Am 03. Mai 2011 tagte die Lufthansa-Hauptversammlung im ICC Berlin. Im Rahmen des Netzwerks für Unternehmensverantwortung CorA und im Auftrag des Dachverbandes der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre trug Sabine Minninger, Beraterin von EED Tourism Watch für Klimawandel und Katastrophenvorsorge, die Anliegen dieses zivilgesellschafltichen Bündnisses vor. Im Fokus standen dabei Massnahmen zum Klimaschutz der Lufthansa AG, Deutschlands grösster Airline. Besonders kritisch beurteilen EED Tourism Watch und die Kritischen Aktionäre und Aktionärinnen das schlechte Abschneiden der Airline beim "Atmosfair Airline Index", die Forcierung auf Agrotreibstoffe, sowie die unzureichende Sensibilisierung von Reisenden über die Klimawirkung von Flugreisen.
Die Lufthansa AG habe bis dato zu wenig unternommen, um ein nachhaltiges Luftfahrtunternehmen zu werden und betreibe aktives Greenwashing, lautet das Fazit.

Schlechtes Abschneiden beim Atmosfair Airline Index
Dass die Fluggesellschaft bisher keine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernommen hat, belegt der von der renommierten Klimaschutzorganisation Atmosfair veröffentlichte internationale "Atmosfair Airline Index". Hier erreicht der Kranich in Puncto CO2 pro Kilometer im Vergleich mit den 100 grössten Fluggesellschaften der Welt nur Platz 52. Auf die Frage, welche Massnahmen die Airline zum Klimaschutz zu ergreifen gedenke, um ihre Klimabilanz zu verbessern, wiegelt der  Vorstandsvorsitzende  der Lufthansa AG, Christoph Franz nur ab. Atmosfair wäre nur eine von vielen Klimaschutzorganisationen, dem Ranking müsse man nicht viel Bedeutung zumessen, da der Index Äpfel mit Birnen vergleiche. Eine inhaltlich relevante und wegweisende Antwort zu den Klimaschutzmassnahmen der Lufthansa blieb Franz den Teilnehmenden  der Hauptversammlung allerdings schuldig.

Agrotreibstoffe gefährden das Menschenrecht auf Nahrung
Ebenso konnte er die Besorgnis zum Einsatz von Agrotreibstoffen bei der Lufthansa nicht teilen. Umwelt- und Entwicklungsverbände kritisieren das Pilotprojekt der Lufthansa mit dem finnischen Mineralölkonzern Neste Oil zum Anbau und Einsatz von Palmöl bzw. Jatropha. Bei hohem kommerziellen Bedarf besteht die Gefahr, die Lebensmittelproduktion zu verdrängen und fundamental die Menschenrechte zu verletzen. Auch die Zertifizierung von Agrokraftstoffen, löst dieses Problem leider nicht,  wie  renommierte Umwelt- und Entwicklungsverbände bestätigen.
Statt sich dieser Frage zu stellen, bedauert Franz, dass der uneingeschränkte Zugang zu Agrokraftstoffen bisher nicht gegeben sei und mahnt, dass man endlich anfangen solle, auf hohem industriellem Niveau Agrokraftstoffe anzubauen. Menschenrechtsverletzungen seien ausgeschlossen, da man nur Agrokraftstoffe verwenden würde, die nachhaltig zertifiziert seien.

Fehlende Sensibilisierung über die Klimabilanz des Fliegens
Das letzte Anliegen an den Vorstandsvorsitzenden wäre am einfachsten und schnellsten umzusetzen: EED Tourism Watch fordert seit einigen Jahren von der Lufthansa AG, Klimaverantwortung zu übernehmen, indem sie gegenüber ihren Kunden die vollständige Klimawahrheit kommuniziert und somit zur Klimasensibilisierung ihrer Flugkunden beiträgt.
Die Lufthansa beschränkt sich bei der Ausweisung der Klimawirksamkeit einer Flugreise, lediglich auf die Angabe von CO2. Dies entspricht aber nur einem Teil der Emissionen. Ein großer Teil der gesamten klimawirksamen Effekte wird vernachlässigt, obwohl wissenschaftlich unbestritten ist, dass die Luftfahrt neben ihrem CO2-Ausstoss erhebliche weitere klimaschädigende Folgen hat.
Franz setzt hier offenbar auf Verzögerungstaktik, ignoriert wissenschaftliche Standards und hält selbst entsprechende Studien von NASA oder dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt noch für zu vage. Obwohl es hier nur um eine freiwillige Massnahme im Rahmen von Klimakompensationsmöglichkeiten für Flugreisende geht, wird sich die Lufthansa auch zukünftig nur auf den Ausweis des CO2-Ausstosses einer Flugreise beschränken.

In Sachen Klimaschutz kaum wettbewerbsfähig
Der Vorstandsvorsitzende hat mit seinen Antworten bestätigt, dass die Lufthansa im internationalen Wettbewerb in Sachen Klimaschutz derzeit kaum wettbewerbsfähig ist und auch nicht vorhat, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz zu übernehmen. Ein Problembewusstsein scheint nicht ausgeprägt zu sein. Im Gegenteil, es ist eher zu befürchten, dass die vermeintlichen Klimaschutzmassnahmen der Lufthansa AG, nämlich der industrielle Einsatz von Agrokraftstoffen, zu weiteren Umweltproblemen und Menschenrechtsverletzungen weltweit führen wird. Zumindest einzelne kritische Stimmen unter den Aktionären deuten darauf hin, dass dieses kaum zukunftsfähige "Weiter wie bisher" als ein ernstzunehmendes Nachhaltigkeitsproblem des Konzerns gesehen wird.
Rede auf der Hauptversammlung der Deutschen Lufthansa AG
Beitrag zum Atmosfair-Airline Index bei ZDF-Umwelt
Dieser Beitrag erschien am 17.05.2011 auf www.tourism-watch.de. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.