Mit der Umstellung auf Biolandbau wollen Bauernfamilien auf der Insel Gozo (Malta) neue Wege beschreiten. Nun droht ein Golfplatzprojekt, das internationale TouristInnen anziehen soll, die rund 150 Bauernfamilien von dem seit Generationen bebauten Land zu vertreiben. Doch die Umwandlung von fruchtbarem Landwirtschaftsland in einen Golfplatz widerspreche dem geltenden Planungsrecht Maltas und dem Fünften Umwelt-Aktionsprogramm für Nachhaltige Entwicklung der Europäischen Union, sagen die Bauern und setzen sich gemeinsam mit Umweltorganisationen zur Wehr. Fruchtbares Landwirtschaftsland ist ein beschränktes Gut auf dem Inselstaat Malta. Der seit 1991 geltende Strukturplan erlaubt die Einrichtung von Golfplätzen denn auch nur in Gebieten, wo sie ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt und ohne Verlust von Landwirtschaftsland realisiert werden können. Die geplante 18-Loch-Golfanlage soll auf 77 Hektaren fruchtbarem Landwirtschaftsland nahe der historischen Städte Rabat und Mdina entstehen. Damit sind grosse ökologische und soziale Schäden verbunden, befürchtet Julian Menduca von der maltesischen Umweltorganisation „Moviment ghall-Ambjent“ (Friends of the Earth Malta). Der exzessive Verbrauch von Wasser und Pflanzenschutzmitteln habe zur Folge, dass sich die Qualität des Boden verschlechtere und das Grundwasser absinke und verschmutzt werde. Auch die Bodenerosion nehme zu und die historische Kulturlandschaft von Rabat verarme, weil das terrassierte Gelände für den Golfsport planiert werden soll. Wird der Golfplatzprojekt gebaut, geht nicht nur der Erholungsraum der ansässigen Bevölkerung verloren. Ganze 150 Bauernfamilien würden vertrieben und ihre Lebensgrundlage und Lebensweise zerstört. Denn Grundeigentümer sind die Bauern nicht. Sie verfügen lediglich über Nutzungsrechte an diesem Land, das sich im Staatsbesitz befindet.
Hinter dem Golfplatzprojekt stehen die maltesische AX Holdings und die Intercontinental Hotels and Resorts. Angelo Xuereb von AX Holdings ist kein Unbekannter auf Malta. Der Bauunternehmer, Hotelbesitzer und Bürgermeister habe bereits mehrmals ohne Baubewilligung gebaut, erklärt Menduca. Auch sei er vor Gericht verurteilt worden, weil er dem Staat die Kaufsumme für das nebem dem Golfplatzprojekt befindliche Fünf-Stern-Hotel Verdala schuldig geblieben sei. Das seit 1994 hängige Gesuch für eine 9-Loch-Anlage an selber Stelle hat die AX Holdings 1998 durch ein neues Gesuch für eine 18-Loch-Anlage ersetzt, denn um rentabel zu sein, müsse sich der Platz für Wettspiele der internationalen Profis eignen. Unter dem Vorwand, der Staat würde sie ansonsten enteignen, ist es der AX Holdings inzwischen gelungen, 49 Bauern zum Verkauf ihrer Nutzungsrechte zu bewegen für den Fall, dass die Regierung das Projekt bewilligt. Viele Bauern haben diesen Schritt inzwischen bereut, sagt Julian Menduca. Doch glücklicherweise seien die ersten Verträge bereits im Dezember verfallen. Bis heute haben 114 Bauern ein Protestschreiben unterschrieben; viele haben sich in der „Cooperative for Progressive Farmers“ organisiert. Zusammen mit Umweltorganisationen aus dem In- und Ausland, mit der Grünen Partei und weiteren Engagierten in Malta setzen sie sich gegen das geplante Projekt zur Wehr. Dabei nützen sie den Umstand, dass sich Malta um eine Mitgliedschaft in der EU bewirbt und dafür einem Prüfungsprozess unterzogen wird. Mit dem Argument, dass die Umwandlung von gutem Landwirtschaftsland in einen Golfplatz dem Fünften Umweltaktionsprogramm für Nachhaltige Entwicklung der EU und dem maltesischen Planungsrecht widerspreche, versuchen sie via EU Druck auf die heimische Regierung auszuüben. Denn die Bauern wollen das Land biologisch bewirtschaften und ihr Einkommen allenfalls durch angepasste Agrotourismus-Projekte ergänzen.
Die Bauern werden in ihrer Argumentation weitgehend durch das Direktorium der Planungsbehörde unterstützt, welches das Gesuch der AX Holdings zur Ablehnung empfahl. Am 30. September 1999 beschloss die Regierung jedoch, zuerst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Der Entscheid des Ausschusses der Planungsbehörde, deren Mitglieder von der Regierung ernannt werden, wird in sechs Monaten erwartet. Gegenüber „Moviment ghall-Ambjent“ liess der Umweltminister Francis Zammit Dimech verlauten, dass der Ausschuss dem Projekt auf jeden Fall zustimmen werde. Auch der Premierminister Eddie Fenech Adami äusserte gegenüber den Medien, dass er keine Einwände gegen das Projekt sehe und die Wasserversorgung durch die staatliche Wasserwerke gesichert sei. Die maltesische Regierung hofft, mit der Golfanlage ausländische GolftouristInnen und ausländische Investitionen anzuziehen. Aufgrund der Konkurrenz mit billigeren Zielgebieten ist die Malta Tourism Authority (MTA) bemüht, Malta als Qualitätsdestination neu zu positionieren und mit einem vielfältigeren Angebot ein breites Spektrum an TouristInnen anzusprechen. Ende November 1999 stellte Tourismusminister Michael Refalo ein spezielles Massnahmenpaket vor, das unter anderem Sport und Kultur als Touristenattraktion fördern will. Der geplante Golfplatz bei Rabat ist dabei eines der Projekte, mit dem Malta eine neue Art von TouristInnen anziehen will. Dem hält Julian Menduca entgegen, dass in der Kontroverse nie angeführt worden sei, dass der seit 1888 bestehende Royal Malta Golf Club diese Nachfrage nicht decken könne. /frei

Quellen: Daily News in English 28.9., 30.9., 8.10., 11.10. und 16.10.1999 ; The Malta Business Weekly 2.-8.9. und 25.11.-1.12.1999; The Malta Independent 7.11.; http:// royalgolf.net./menu.stm; Informationen von Julian Menduca, „Moviment ghall-Ambjent“.