Basel, 20.01.2010, akte/ Noch vor fünfunddreissig Jahren standen den rund 5’000 Golfbegeisterten in Vietnam zwei Golfplätze zur Verfügung. Seither hat die Branche gewaltig zugelegt: Bis Ende 2008 wurde durchschnittlich ein neuer Golfplatz pro Woche bewilligt. Im Sommer 2008 verfügte Premierminister Nguyen Tan Dung ein Moratorium auf neue Bauten, bis die Situation evaluiert sei. Im Sommer 2009 wurden 50 Bewilligungen zurückgezogen. Damit kann aber die Realisierung der übrigen rund 90 Golfprojekte weitergehen, die bewilligt wurden.
Die Entwickler und die ausländischen Investoren machen geltend, Golfplätze würden helfen, Vietnam zu einer Touristendestination zu machen. Die meisten BesucherInnen werden aus anderen asiatischen Ländern erwartet, besonders aus Südkorea und Japan, wo die Golfplätze überlaufen sind.
Im Bemühen sich zu entwickeln hat Vietnam bereits viel Agrarland für Fabriken und andere Projekte geopfert. Gemäss Landwirtschaftsministerium ist die Landfläche für Reisanbau von 44’920 Quadratkilometern (13,5 Prozent der Gesamtfläche Vietnams) im Jahr 2000 auf 40’873 Quadratkilometer (12,3 Prozent der Gesamtfläche Vietnams) geschrumpft – also um eine Fläche der Grösse der Kantone Waadt und Jura zusammen genommen.
Viele der Golfprojekte scheinen mehr mit Kapitalismus als mit Sport zu tun zu haben: Die Steuern auf Golfplätze sind niedriger als solche auf andere Anlagen. So sind verschiedene der Golfanlagen verdeckte touristische Immobilienmärkte: Nur 65 Prozent des für Golfanlagen bewilligten Landes dient wirklich den Golfanlagen, erklärte Ton Gia Nuyen der Vietnam Land Science Association an einer Konferenz über Golfplätze im Mai letzten Jahres. Auf dem Rest des Landes seien Hotels, Resorts, Villas, "Ökotourismus-Gebiete", Parks und Freizeitanlagen geplant.
Den Preis für diese Entwicklung zahlen die Bauern. Ein einziger Golfplatz kann die Vertreibung von 3’000 Personen bedeuten, manchmal verschlingt der Platz ein ganzes Dorf. Nur wenige Betroffene finden auf den neuen Golfanlagen eine Anstellung. So berichtete Vietnam News Service von einer Golfanlage in Vinh Phuc Province, für die Tausende ihr Land verloren, wo aber nur 30 Einheimische angestellt wurden. Kompensiert werden die Bauern in der Regel mit zwei bis drei US-Dollar pro Quadratmeter, was etwa dem Preis eines Sacks Reis entspricht. Dabei sind die Landpreise in Vietnam im Steigen begriffen, weil immer mehr Investoren ihre Börsengewinne in Immobilien und Grundstücke investieren. So kaufte ein Investor Anfang letztes Jahr zwei Grundstücke zu 450 US Dollar pro Quadratmeter und verkaufte sie Mitte Jahr für 570 respektive 600 Dollar. Die Umwandlung von Agrarland in (touristische) Bauzonen ist ganz offensichtlich ein lohnendes Geschäft – auch wenn es auf dem Buckel der Bauern geschieht.
Nicht nur beim Land besteht ein Ressourcenkonflikt zwischen Golfliebhabern und der Ernährung der Bevölkerung. Die Golfanlagen führen auch zu einer Verknappung der Trinkwasservorräte. Ein 18-Loch Golfplatz in Vietnam braucht täglich 177’000 Kubikmeter Wasser – mit dieser Menge könnten 20’000 Haushalte versorgt werden.
Quelle: A Harvest of Golf Courses from Vietnam’s Farmland in: New Frontiers, Sept./Okt 2009, Land prices soar in Vietnam as property speculators seek big profits in: Property Wire, 12.07.2009, www.propertywire.com, Bild: Trivandrum Golf Club, Jipson/Kerala