Vietnam: Schweizer Firma plant ein Grossprojekt in Phu Quoc
Basel, 22.05.2008, akte/ Die Nachfrage nach neuen Anwesen, die Anreizpolitik der Regierung und die Schönheiten der Natur in Vietnam locken die ausländische Tourismusindustrie nach Vietnam. Gemäss Phan Huu Thang, dem nationalen Planungsminister und Leiter des Büros für ausländische Investitionen, soll der Tourismus mit Hilfe insbesondere ausländischen Kapitals zu einer Schlüsselindustrie ausgebaut werden. Dafür stellt die Regierung eine ganze Reihe von Anreizen für Land, Steuerbefreiung, Erschliessung und Kredite in Aussicht. Und natürlich Sondertourismuszonen, in denen die Förderung der Investoren oberstes Gebot ist. Das ist internationalen Investoren immer noch zu wenig: Marc Townsend, der CEO der US Grundstücks-Beratungsfirma CB Richard Ellis, findet, die Landpreise seien zu stark gestiegen und sollten gesenkt werden. Ausserdem seien die Verfahren für den Erhalt der Landrechte und die Flurbereinigung zu langwierig. Andere Investoren beklagen die mangelhafte Infrastruktur und die komplizierte Verwaltung. Im Moment stecken etwa zehn Prozent aller ausländischen Investitionen in Vietnam in Hotels, Resorts und Freizeitanlagen. Im ersten Quartal dieses Jahres ist, gemäss Thang, ein starker Zuwachs zu verzeichnen.
Neue „Perle Asiens“ à la Phuket?
Zum Beispiel auf der südlichen Insel Phu Quoc, etwa eine Flugstunde von Ho Chi Minh-City entfernt. Die Regierung hat die 567 Quadratkilometer grosse Insel mit der rund 150 Kilometer langen unberührten Sandküste zur Sondertourismuszone erklärt, auf der „Ökotourismusprojekte“ verwirklicht werden sollen. Bis in 12 Jahren soll aus Phu Quoc eine Weltklasse-Tourismusdestination für jährlich drei Millionen Ferienreisende entstehen. Dazu bietet die Schweizer Treuhandfirma „Swiss Group’s Pearl of Asia Development Corporation“ Hand. Die „Trustee Suisse“ ist nach eigener Beschreibung eine junge, dynamische Unternehmensgruppe, die für aussergewöhnlich vermögende, international aufgestellte Privatpersonen Lösungen erarbeitet. Der Fokus liege dabei „in der rechtlichen und steuerlichen Strukturierung“ der Angelegenheit ihrer Kunden – sprich der Minimierung der Steuern. Dafür verfüge die Gruppe über Büros in renommierten On– und Offshore Jurisdiktionen (zum Beispiel in der Republik Panama) und plane bzw. realisiere Grossprojekte mit Schwerpunkten in Vietnam und Nordafrika.“ Trustee Suisse" kündigte am 17. April in einer Medienmitteilung an, sie werde mit einem Investitionsvolumen von neun Milliarden US Dollar auf der Insel Phu Quoc eine 3200 Hektaren grosse „Pearl of Asia“-Ferienanlage erstellen. In einer ersten Phase würden 275 Hektar als Luxusferien und Freizeitgebiet realisiert, mit Erstklasshotels, Luxusvillen, Sportanlagen, einem Casinobereich, einer modernen Meeresanlage für Sport und Grossyachten, einer Kunsthalle für Konzerte, Opern, Ballett, Musicals, Filmverleihungszeremonien und anderem. Zielmarkt sind Superreiche, Promis, Schlüsselfiguren der Politik und Wirtschaft. Sie sollen dort „auf ganze besondere Weise Spass und Geschäft miteinander verbinden können“. Und ausserdem: „Das Projekt wird neue Standards ökologischer Verantwortlichkeit setzen.“ Die Schweiz belegt auf der Liste der 80 Länder, die in Vietnam investiert haben, mit einem Volumen von über 744 Millionen US$ den Platz fünf. Und es soll noch besser kommen. Das Land gilt bei verschiedenen führenden Schweizer Unternehmen als interessantes Umfeld für Investitionen. Präsent sind bereits Nestlé, Novartis, IT-Dienstleister Elca und SwissRe, die Credit Suisse plant ebenfalls Operationen.
Die Regierung investiert
Im Grundsatz hat die Regierung dem Bau von Casinos bereits zugestimmt. Um die Insel für den internationalen Tourismus tauglich zu machen, lassen die nationale Regierung und die Regierung der Provinz Kien Giang bauen, was das Zeug hält: Zu 80% ist die Flurbereinigung für den neuen internationalen Flughafen in Duong To vorgenommen, im September beginnen die Bauarbeiten, in drei Jahren ist die Eröffnung geplant. Bis dahin soll die Frequenz der Touristenboote vom Festland zur Insel gesteigert werden. Ausserdem will die Regierung gemeinsam mit einer Fluggesellschaft einen Flugdienst vom Festland auf die Insel einrichten. Neue Strassen sollen Norden und Süden verbinden und die Insel umfahrbar machen. Eine Stromleitung von 53 Kilometern soll von der Stadt Rach Gia auf dem Festland zur Insel hinübergezogen werden. Dan Cong Huan, der Leiter des Provinzdepartements für Planung und Investment, kündigte an, dass die detaillierten Nutzungspläne im Massstab 1/5’000 für Truong Beach, Sao Beach und Kehm Beach zur Hälfte gemacht seien und im September veröffentlicht würden. Um ein Landnutzungsschema zu erstellen, holte die Provinzregierung internationale Experten ins Land: Ziel war, aus den verschiedenen bereits bewilligten Projekten lokaler Geldgeberund neuen Projekten ausländischer Investoren einen umfassenden Nutzungsplan zu erstellen, der für staatliche Agenturen wie für die Investoren als Leitlinien für künftige Investitionen gelten solle, damit Projekte „in guter Eintracht“ verwirklich werden können.
Mutiger Protest
Die Eintracht ist keineswegs gegeben. Bereits haben Beamte von Phu Quoc gegen die Pläne der Provinzverwaltung protestiert, dem „Ökotourismus“ 8’700 Hektaren Wald zu opfern. Etwa 70 Prozent der 567 Quadratkilometer grossen Insel sind mit Regenwald bedeckt, der von verschiedenen Flüssen durchzogen ist. Der Plan, bis in zwei Jahren etwa einen Viertel der Waldgebiete Tourismusunternehmen zu überlassen, stösst auf heftigen Widerstand. Pham Phu Hai, der frühere Vizechef der Kommunistischen Partei des Bezirks Phu Quoc, versteht nicht, warum die Provinzbehörde ein so riesiges Projekt nicht vor der Zusammenarbeit mit Investoren
den Behörden von Phu Quoc ankündigte. Seiner Meinung nach stiege mit den touristischen Anlagen die Gefahr von Waldbränden, Entwaldung und Verschmutzung. Bezirksinspektor Pham Thi Kim Dung macht ausserdem darauf aufmerksam, dass die Verpachtung der Wälder für den Tourismus dem Regierungsplan mit Laufzeit bis 2010 für die Entwicklung der Insel zuwiderlaufe. Dieser Plan sieht die Vergrösserung des Waldes um 6’500-7’000 Hektaren auf eine Totalfläche von 38’000-39’000 Hektar vor. „Während die Wälder sich ausdehnen sollten, würden 400 Hektaren für den Tourismus vorgesehen“, meinte Dung: „Das ist eine Verletzung des Regierungsauftrags.“ Andere Beamte waren dafür, das Projekt ganz fallen zu lassen.
Die Kritik der Beamten ist sehr mutig. Im Einparteienstaat Vietnam werden RegierungskritikerInnen rigoros verfolgt. Stimmen aus der vom Megaprojekt betroffenen Bevölkerung, die nach den „Flurbereinigungen“ wohl eine neue Bleibe suchen müssen, sind keine zu hören. Fraglich, ob sie über all die Pläne überhaupt informiert worden sind. Fraglich auch, wie nachhaltig die touristische Verbauung der Küste angesichts der klimabedingten Küstenerosion ist. Jüngst machte eine Weltbankstudie darauf aufmerksam, dass Vietnam mit seinen 1’800 Meilen Küsten zu den fünf am meisten von der Klimaerwärmung betroffenen Ländern gehört.
Quellen: Vietnam Net 11.05.2008 ; www.thanhniennews.com, World Politics Review 22.04.2008 in: new frontiers Vol.14,No.2, März-April 2008 ; www.duchomebiz.com 23.04.2008 ; 22.04.2008 ; Vietnam Business Forum, 21.04.2008; http://vibforum.vcci.com.vn; www.ts–holdings.com; www.vietnamtourism.gov.vn 12.06.2006 ;