Am Montag (19. November) kündigte Airbnb auf der eigenen Webseite an, dass sie sämtliche Mietobjekte in israelischen Siedlungen in der West Bank – also dem eigentlich den Palästinensern zugesprochenen Staatsgebiet, auf welchem sich Israel mittels Siedlungen breit macht – per sofort von der eigenen Webseite entfernen würde. Es geht um rund 200 Wohneigentümer, welche in israelischen Besitz sind, aber eben in nach Meinung vieler Völkerrechtler illegal auf palästinensichem Boden liegen.
Der US-Technologieriese, welcher als Wohnungs- und Zimmervermietungsagentur das weltweite Übernachtungsgeschäft revolutioniert hat, argumentierte in seiner Medienmitteilung vorsichtig: Das Geschäft in historisch umstrittenen und von zwei Seiten beanspruchten Gebieten sei delikat, und obwohl man von US-Behördenseite her die Erlaubnis habe, in israelischen Siedlungen der West Bank Geschäfte zu betreiben, so habe man sich entschieden, dies nicht mehr fortzusetzen. Ursprünglich habe man geglaubt, mit der Kraft des Tourismus zur Völkerverständigung beitragen zu können, inzwischen habe man eine andere Sicht der Dinge.
Die Reaktionen von israelischer Seite liessen natürlich nicht lange auf sich warten. Bereits am Dienstag kündigte Israel an, dass Airbnb in Israel mit höheren Steuern belegt würde, und dass man Rechtsklagen gegen die Entfernung der Angebote in israelischen Siedlungen der West Bank aktiv unterstützen würde. Der israelische Tourismusminister Yariv Levin ging sogar so weit, den Airbnb-Entscheid als eine "Diskriminierung" zu bezeichnen, und gegenüber der Agentur AP liess er wissen, dass "wer Israelis diskriminiert, in Israel kein Geld verdienen darf". Er nannte es auch ein "schändliches Einknicken vor Lobbyisten". Dabei bezieht sich Levin wohl auf die Aktivisten von BDS ("Boycott, Divestment, Sanctions"), einer global tätigen pro-palästinensischen Organisation, welche Israel ein Dorn im Auge ist. Das US-Unternehmen nahm bislang zu den israelischen Drohungen auch keine Stellung.
Israelische Anbieter haben natürlich auch scharf reagiert. Diese hatten insbesondere mit europäischen und amerikanischen Touristen gutes Geld gemacht. Auf den Listings bei Airbnb stand jedoch in der Regel nur der Ort der Wohnung, ohne Präzisierung, dass dieser in der West Bank liege. Diese ist in den Augen der Siedler ohnehin israelisches Land – und der zentrale Stein des Anstosses in Nahost.

Steigende Preise als Strafmassnahme – und das vor einem Boom-Jahr

Israel gewann 1967 Kontrolle über die West Bank und Ost-Jerusalem. Aktuell leben in diesen eigentlich besetzten Gebieten über 400’000 israelische Siedler, dazu 200’000 Israelis in Ost-Jerusalem. Die eine Seite sieht darin verletztes Völkerrecht, die andere ein eigenes Recht und ein Status Quo, über den nur im Rahmen von Friedensverhandlungen diskutiert werden kann.
Für Airbnb ist die Sache insofern delikat, als Israel ein Gesetz hat, welches Ausländern, welche bekanntermassen öffentlich für einen Boykott von Israel einstehen, die Einreise verweigern kann, bzw. ebensolchen Unternehmen auch Geschäftslizenzen entziehen kann. Israel sieht ganz klar einen Zusammenhang zwischen einem am Dienstag erschienenen Report der "Human Rights Watch" namens "Bed & Breakfast on stolen land" betreffend touristischen Angeboten in der West Bank bei Airbnb und Booking.com, und dem tags zuvor publizierten Verzicht von Airbnb von ebensolchen Angeboten.
Sollte Israel seine Drohungen gegenüber Airbnb wahr machen, werden die Preise steigen, was angesichts Tausender zu erwartender Reservierungen für 2019 – insbesondere auch in Zusammenhang mit der Durchführung des Eurovision Song Contest 2019 in Tel-Aviv – ein empfindlicher Schlag für Airbnb in Israel sein könnte. Es wird aber auch dazu führen, dass sich Israel dem Vorwurf aussetzen muss, seine Unterstützung der Siedler über die allgemeinen Interessen des israelischen Tourismus zu setzen, welcher aktuell am blühen ist.
So oder so führt der seit Jahrzehnten andauernde Nahostkonflikt auch in diesem Fall wieder nur zu Verlierern.