gerade auch von Organisationen der Zivilgesellschaft die brisanten Zusammenhänge zwischen Klimawandel, weltweiter Armut, der aktuellen Nahrungsmittelkrise sowie der Krise der Finanzmärkte, die „dank“ der Knappheit neue Spekulationsbereiche entdeckt haben, transparent aufgedeckt werden. Und der Tourismus mit seinem absolut unverhältnismässigen Ressourcenverschleiss entsprechend in die Pflicht genommen wird.