Die glücklichen Tage von einst, als endlose Wellen von TouristInnen mit den Taschen voller Geld in Vietnam ankamen, sind vorbei: Ausländische TouristInnen kamen, sahen und kamen nicht wieder. Der Tourismus in Vietnam könnte Jahre brauchen, um sich zu erholen, sagen BeobachterInnen.
Letzten November bereitete sich das neue Sheraton-Hotel mit 299 Zimmern darauf vor, die ersten Gäste zu empfangen. 300 Personen wurden angestellt, und die Küche bereitete unter dem wachsamen Auge des Direktors Testmahlzeiten zu. Jetzt, etwa ein halbes Jahr später sind die Angestellten verschwunden, das Telefon ist abgestellt und das 18stöckige Gebäude steht leer. «Das Geld ist ihnen ausgegangen», sagte ein Taxifahrer vor den verschlossenen Toren des Hotels. Schon bevor es ganz fertiggestellt oder gar besetzt war, wurde das Hanoi Sheraton zum Kauf angeboten, wie auch andere Hotels in Malaysia und Südafrika, die der Faber Gruppe gehören, welche ihrerseits Teil des Renong Konglomerats ist.
In der Zwischenzeit wird auf einem angrenzenden Grundstück in Hanoi fleissig am Lien Westlake-Hotel, einem Gebäude mit 400 Zimmern, gearbeitet. Dahinter stehen Sonnie Lien, ein Investor aus Singapur, und die malaiische Pernas Holding. Laut dem Generaldirektor ist das Gebäude zu etwa 80 bis 85 Prozent fertiggestellt, aber es gebe keinen festen Eröffnungstermin: «Angesichts der ökonomischen Krise in Asien und dem Geschäftsklima hier in Vietnam haben wir definitiv nicht vor, dieses Jahr zu eröffnen.»
Andere asiatische InvestorInnen stehen ebenfalls unter Druck. Daewoo in Korea steht vor einer Umstrukturierung, was Fragen über die Aufrechterhaltung ihrer Investitionen in ihrem Hanoier Hotel und in einem umstrittenen Golfplatzprojekt ausserhalb der vietnamesischen Hauptstadt aufwirft. Ähnliche Fragen stellen sich zur indonesischen Ciputra und PT Metropolitan Gruppe, beides Investoren des Horison Hotels, einem 58 Millionen Dollar-Gebäude, das letzten November eröffnete, und über das noch nicht fertiggestellte 70 Millionen Dollar teure Centre Hotel in der Innenstadt Hanois, das von der thailändischen SAS Trading Company gebaut wird. Viele weitere Beispiele könnten hier noch aufgeführt werden.
In den letzten Monaten wurde der vietnamesische Hotelsektor zu einem Monument für die überrissenen Ambitionen von Investoren, die in den 90er Jahren ins Land kamen. Die regionale Wirtschaftskrise hat – bei einem überproportionierten Hotelangebot – einen starken Rückgang der Besucherzahlen von etwa 10 Prozent verursacht. Tausende von japanischen und südkoreanischen TouristInnen bleiben von Vietnam und andern Ländern der Region fern. «Wir vermissen die TouristInnen aus Japan und Korea», beklagt sich Fritz Schenkel, ein wichtiger Hotelier in Hanoi, über die schlechten Zeiten.

new frontiers, Juli/Aug.1998/js