Basel, 15.11.2012, akte/ "Wenn Phuket nicht sofort eine Zehnjahres- oder Zwanzigjahresstrategie zur Rettung der Umwelt beschliesst, ist der ökologische Zerfall schon innert fünf Jahren irreversibel", warnte dieser Tage Jamnern Woraratchaiphan, ein führender Stadtplaner Thailands, die Stadträte von Phuket-City, der Hauptstadt der touristischen Provinz Phuket im Süden Thailands. In den Malediven wird die Regierung dem stetig anwachsenden Müllberg auf der Insel Thilafushi nicht Herr. In Goa beschloss die Dorfversammlung von Betalbatim Ende Oktober, dass TouristInnen künftig ihre mitgebrachten Bierdosen, Getränkekartons, Chipspackungen, Wasserflaschen und was sie sonst an Müll produzieren, wieder mitnehmen müssen.

Ein weltweites Problem

Die umweltschonende Entsorgung von Müll ist weltweit ein Problem. Die Weltbank schätzt in einer neuen Studie, dass global inzwischen 1,3 Milliarden Tonnen Müll produziert werden. Würde man diesen Kehricht in Zehntönner-Müllwagen verladen und hintereinander aufstellen, würde der Konvoi in seiner Länge die Erde rund 30 Mal umrunden. Bis ins Jahr 2025 rechnet die Weltbank mit einem weiteren Anstieg auf 2,2 Milliarden Tonnen – womit der imaginäre Müllwagenkonvoi schon über 50 Mal um die Erde reichen würde. Dabei sind die Unterschiede in der Pro-Kopf-Produktion gigantisch, sie reichen von knapp zehn Gramm pro Kopf und Tag bis zu 14 Kilogramm. Im Durchschnitt liegt der Müll-Output der BewohnerInnen der OECD-Staaten bei 2,1 Kilogramm pro Kopf und Tag.
Der grosse Teil des Mülls landet in Deponien. Eine ordentlich angelegte Deponie ist eine Grube, mit Plastik oder Ton abgedichtet, auf die der Müll aufgehäuft wird. Abflussröhren und Pumpsysteme sorgen dafür, dass die Flüssigkeiten wegtransportiert werden, eine Überdachung schützt vor Regen und vor Überfliessen. Fachleute diskutieren, ob es überhaupt möglich ist, Deponien zu bauen, die nicht lecken. Denn unausweichlich bröckeln der Ton und der Plastik wetterbedingt und wegen der Chemikalien im Müll. Die Pumpsysteme fallen häufig aus. Zudem stossen die Deponien hohe Mengen an treibhauswirksamem Methangas aus und werden so zunehmend zu einem wichtigen Faktor der Klimaerwärmung.
Eine andere Möglichkeit der Entsorgung ist die Verbrennung. Öfen ohne gute Filter stossen giftigen Rauch aus, der bei der Bevölkerung zu Atembeschwerden führt. Aber auch Öfen mit guten Filtern setzen immer wieder toxische Gase frei. Zudem verbrennt Müll nicht restlos. Die verbleibende Asche mit feinsten Partikeln enthält hohe Konzentrationen an giftigen Schwermetallen wie Blei. Diese Asche muss in Deponien überführt werden.
Müllverbrennungsöfen sind teuer, und ihre Energiebilanz ist schlecht, vor allem, wenn die anfallende Fernwärme nicht genutzt wird. Sowohl Mülldeponien wie Verbrennungsöfen und -stätten ebenso wie improvisierte Müllhalden und Recyclingstätten mit all den Problemen der Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung befinden sich meist neben Wohngebieten der unterprivilegierten Bevölkerung: Für die, die am wenigsten davon produzieren, ist der Müll eine der Hauptfaktoren, die ihre Lebensqualität verschlechtern.
Müllentsorgung ist eine teure Sache: Die Autoren der Weltbankstudie rechnen damit, dass sich die Produktion von Abfall in den Staaten mit niedrigen Einkommen bis 2025 verdoppelt. Die Kosten von heute 205,4 Milliarden US-Dollar werden sich auf etwa 375,5 Milliarden US-Dollar erhöhen. Die Kostensteigerung trifft die Staaten mit niedrigen Einkommen ungleich härter: Dort prophezeien die Autoren eine Verfünffachung der Kosten.

Tourismus als wichtiger Faktor

Schon heute ist in vielen Städten die Entsorgung von Müll der höchste Budgetposten. Gerade in Reisedestinationen des Südens fehlt aber der Haushaltetat für eine adäquate Müllentsorgung. Dabei produziert der Tourismus überdurchschnittlich viel Abfall. In Indien macht der Müll aus dem Tourismus 36 Prozent des gesamten Abfalls aus, in der Dominikanischen Republik sind es gar 70 Prozent. Aber auch in europäischen Tourismusdestinationen wie Korsika vervielfachen sich die Abfallmengen während der Reisesaison. "Es ist eine Frage des Lebensstils", schreibt die Tourismuskritikerin Anita Pleumarom, "Urlauber reisen gern mit leichtem Gepäck. Also brauchen sie Wegwerfprodukte – mehr Plastik, mehr Abfall, kein Recycling. Die lokalen Gemeinschaften sind so entweder zu Abfall-Anhäufern oder zu Abfall-Managern geworden" (Pleumarom, 2004, S.461).

Best Practice für Tourismusanbieter

Das Centre for Business Relationships, Accountability, Sustainability & Society (BRASS) der englischen Universität Cardiff hat Empfehlungen für gastronomische Betriebe, Hotels und Zeltplätze, B&Bs, sowie Freizeit- und Sportcenter und -Pärke, Clubs, Golfplätze und Naturpärke erarbeitet.

  • UnternehmerInnen, die ihren Müll in den Griff bekommen wollen, sollen erst einmal genau erheben, welche Arten von Müll sie in welchen Mengen produzieren. Zum Müll der Tourismusbranche gehören typischerweise Verpackungen wie Pappe, Plastik, Dosen, Glas- und Petflaschen, Küchenabfälle und Bratöl, Wasch-, Reinigungs- und Pflegemittel, Wischstaub, Asche und Kippen aus den Aschenbechern, Altpapier von Büro, Speisekarten, Katalogen. Hinzu kommen Elektroschrott und Sondermüll wie Leuchtröhren, Kühl- und Gefrierschränke, Pool- und Golfplatzchemikalien, Batterien, Öle, Filter von Rasenmähern und Kettensägen, Bauschutt und Sperrgut wie Matratzen, Betten, Gasflaschen und Möbel. Die Gäste hinterlassen zudem zum Beispiel Windeln oder Hygienebinden, Kleider und vergessene Gegenstände. 

  • In einem weiteren Schritt sollen sie die Kosten für das Sammeln, das Handling, die Lagerung, den Transport und die Behandlung des Abfalls aufstellen.

  • Nachdem einmal die Tätigkeiten eruiert sind, bei denen Abfall produziert wird, geht es um die Entwicklung kluger Strategien zur Abfallvermeidung.

    Dazu gehört einmal eine kluge Beschaffungsstrategie: lokale Zulieferer, die Getränkeflaschen zurücknehmen; wenig Verpackungsmaterial, das möglichst keine beschichtete Pappe und Glas enthält, damit es besser rezykliert werden kann; kurze Wege; Verzicht auf Wegwerfprodukte beim Geschirr, Besteck, Tischtüchern, Servietten, keine kleinen einzelverpackten Portionen (Butter, Konfitüre und ähnliches), Nachfüllbehälter statt Einzelseifen und -duschmittel. Wichtig ist auch eine durchdachte Vorratsbewirtschaftung, damit die Lebensmittel nicht verfallen und weggeworfen werden müssen. Schliesslich braucht es eine andere Servicekultur: Besser kleine Portionen servieren und nachschöpfen. Einiges an Kosten wird gespart, wenn die Küchenabfälle fachgerecht kompostiert und die Erde für die Grünanlagen und den Garten verwendet wird.

  • Schliesslich müssen weitere Optionen mit den lokalen Behörden geprüft werden: Welche Recyclingmöglichkeiten gibt es und wie könnten sie erweitert werde? Ist es möglich, auf dem Hotelgelände oder zusammen mit einem weiteren Resort eine Flaschensammelstelle zu betreiben und sich die Kosten für die Leerung durch die Behörden zu teilen? Wo wird der Sondermüll fachgerecht behandelt?

  • Bei all diesen Schritten ist es wichtig, die Mitarbeiterschaft von Anfang an beizuziehen und immer wieder zu sensibilisieren und zu schulen. Auch die Gäste müssen auf die Abfallproblematik und ihren Beitrag zur Abfallvermeidung aufmerksam gemacht werden.

Fühlen Sie sich der schönen Urlaubslandschaft verpflichtet!

Als Reisende wollen Sie unverbrauchte Landschaften geniessen. Tragen Sie Sorge, dass diese nicht mit Ihrem Abfall verschandelt werden.

  • Einige Reiseveranstalter bieten Kataloge zur Ausleihe an: Das spart Papier.

  • Ziehen Sie Produkte vor, die nach ihrer Verwendung abgebaut oder wieder verwendet werden können. Batterien (giftige Schwermetalle), Plastikflaschen oder Alu-Dosen gehören zu den problematischen Abfällen.

  • Packen Sie Ihren Einkauf in die mitgebrachte Einkaufstasche und lassen Sie die angebotenen Plastiktüten liegen. Sie können dem angestellten Verpacker trotzdem ein Trinkgeld geben.

  • Achten Sie auch bei der Zusammenstellung der Reiseutensilien und Proviantbehälter auf wieder verwendbare Verpackungen.

  • Packen Sie am Strand und überall in der freien Natur Ihren Abfall ein und beseitigen Sie ihn nach Möglichkeit dort, wo die sachgerechte Entsorgung gewährleistet ist (z.B. in gekennzeichneten Abfalleimern im Hotel).

  • Ist vor Ort eine umweltschonende Entsorgung nicht gewährleistet, nehmen Sie Ihren problematischen Abfall mit nach Hause.

  • Sprechen Sie den Reiseveranstalter bei der Auswahl der Hotels und Fluglinien auf das Thema Abfall an. Beanstanden Sie im Hotel kleine Portionsverpackungen und Einwegdosen.

  • Nehmen Sie für Getränke wieder verwendbare Leichtmetallflaschen mit. Viele Hotels geben gefiltertes und abgekochtes Wasser kostenlos ab.

  • Kaufen Sie am Urlaubsort nach Möglichkeit frische Ware aus der Region. Importierte Produkte hinterlassen mehr Abfall und ihr Transport belastet die Umwelt zusätzlich.