Wenn digitale Medien das Kommando übernehmen
Kürzlich sagte mir ein Guesthouse-Besitzer in Sri Lanka, dass es in der heutigen Zeit viel schwieriger sei als früher, mit seinen Gästen ins Gespräch zu kommen. Noch vor zehn Jahren sei man am Abend oft zusammengesessen, habe über geplante Reiserouten, kulturelle Unterschiede oder das Weltgeschehen diskutiert. Heute sitze jeder nur noch vor seinem Smartphone oder Tablet, lade Fotos auf Facebook oder skype mit Freunden zu Hause. Für eine spontane Unterhaltung seien die Leute kaum mehr zu haben, irgendwie seien sie gar nicht mehr richtig hier.
Etwas schuldbewusst spürte ich mein iPhone in der Hosentasche. Gehörte ich auch zur Spezies der Smartphone-Junkies? Nein, so weit war ich noch nicht. Ich geniesse zwar die Vorzüge der modernen Kommunikationsmittel, versuche aber, sie moderat einzusetzen. Dies ist jedoch – gerade auf Reisen – einfacher gesagt als getan. Die Familienangehörigen und Freunde zu Hause wollen wissen, wie es geht. Im Postfach wartet bestimmt eine E-Mail darauf, gelesen zu werden. Der Newshunger will gestillt sein.
Die Möglichkeit, permanent auf verschiedenen Kanälen zu konsumieren und zu kommunizieren, macht die digitale Welt zur Konkurrenz für unmittelbare Erlebnisse und Erfahrungen. Dabei ist man doch gerade deswegen unterwegs in fremden Ländern. Wer nur noch neugierig darauf ist, wo sich die nächste WiFi-Zone befindet, und wem Selfies fürs Facebook wichtiger sind als der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung, der wird den Zauber des Reisens kaum zu spüren bekommen.
Das Gespräch mit dem Guesthouse-Besitzer in Sri Lanka dauerte bis in die Nacht hinein und war anregender und interessanter als sämtliche News und E-Mails, die in meinem kleinen Gerät in der Hosentasche eingesperrt blieben.