Was Tweets dunkelhäutiger Reisender erzählen
Die Tourismuswirtschaft pflegt traditionell einen weissen, männlichen Blick. Erfahrungen von Frauen, die alleine reisen, von Menschen dunkler Hautfarbe oder von LGBTQI*-Reisenden sind in der Mainstream-Tourismuswelt krass untervertreten. Wie schwarze oder afroamerikanische Reisende durch die Tourismuswirtschaft marginalisiert werden und wie sie sich dem gängigen Bild widersetzen, wollten Alana K. Dillette, Stefanie Benjamin und Chelsea Carpenter aus Tennessee und Kalifornien genauer wissen. Es sind drei Forscherinnen mit drei unterschiedlichen Hautfarben. Sie werteten 300 Tweets von schwarzen und afroamerikanischen Reisenden aus und fassten die Ergebnisse wie folgt zusammen:
1. Rassismus auf Reisen gehört leider nicht der Vergangenheit an, sondern stellt für viele schwarze Reisende immer noch ein ernstes Problem dar. In den Tweets fanden sich Berichte über Verhöre, Racial Profiling, Mikroaggressionen und diskriminierende Äusserungen. Da gab es TouristInnen anderer Länder, die in unangenehmer Weise schwarze Reisende fotografierten, Einheimische, welche die dunkelhäutigen Reisenden anfassten oder Bezeichnungen wie N**** oder Affen. Viele demütigende Erfahrungen wurden gerade im Kontakt mit Gesetzeshütern (Einwanderungsbeamten) gemacht. Sie seien, so die Einschätzung der Autorinnen, darauf geschult, Menschen dunklerer Hautfarbe als kriminell, fehl am Platz oder verdächtig zu profilieren. Solche Stereotypen würden dann auch an andere Reisende und Einheimische weitergegeben, wodurch eine zyklische Erfahrung von Rassismus für schwarze Reisende gefördert werde.
2. Viele Tweets sprachen aber auch von Befreiung und Transformation durch Reisen. In den Tweets drücken die dunkelhäutigen Reisenden ihre Aufbruchsstimmung aus, schreiben von Fernweh und Aufregung betreffend bevorstehender Reisen, aber auch von der Freude über das Gefühl, zur Community schwarzer Reisender zu gehören. Viele erlebten, wie positiv sich ihr Auslandstudium oder ihre Bildungsreisen auf sie auswirkten und zu mehr Selbstbestimmung und interkulturellem Verständnis führten. Solche positiven Berichte sind wichtig: Einmal, um das Selbstbewusstsein der schwarzen Reisecommunity zu stärken und die eigenen Perspektiven und Erfahrungen öffentlich sichtbar zu machen. Zum anderen kann die Tourismusbranche die besonderen Wünsche und Anliegen dunkelhäutiger Reisender dank solchen Tweets wahrnehmen, diese Bedürfnisse befriedigen und dadurch zu einer inklusiveren Reisewelt beitragen.
Eine kritische Bewertung der Tourismuswirtschaft ist aber gemäss Autorinnen dafür zentral. Für mehr Nachhaltigkeit im Tourismus müssten Unternehmenspraktiken daraufhin untersucht werden, ob sie die vorherrschenden ideologischen Denkweisen, Praktiken und Machtkonfigurationen unterstützten, die zu den rassistischen Erfahrungen von Schwarzen und PoC auf Reisen führen. Nur das Bewusstsein und die Anerkennung der Verantwortung aller für die Machtverhältnisse, die Politik und die Rassifizierung im Tourismus könne letztlich zu einer inklusiveren und gastlicheren Reiseerfahrung unterrepräsentierter Gruppen beitragen.