Verschärfung der Lage in Burma: Kuoni zieht sich zurück, der Druck auf andere Unternehmen wächst
Anfangs Mai 2003 wurde bekannt, dass Kuoni, der sechstgrösste europäische Reisekonzern, Burma aus dem Programm nehmen wird. Die britische Burma Campaign hatte gemeinsam mit verschiedenen Menschenrechtsorganisationen das Reiseunternehmen zu diesem Schritt aufgefordert (vgl. akte-Kurznachrichten 1/2003). Gemäss Kuoni-Kommunikationschef Stephan Wehrle bedeute Burma in der gegenwärtigen Asien-Situation kein lukratives Geschäft. Deshalb lohne es sich auch nicht, gegen eine Organisation wie die Burma Campaign anzutreten. Ausserdem hätten grundsätzliche ethisch-moralische Bedenken gegenüber dem menschenrechtsverletzenden Regime in Burma die Kuoni-Leitung zu ihrem Entscheid bewogen, der in der Öffentlichkeit, von Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen begrüsst wurde.
Nur wenige Tage nach dem Entscheid von Kuoni lieferte der jüngste Schlag der burmesischen Militärjunta gegen die Demokratiebewegung solchen Bedenken neue Nahrung: Am 30. Mai wurde die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die mit weiteren Mitgliedern der Nationalen Demokratischen Liga (NDL) im Norden des Landes unterwegs war, von Soldaten, Polizei und speziell rekrutierten Schlägern brutal überfallen. Nach wie vor ist unklar, wie viele Menschen dabei verletzt und getötet worden sind. Aung San Suu Kyi und Hunderte von NDL-Mitgliedern wurden verhaftet. Gemäss Burma-Experten ist der Überfall als Durchgreifen der Hardliner der Militärjunta zu werten, denen die Popularität der Oppositionsführerin, die seit ihrer Freilassung vor einem Jahr auf ihren Reisen durchs Land von einer zunehmenden Zahl von Sympathisanten begrüsst und bejubelt wurde, schon länger ein Dorn im Auge. Damit sind die letzten Hoffnungen auf Dialog und politische Öffnung zunichte gemacht (vgl. akte-Kurznachrichten 2/2003). Der brutale Überfall hat weltweite Proteste und eine Verschärfung der Sanktionen gegenüber den burmesischen Militärs ausgelöst; sogar die Asean-Minister forderten die sofortige Freilassung von Aung San Suu Kyi.
Aufgrund des blutigen Anschlages gegen die Demokratiebewegung in Burma verstärken Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen ihren Druck auf Unternehmen, sich aus Burma zurückzuziehen. Der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) hat sein Verzeichnis der Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen nach Burma aktualisiert. Unter den 375 multinationalen Konzernen finden sich auch klingende Namen aus der Schweiz wie Nestlé, Diethelm & Co., Swatch Group etc. In der Schweiz ins Visier geraten ist der Agrokonzern Fenaco, der gemäss Untersuchungen der Erklärung von Bern (EvB) im vergangenen Jahr 30’000 Tonnen Bruchreis aus Burma importiert hat. Mit dieser Menge Bruchreis könnte der Bedarf an Kohlehydraten von einer halben Million Kleinkindern während einem Jahr gedeckt werden – nicht unbedeutend, wenn man weiss, dass gegenwärtig in Burma unzählige Kinder mangelernährt sind. Doch SVP-Präsident Ueli Maurer, VR-Vizepräsident der Fenaco, wollte für die Fernsehsendung Rundschau nicht Stellung nehmen. Ein schiefes Licht werfen auch Kleiderimporte aus Burma auf die Migros, die sich einem ethischen Wirtschaften verpflichtet hat. Ebenso führt die Migros-Tochter Hotelplan in seinem Asienkatalog fünf Seiten mit Reiseangeboten in Burma, was sich eher schlecht mit dem angekündigten Sozialengagement des Reiseunternehmens verträgt. Hotelplan befindet sich in „guter Gesellschaft“: Auch nach dem Rückzug von Kuoni bieten noch über 20 Schweizer Tour Operators Reisen nach Burma an. Die Burma Campaign führt mehr als 30 Tourismusunternehmen auf ihrer schwarzen Liste, darunter Diethelm Travel, der Agent für verschiedene Schweizer Reiseveranstalter. Immer stärker unter Druck gerät die österreichische Lauda Air/Austrian Airlines, die auf die kommende Saison ihre Flüge nach Burma ausbauen will. Die International Transport Federation (ITF) bemüht sich gemeinsam mit der ihr angeschlossenen österreichischen Gewerkschaft der Luftverkehrsbeschäftigten HTV, dem österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) und der Solidarity Alliance der Gewerkschaften bei der Star Alliance, an der Austrian Airlines als ein führender Partner beteiligt ist, das Unternehmen zur Einstellung der Flüge nach Burma zu bewegen. /plus
Quellen: Medienmitteilung EvB 26.6.2003 www.evb.ch; Rundschau SF DRS 25.6.2003; Brückenbauer 24.6.2003; ITF-News 24.6.2003; Basler Zeitung 24.6.2003; NCGUB-Global Action Campaign for Burma 19.6.2003; Internationaler Bund Freier Gewerkschaften 18.6.2003, www.global-unions.org/burma; SonntagsZeitung 8.6.2003; Appell des EDA 5.6.2003; www.irrawaddy.org – The Irrawaddy 4.6.2003; Basler Zeitung 3.6.2003; Travel Inside 16.5.2003; The Guardian 2.5.2003; Burma Campaign 30.4.2003 www.burmacampaign.org.uk