Vietnam: Reisernte wegen Golfanlage vernichtet
In der nördlichen Provinz Ha Tay veranlasste der Gouverneur, den Wasserspiegel eines Staubeckens während zwölf Tagen um zweieinhalb Meter zu senken, um den nach schweren Regenfällen überfluteten Golfplatz des King’s Island Golf & Country Clubs zu retten. In der Folge zerstörten die Wassermassen 300 Hektaren Reisfelder und vernichteten die gesamte Ernte dieser Böden. Weitere Tausende Hektaren Land wären überschwemmt worden, hätte man die Aktion nicht vorzeitig abgebrochen. In Vietnam scheinen die Behörden fest entschlossen, den Ausbau enormer Golfanlagen um jeden Preis voranzutreiben. Sechs Grossprojekte ausländischer Investoren befinden sich zur Zeit im Bau und sorgen bereits jetzt für enorme Schäden an Umwelt und Menschen. Die staatliche Tourismusgesellschaft argumentiert, man brauche die Golfanlagen, um das Land für Ferienreisende, Geschäftsleute und Diplomaten attraktiv zu gestalten. Da nützen auch keine Proteste direkt Betroffener oder vietnamesischer WissenschaftlerInnen. Gegen das Thu Duc Projekt nahe von Ho Chi Minh Stadt hatten sogar das Forstministerium und lokale Regierungskomitees opponiert. Bei der 36‑Loch Golfanlage inklusive Fünfsternhotel und Vergnügungspark handelt es sich um das grösste der geplanten Projekte. Taiwanesische Anleger haben hier 49 Millionen US‑Dollar investiert. Die heftigen Proteste entstanden, nachdem bekannt wurde, dass die 305 Hektaren grosse Anlage ausgerechnet in den Lam Vien Park, ein Aufforstungsgebiet, zu liegen kommen sollte. Kurz nach dem Krieg war dieses Gebiet ausgewählt worden, um unfruchtbares Land in eine «grüne Lunge» der schnell wachsenden Metropole zu verwandeln. Aufgrund der zunehmenden Proteste wurden die Investoren verpflichtet, die bereits gefällten Bäume für rund 1,3 Millionen US‑Dollar wieder anzupflanzen. Obwohl das Projekt weiterhin umstritten bleibt, gab die Regierung grünes Licht, die Anlage fertigzustellen. Ohne öffentlichen Druck bleiben aber auch die grössten Umweltsünden folgenlos für die verantwortlichen Investoren. Im Fall eines zweiten taiwanesischen Projekts, des Paradise Golf Clubs an der Küste von Vung Tau, wurden kurzerhand 234 Hektaren Kiefernwald abgeholzt und ein beliebter Picknickplatz und Ausflugsort der einheimischen Bevölkerung zerstört. Zu spät realisierten die Erbauer der projektierten 27‑Loch Golfanlage samt Vergnügungspark, dass der Küstenstreifen ohne Wald zu windig zum Golfspielen ist. Das ganze Projekt wurde abgeblasen und die der Bodenerosion preisgegebene Landschaft sich selber überlassen. Insgesamt wurden in Vietnam bisher über 800 Hektaren Land für Golfanlagen ausgezont. Vielfach an absolut ungünstiger Lage, wie das Beispiel des überschwemmten Golfplatzes im Norden Vietnams zeigt. Das 22 Millionen US‑Dollar Projekt liegt 45 Kilometer westlich von Hanoi am Ende eines Sees, der zum Dong Mo Staubecken gehört. Dieses regelt die Bewässerung von 6500 Hektaren Reisfelder in der Gegend. Der Wasserstand variiert sehr stark je nach Jahreszeit und Intensität der Niederschläge. Bereits in der ersten Bauphase verzögerten schwere Regenfälle die Konstruktion etlicher Golfbahnen. Als im vergangenen Jahr der gesamte Golfplatz während mehrerer Wochen unter Wasser stand, gelangten die Betreiber der Anlage an den zuständigen Gouverneur mit der Bitte, den Wasserspiegel des Staubeckens zur Rettung des Golfplatzes zu senken. Mit dieser Aktion wurde die Reisernte einer ganzen Region aufs Spiel gesetzt! Die Besitzer des King’s Island G« & Country Clubs fassen nun ins Auge, das ganze Gelände um einige Meter anzuheben. Dabei geniessen sie gemäss eigener Angaben die volle Unterstützung der Regierungsbehörden, da es sich um die bisher einzige touristische Anlage im Norden Vietnams handelt.
The Nation 10.2.95; MANAGER oct.94‑ Far Eastern Economic Review 14.10.93/kg