Was beim Besuch von Entwicklungs- und Umweltschutzprojekten beachten?
Projektbesuche werden immer beliebter. Reisende besuchen dabei persönlich die Partner gemeinnütziger Projekte oder die Produzenten für Fair-Trade-Labels. Sie erhalten Einblick in eine Rosenfarm oder eine Bananen-Kooperative, deren Produkte sie vom heimischen Label für Fairen Handel aus dem Detailhandel kennen. Im Regenwald, bei der Beobachtung von Walen oder im Schildkrötenzuchtgebiet lässt sich hautnah miterleben, wie Umweltfachleute bedrohte Tiere und Pflanzen schützen. Wer mit eigenen Augen sieht, wie Kinder in Waisenhäusern betreut oder Schulen gebaut werden, kann die Arbeit karitativer Einrichtungen besser nachvollziehen. Entwicklungs- und Umweltorganisationen bieten solche Besuche an, weil sie den Reisenden neue Einsichten vermitteln und zur Sensibilisierung für die Anliegen der Entwicklungszusammenarbeit und des Umweltschutzes beitragen können.
Was bedeuten die Projektbesuche für die GastgeberInnen?
Die Mitarbeitenden vieler Entwicklungsprojekte freuen sich über die Besuche und das Interesse aus dem Ausland. Andere dagegen fühlen sich in ihrer Alltagsarbeit gestört und haben keine Zeit, die Gäste zu betreuen. Manchmal werden sie im Vorfeld ungenügend über den kommenden Besuch informiert oder die Erwartungen der Reiseveranstalter und Geldgeber bezüglich Leistung und Abgeltung sind zu wenig transparent. Auch die Motive der Besucherinnen und Besucher sind nicht immer klar. Zuweilen geht es ihnen auch um Kontrolle: Sie wollen wissen, was mit ihren Spendengeldern geschieht. So verständlich das Bedürfnis ist, so wenig ist es sinnvoll: Diese Kontrolle sollte man besser anerkannten und qualifizierten Überprüfungsstellen überlassen.
Projektbesuche als Wegbereiter für Tourismus
Gewisse Vorzeige-Entwicklungsprojekte verzeichnen einen solchen Andrang von BesucherInnen, dass sie sich extra mit Unterkünften und anderen Infrastrukturausbauten einrichten müssen. Einerseits bieten die Besuche also eine Chance für neue Einnahmequellen durch den Tourismus. Andererseits besteht das Risiko, dass lediglich mehr Belastung für die GastgeberInnen entsteht und falsche Hoffnungen geschürt werden. Denn wo bisher weder die nötige Infrastruktur existiert, noch das Personal entsprechend ausgebildet ist, fällt es Projektmitarbeitenden schwer, Gäste adäquat zu betreuen und weitere Einnahmequellen wie den Verkauf von Souvenirs zu erschliessen. Und für den Aufbau von Infrastruktur und Ausbildung braucht es Zeit und Geld.
Nachhaltigkeitsregeln nicht vergessen
Die Reise selbst wird auch nicht einfach dadurch sozialverträglich – und schon gar nicht umweltgerecht –, dass Entwicklungs- oder Umweltprojekte besucht werden. Der Besuch darf nicht zum Feigenblatt für ungehemmte Reiselust werden. Um den Besuch zu einem bereichernden Erlebnis für Sie und Ihre GastgeberInnen zu machen, beachten Sie folgende Nachhaltigkeitsregeln:
- Fragen Sie vorher nach, ob die GastgeberInnen über den Besuch informiert wurden und damit einverstanden sind.
- Informieren Sie sich, ob und wie die Führungen abgegolten werden. Wird die benötigte Arbeitszeit angerechnet? Werden die Kosten für Verpflegung und Unterbringung der Gäste bezahlt?
- Klären Sie die Motive und Erwartungen der Reiseveranstalter – und Ihre eigenen. Soll der Besuch informieren, Kontakte schaffen oder Spenden generieren? Treibt Sie die Neugier, Offenheit, Engagement oder Abenteuerlust? Je bewusster Sie die Reise antreten, desto mehr haben Sie davon.
- Wie bei allen Reisen ist zu prüfen, nach welchen Umwelt- und Sozialkriterien sie gestaltet sind, ob der Veranstalter den CO2-Ausstoss des Fluges mit einem anerkannten Anbieter wie myclimate oder atmosfair kompensiert und ob er die elementarsten Anforderungen für Corporate Social Responsibility (CSR) einhält.