«Visit Myanmar Year ’96»: Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verurteilt Tourismuspolitik
«Machen Sie 1996 zum Jahr des Nicht‑Besuchs von Burma! » Mit diesen dezidierten Worten wendet sich die burmesische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyl Ende März in einem Interview mit dem britischen Independent an die internationale Gemeinschaft ‑ einen Aufruf, den sie seit Januar verschiedentlich gegenüber westlichen Medienschaffenden wiederholt hat. Tourismus soll den Anschein vermitteln, Burma sei ein stabiles, blühendes Land. Unsummen von Geld werden zur Zeit in die Tourismusindustrie gepumpt, während hinter der touristischen Fassade alles beim alten bleibt und keine Schulen oder Spitäler gebaut werden, begründet Aung San Suu Kyi ihre Stellungnahme. Die meisten Materialien für Hotelbau und ‑betrieb werden importiert; einige Baufirmen bringen sogar ihre eigenen Arbeitskräfte mit. Am Tourismus verdienen vorab die ausländischen Lieferbetriebe sowie eine kleine privilegierte Gruppe von Menschen in Burma selbst. Entgegen jeglicher Vorstellung von Demokratie tragen die Wirtschaftsmassnahmen der regierenden Junta vornehmlich dazu bei, die Kluft zwischen arm und reich zu vertiefen. Die Politik der Militärmachthaber zu unterstützen, sei falsch, erklärt die Bürgerrechtskämpferin in erster Linie an die Adresse der ASEAN-Staaten, die sich im «konstruktiven Engagement» der Zusammenarbeit mit der Junta in Rangoon verschrieben haben. Gefordert sei vielmehr eine harte Haltung der internationalen Gemeinschaft, um der UNO‑Resolution zur sofortigen Wiederherstellung der Demokratie in Burma Achtung zu verschaffen. Anknüpfend an ihre früheren Aufrufe zur Zurückhaltung an ausländische Investoren, fordert sie nun auch Reisende auf, Burma jetzt nicht zu besuchen.
The Independent 24.3.96, New Frontiers March 96; NZZ 1.3.96; GEOSAISON 3/1996; The Irrawaddy 15.2.95; The Nation 31.1.96/cp