Von Frauen für Frauen: Sicherheit auf Reisen und am Arbeitsplatz
Die Tourismusbranche hat das Potenzial alleinreisender Frauen erkannt und spezialisiert sich zunehmend auf deren Bedürfnisse und Ansprüche. So gewinnen Frauenunterkünfte und Hotels mit ausgewiesenen Frauen-Etagen an Beliebtheit. Auch Reiseveranstalter richten ihr Angebot immer mehr auf individuell reisende Frauen aus. Die Angebotsvielfalt reicht von Bildungs- und Kulturreisen über Aktiv- und Kreativangebote bis hin zu Entspannungsurlaub. Wachsende Nachfrage verzeichnen auch die Veranstalter nachhaltiger Frauenreisen. Dem Anspruch, einen Urlaub von Frauen für Frauen anzubieten, werden sie dabei nicht nur durch weibliche Reiseleitungen und frauengeführte Unterkünfte gerecht. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf die Begegnung mit Frauen in den jeweiligen Ländern gelegt, indem beispielsweise Frauenselbsthilfeprojekte besucht oder lokale Frauenunternehmen in das Reiseprogramm eingebunden werden.
Für Frauen, die sich individuell auf Reisen begeben, bleiben sichere Angebote rar. So liegt es vorwiegend in ihrer eigenen Hand, Risiken abzuwägen und vorausschauend zu agieren. Einsame Orte zu meiden, im Dunkeln nicht mehr alleine auf die Strasse zu gehen, auf lizenzierte Taxis zurückzugreifen oder auf die Wahl der Kleidung zu achten sind wesentliche Punkte, mit denen sich Frauen auch schon vor ihrer Reise beschäftigen sollten. Dabei hilft ein breites Angebot an Reiseführern für Frauen und Online-Portalen erfahrener alleinreisender Frauen, die auch länderspezifische Tipps anbieten.
Mehr Sicherheit auf beiden Seiten
Doch sollte es auch in den Destinationen ein Anliegen sein, sicherere Angebote für reisende und einheimische Frauen auszubauen. Vielerorts bewähren sich touristische Dienstleistungen „von Frauen für Frauen“. Zum gegenseitigen Vorteil, denn so erhöht sich das Sicherheitsempfinden auf beiden Seiten – beim Reisen wie auch am Arbeitsplatz. Ob Taxiunternehmen, Unterkünfte oder Reiseveranstalter, das Angebot bleibt bisher meist auf westliche Länder beschränkt. Nach wie vor wird Frauen in vielen Ländern der Zugang zu Beschäftigungsmöglichkeiten mit höherem Qualifizierungsbedarf im Tourismus verwehrt. Doch auch in einigen Entwicklungs- und Schwellenländern gibt es (Frauen-)initiativen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit, Ausbildungsmöglichkeiten und weibliches Unternehmertum im Tourismus stark machen.
„3 Sisters Adventure Trekking“ in Nepal
Das von drei nepalesischen Schwestern im Jahr 1998 gegründete Frauenunternehmen „3 Sisters Adventure Trekking“ in Pokhara bietet Trekking- und Wanderangebote für Touristinnen an, die von nepalesischen Reiseleiterinnen und weiblichen Sherpas durchgeführt werden. Mit der Schwesterorganisation „Empowering Women of Nepal“ werden zudem Frauen und Mädchen ab 16 Jahren als Berg- und Wanderführerinnen ausgebildet. Durch diese lokale Fraueninitiative konnten bereits über 2.000 Nepalesinnen im Berg- und Wandertourismus einen Einstieg finden.
She-Taxis in Indien
In Indien hat das Sozialunternehmen „Kabani Community Tourism & Services“in Kozhikode, Kerala, ein neues Reiseprogramm von Frauen für Frauen ins Leben gerufen. Um eine nachhaltige, partizipative Dorfentwicklung durch Tourismus zu fördern, unterstützt Kabani von Frauen geführte Homestays und bildet Frauen aus den beteiligten Dörfern als Fremdenführerinnen aus. Eine Besonderheit im Reiseprogramm ist eine Tagestour mit Jifriya, einer der ersten Rikscha-Fahrerinnen Indiens.
Nachdem die Massenvergewaltigung einer Studentin in Delhi 2012 auch international Schlagzeilen gemacht hat, gewinnen Frauentaxis und -rikschas in Indien immer mehr an Bedeutung. Dem 2013 erfolgreich etablierten Konzept der She-Taxis in Kerala, die mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen für Reisende und Fahrerinnen ausgestattet sind, folgen mittlerweile auch weitere Städte und Regionen in Indien, darunter Delhi und Mumbai.
„Chobe Angels“ in Botswana
Ihre vorsichtigere Fahrweise war einer der Gründe, das Guide Team der „Chobe Game Lodge“ in Botswana seit 2005 ausschliesslich mit Frauen zu besetzen. Es ist eine Ausnahme im weitgehend männlich dominierten Safari-Tourismus, doch die Initiative macht Schule. Mit Hilfe der Botswana Tourism Organisation und des Wildlife Training Institutes steigt die Zahl weiblicher Wildführer von Jahr zu Jahr.
Stärkung der Gleichstellung von Frauen im Tourismus
Obwohl die Tourismusbranche sich immer mehr auf alleinreisende Frauen als Zielgruppe einstellt, bleibt noch viel Spielraum für Angebote, um das Reisen für Frauen sicherer zu gestalten. Auch in den Zielgebieten besteht noch reichlich Handlungsbedarf im Ausbau von Sicherheitskonzepten, die sowohl den Touristinnen dienen als auch Arbeitsplätze im Tourismus für einheimische Frauen sicherer oder überhaupt erst möglich machen.
Julia Bühler arbeitet für die Frauenrechtsorganisation FEMNET e.V. und engagiert sich bei verschiedenen Organisationen im Bereich nachhaltigen Tourismus. Sie ist aktives Mitglied bei GATE Netzwerk Tourismus Kultur e.V.