Jennifer Pastorini, was haben Sie mit Ihrer Organisation Centre for Conservation and Research in Sri Lanka bisher erreicht?

Wir haben Elefanten mit Sendern ausgestattet und dabei einiges herausgefunden, um das Management der Tiere zu verbessern. Bisher läuft es so: Macht ein Elefantenbulle Probleme, fängt man ihn ein und fährt ihn in einen Nationalpark – Herden werden mit einer Treibjagd in den Park getrieben. Doch die Elefanten bauen sich dort kein neues Revier auf. Herden gehen nahe des Zauns auf und ab, und Bullen durchbrechen den Zaun oder finden sonst ein Schlupfloch, um den Park zu verlassen. Entweder sie schaffen es zurück in ihr altes Revier, oder sie lassen sich in der Nähe eines Dorfs nieder, wo sie nachts öfter die Felder heimsuchen. 

Jennifer Pastorini, was haben Sie mit Ihrer Organisation Centre for Conservation and Research in Sri Lanka bisher erreicht?

Wir haben Elefanten mit Sendern ausgestattet und dabei einiges herausgefunden, um das Management der Tiere zu verbessern. Bisher läuft es so: Macht ein Elefantenbulle Probleme, fängt man ihn ein und fährt ihn in einen Nationalpark – Herden werden mit einer Treibjagd in den Park getrieben. Doch die Elefanten bauen sich dort kein neues Revier auf. Herden gehen nahe des Zauns auf und ab, und Bullen durchbrechen den Zaun oder finden sonst ein Schlupfloch, um den Park zu verlassen. Entweder sie schaffen es zurück in ihr altes Revier, oder sie lassen sich in der Nähe eines Dorfs nieder, wo sie nachts öfter die Felder heimsuchen. 

Im Kinderzoo Rapperswil: Franco Knie spricht über seine Erlebnisse mit den Knie-Elefanten. Und Elefantenforscherin Jennifer Pastorini setzt sich für das Foto-Shooting mit dem Migros-Magazin auf einen Elefanten.  

Wie verhalten sich Elefanten, die aus einem Nationalpark ausbüxen?

Tagsüber verstecken sie sich im Gebüsch, nachts gehen sie in die Felder, fressen die Ernte, schütteln Mangobäume, knicken Bananenstauden. Manchmal brechen sie gar in die Küche der Häuser ein, um sich dort einen Sack Reis zu holen. Der Schaden an den wenig stabilen Häusern ist in der Regel enorm. Und wer will schon einen Elefanten im Garten oder in der Küche? Das führt natürlich zu Konflikten.

Wie kann man das verhindern?

Indem man einen elektrischen Zaun aufstellt, wie wir das in der Schweiz für unsere Kühe machen. Er muss einfach etwas raffinierter sein. So müssen auch die Betonpfosten mit einem elektrischen Gitter umzäunt sein, sonst wirft sie der Elefant um. Berührt er den Zaun zum ersten Mal, muss ihn der Stromstoss derart schockieren, dass er sich für immer fernhält. Die Zäune sind aber nur wirksam, wenn die Menschen sie richtig warten. Da beginnt unsere Arbeit: Wir helfen beim Bau und der richtigen Wartung. Denn wachsen Pflanzen ungehindert den Zaun hoch, wird der Strom immer schwächer und der Elefant immer dreister.

Wie viele elektrische Zäune stehen denn schon?

Viele, bloss bringen die meisten noch wenig, weil sie am falschen Ort stehen und eben schlecht gewartet sind. Zäune verlaufen oft mitten durch Wälder, weil dort eine administrative Grenze liegt und deshalb aus bürokratischen Gründen gebaut wurde. Da es auf beiden Seiten Elefanten gibt, bringt das natürlich gar nichts. 

Und dank Ihrer Arbeit gibt es nun häufiger bessere Zäune?

Genau, wir haben im Nordwesten in verschiedenen Gebieten Zäune installiert, die direkt neben den Grundstücken der Menschen verlaufen, die auch das Unkraut darunter jäten. Für die Elefanten, die sich nähern, ist klar geworden: Hier verläuft eine Grenze. Nun wollen alle in der Gegend Zäune und sind auch bereit, Geld dafür auszugeben. So ein Zaun kostet allerdings etwa 5000 Franken pro Kilometer.

Ein stolzer Preis.

Deshalb muss man die Leute unterstützen. Wir hoffen, dass die Regierung unsere Idee mitträgt und Geld einschiesst, wenn sie realisiert, dass das Konzept greift. Wir sind eine kleine Organisation mit bescheidenen Mitteln, bestehend aus meinem Mann und mir sowie vier Festangestellten. Je nachdem, was gerade läuft, können wir zehn freie Mitarbeiter tageweise aufbieten. Aber wir allein können nicht ganz Sri Lanka einzäunen.

Wie weibeln Sie für Ihr Konzept?

Wir halten Vorträge an den Schulen, sprechen in den Dörfern mit den Bewohnern, stellen unsere Idee beim Bauern- und Bewässerungsdepartement vor. Wir haben versucht, entsprechende Artikel in den Zeitungen zu platzieren, aber auf dem Land liest kaum jemand Zeitung. Schön wäre ein Fernsehbericht, doch das ist zu teuer.

Stossen Sie auf offene Ohren?

Nein, nicht sehr. Man müsste ändern, was man seit 50 Jahren macht. Und es ist eben ein gutes Gefühl, wenn man einen Elefanten auf den Lastwagen hieven kann und das ganze Dorf dabei zuschaut, wie der Störenfried weggekarrt wird. Dass der Elefant am neuen Ort genau dasselbe macht, ist dabei nebensächlich.

Wie ist die Beziehung der Sri Lanker zu ihren Elefanten?

Sie haben ihre Elefanten eigentlich sehr gern, sie wollen sie nur nicht in ihren Gärten und Feldern haben. Auch kulturell und religiös sind Elefanten sehr verankert. Bei Prozessionen ist immer ein Elefant mit Stosszähnen dabei, der das Heiligtum trägt. 

Unterscheiden die Tiere auf Sri Lanka sich von anderen Asiatischen Elefanten?

Eigentlich haben die Bullen Stosszähne, auf Sri Lanka aber meist nicht, was vermutlich indirekt genetisch bedingt ist. Da die Sri Lanker seit Tausenden von Jahren die Bullen mit Stosszähnen für ihre Zeremonien einfangen, hat eine Art künstliche Selektion stattgefunden.

Wie viele Elefanten leben auf Sri Lanka?

Etwa 6000, das ist aber eine grobe Schätzung, Elefanten lassen sich nicht zählen. Man hört sie zwar im Busch, weiss aber nie genau, wie viele es sind. Etwa ein Drittel der Elefanten lebt in Nationalpärken. Und klar ist: In den letzten 40 Jahren haben sie elf Prozent ihres Lebensraums verloren. Trotz allem geht es ihnen, verglichen mit anderen Ländern Asiens, wo der Lebensraum viel enger geworden ist, recht gut.

Woher kommt diese Sonderstellung Sri Lankas?

Die Leute sind generell offen und tolerant gegenüber Tieren. Ausserdem hat der lange Bürgerkrieg die Entwicklung des Landes gebremst, davon haben die Elefanten profitiert. Die grösste Gefahr für sie ist das Versiegen ihrer Futterquellen wegen der Lebensraumreduktion. Wilderei ist hier kein Thema, nicht zuletzt, weil die Elefanten eben keine Stosszähne haben. Abgesehen von wütenden Bauern, die etwa 150 Elefanten pro Jahr abschiessen, ist Sri Lanka eine Oase für Elefanten. 

Gibt es in Asien generell weniger Wilderei als in Afrika?

Nein, in Vietnam, Laos, Thailand und Burma ist Wilderei ebenso ein Problem. Und bei den absurd hohen Beträgen, die für Elefantenstosszähne bezahlt werden, wird jeder zum Wilderer. Es reicht, wenn ein Promille der Bevölkerung schwach wird.

Wie kann man die Elefanten besser schützen?

Man muss die Nachfrage stoppen. Solange die Menschen etwa in China Elfenbein wertschätzen und bereit sind, viel dafür zu zahlen, wird es immer jemanden geben, der für Geld Elefanten tötet. Es braucht eine komplette Neubewertung. Elfenbein muss so behandelt werden wie Pelz bei uns heute: Es zu besitzen, soll sich so falsch anfühlen, dass niemand es mehr haben will.

Wie viele Elefanten werden auf Sri Lanka noch als Arbeitstiere genutzt?

Bloss etwa 100 bis 200. Ein neues Problem ist aber der wachsende Tourismus. Weil so viele Touristen auf Elefanten reiten wollen, fängt man wilde Elefanten ein. Furchtbar wäre es, wenn es in Sri Lanka so weit käme wie in Thailand, wo mittlerweile mehr Elefanten in Camps leben als in der Wildnis. 

Was empfehlen Sie den Touristen?

Sie sollten sich von den gefangenen Elefanten fernhalten, keine Auffangstationen von Elefantenbabys besuchen, keine Elefanten reiten. Die so genannten Elefanten-Attraktionen nutzen dem Elefanten als Art nichts; sie füllen bloss die Kassen der Leute, die sie betreiben. Stattdessen sollten die Touristen in die zahlreichen wunderschönen Nationalpärke gehen und so dem Land zeigen, dass sie die wilden Elefanten sehen möchten. Dadurch verdienen die Nationalpärk und vor allem auch die Leute in der Nähe Geld, was die wilden Elefanten auch finanziell wertvoll macht.

Wie geht es den Elefanten, die in Schweizer Zoos leben?

Es sind wenige, und sie werden so verhätschelt, dass man sich um sie keine Sorgen machen muss. Zudem erfüllen sie als Botschafter eine wichtige Funktion. Wer auf Elefanten reiten will, soll das im Kinderzoo Rapperswil tun, wo die Elefanten sehr gut gehalten werden, statt in Asien. Dort werden sie mit brutalen Methoden domestiziert und mit Eisenstöcken traktiert.

Im Zoo Zürich und im Kinderzoo Rapperswil haben die Elefanten neue Gehege bekommen. Schätzen die Tiere das?

Ein grösseres Gehege und mehr Abwechslung mögen sie auf jeden Fall. Ich finde es auch in Ordnung, wenn die Tierpfleger direkt in Kontakt mit den Elefanten treten dürfen. Es sind soziale Tiere, und sie profitieren davon, wenn sie durch den Zoo spazieren oder zum Fressen raus in den Wald dürfen. Das aber kann man nur mit Elefanten tun, die entsprechend trainiert sind. Abwechslung ist wichtig. In Sri Lanka sehen wir ­Tempelelefanten, die jahrein jahraus an derselben Stelle stehen – furchtbar!

Können Sie die Elefanten unterscheiden?

Mein Mann hat für seine Doktorarbeit angefangen, die Elefanten im Yala-Nationalpark zu dokumentieren. Inzwischen haben wir für rund 250 Elefanten einen Karteieintrag. Mir fällt es schon schwer, Menschen zu unterscheiden, geschweige denn Elefanten. Mein Mann und unsere Assistenten können das aber sehr gut, anhand der Ohren, der Gesichtsform, der Pigmentierung und der Länge des Schwanzes oder von Schussverletzungen.

Helfen auch charakterliche Merkmale?

Nein, da Elefanten meistens am Fressen sind, ­unterscheiden sie sich im Verhalten kaum – abgesehen von einem Exemplar, das immer in einem Teich hockt und dort Lotuspflanzen frisst (lacht).

Haben Sie schon brenzlige Situationen erlebt?

Einmal waren wir im Jeep unterwegs im Park. Ein anderes Auto vor uns hatte die Strasse verlassen und war in Richtung der Elefanten gefahren. Diese wurden wütend, rannten dem Jeep hinterher und folgten ihm bis zur Strasse. Wir kamen gerade in dem Moment, als die Elefanten diese erreichten, und so liessen sie dann ihren Unmut an uns aus. Einer drückte mit vollem Körpergewicht gegen unseren Jeep, bis wir kurz nur noch auf zwei Rädern standen. Da hatte ich schon das Herz in der Hose. Meinem Mann gelang es dann, im richtigen Moment aufs Gaspedal zu drücken und davon zu brausen.

Elefanten gelten als klug und sozial, stimmt das?

Oh ja. Sie sind lernfähig und wissen zum Beispiel genau: Hier werde ich am Zaun gefüttert, dort mit der Schrotflinte verjagt. Oder sie nehmen einen grossen Baumstamm und schmeissen ihn auf einen elektrischen Zaun, um sich den Weg frei zu bahnen. Und die Herde hat eine enge Bindung: Geht es einem Elefanten nicht so gut, weichen die nächsten Familienangehörigen nicht von seiner Seite; gibt es Stress, stehen die Elefanten nahe beieinander und trösten sich mit dem Rüssel. Solche Situationen zu sehen berührt mich immer sehr. 

Wie optimistisch sind Sie für die Zukunft?

In Indien und Sri Lanka stehen die Chancen für wilde Elefanten gut. Für die anderen Länder bin ich weniger zuversichtlich. Weltweit gibt es weniger als 50 000 Asiatische Elefanten, und ihre Zahl nimmt leider weiter ab. In Afrika gibt es noch rund 500 000 Elefanten und riesige Nationalparks. Trotz Elfenbeinhandel stehen sie im Moment besser da als die Asiatischen Elefanten.

Sie sind ja wegen Ihres Mannes nach Sri Lanka gezogen. Hatten Sie da einen kleinen Kulturschock?

Ich war zuvor noch nie dort, aber es hat mir dort sofort gefallen. Natürlich darf man Sri Lanka und die Schweiz nicht vergleichen. Mit der Politik des Landes habe ich zum Beispiel Mühe, dafür ist Sri Lanka aber einmalig schön, was die Natur anbelangt.

Was vermissen Sie in Sri Lanka?

Freunde und Familie, den öffentlichen Verkehr, die Pünktlichkeit und die gute Organisation, das schnelle Internet. Aber ich verbringe jedes Jahr im Sommer einen Monat in der Schweiz und bin auch noch Research Associate am Anthropologischen Institut der Uni Zürich. Ich fühle mich an beiden Orten zuhause.

Wie erscheinen Ihnen die Probleme in der Schweiz aus der Ferne?

Welche Probleme? Die Schweiz hat bloss Luxusprobleme, und das ist ja auch gut so.   

Zur PersonDie Elefantenforscherin Jennifer Pastorini (47) lebt seit zwölf Jahren in Sri Lanka, der Heimat ihres Mannes Prithviraj Fernando, der ebenfalls Biologe ist. Sie lernte ihn bei einem Forschungsaufenthalt an der Columbia University in New York kennen. Gemeinsam gründeten sie das Centre for Conservation and Research (CCR), wo sie das Leben wilder Elefanten erforschen. Das CCR wird von der gemeinnützigen Organisation Aliya in der Schweiz unterstützt, die sich für Artenschutz und Forschung in Asien einsetzt und sich über Spenden freut. 

Im Kinderzoo Rapperswil: Franco Knie spricht über seine Erlebnisse mit den Knie-Elefanten. Und Elefantenforscherin Jennifer Pastorini setzt sich für das Foto-Shooting mit dem Migros-Magazin auf einen Elefanten.  

Wie verhalten sich Elefanten, die aus einem Nationalpark ausbüxen?

Tagsüber verstecken sie sich im Gebüsch, nachts gehen sie in die Felder, fressen die Ernte, schütteln Mangobäume, knicken Bananenstauden. Manchmal brechen sie gar in die Küche der Häuser ein, um sich dort einen Sack Reis zu holen. Der Schaden an den wenig stabilen Häusern ist in der Regel enorm. Und wer will schon einen Elefanten im Garten oder in der Küche? Das führt natürlich zu Konflikten.

Wie kann man das verhindern?

Indem man einen elektrischen Zaun aufstellt, wie wir das in der Schweiz für unsere Kühe machen. Er muss einfach etwas raffinierter sein. So müssen auch die Betonpfosten mit einem elektrischen Gitter umzäunt sein, sonst wirft sie der Elefant um. Berührt er den Zaun zum ersten Mal, muss ihn der Stromstoss derart schockieren, dass er sich für immer fernhält. Die Zäune sind aber nur wirksam, wenn die Menschen sie richtig warten. Da beginnt unsere Arbeit: Wir helfen beim Bau und der richtigen Wartung. Denn wachsen Pflanzen ungehindert den Zaun hoch, wird der Strom immer schwächer und der Elefant immer dreister.

Wie viele elektrische Zäune stehen denn schon?

Viele, bloss bringen die meisten noch wenig, weil sie am falschen Ort stehen und eben schlecht gewartet sind. Zäune verlaufen oft mitten durch Wälder, weil dort eine administrative Grenze liegt und deshalb aus bürokratischen Gründen gebaut wurde. Da es auf beiden Seiten Elefanten gibt, bringt das natürlich gar nichts. 

Und dank Ihrer Arbeit gibt es nun häufiger bessere Zäune?

Genau, wir haben im Nordwesten in verschiedenen Gebieten Zäune installiert, die direkt neben den Grundstücken der Menschen verlaufen, die auch das Unkraut darunter jäten. Für die Elefanten, die sich nähern, ist klar geworden: Hier verläuft eine Grenze. Nun wollen alle in der Gegend Zäune und sind auch bereit, Geld dafür auszugeben. So ein Zaun kostet allerdings etwa 5000 Franken pro Kilometer.

Ein stolzer Preis.

Deshalb muss man die Leute unterstützen. Wir hoffen, dass die Regierung unsere Idee mitträgt und Geld einschiesst, wenn sie realisiert, dass das Konzept greift. Wir sind eine kleine Organisation mit bescheidenen Mitteln, bestehend aus meinem Mann und mir sowie vier Festangestellten. Je nachdem, was gerade läuft, können wir zehn freie Mitarbeiter tageweise aufbieten. Aber wir allein können nicht ganz Sri Lanka einzäunen.

Wie weibeln Sie für Ihr Konzept?

Wir halten Vorträge an den Schulen, sprechen in den Dörfern mit den Bewohnern, stellen unsere Idee beim Bauern- und Bewässerungsdepartement vor. Wir haben versucht, entsprechende Artikel in den Zeitungen zu platzieren, aber auf dem Land liest kaum jemand Zeitung. Schön wäre ein Fernsehbericht, doch das ist zu teuer.

Stossen Sie auf offene Ohren?

Nein, nicht sehr. Man müsste ändern, was man seit 50 Jahren macht. Und es ist eben ein gutes Gefühl, wenn man einen Elefanten auf den Lastwagen hieven kann und das ganze Dorf dabei zuschaut, wie der Störenfried weggekarrt wird. Dass der Elefant am neuen Ort genau dasselbe macht, ist dabei nebensächlich.

Wie ist die Beziehung der Sri Lanker zu ihren Elefanten?

Sie haben ihre Elefanten eigentlich sehr gern, sie wollen sie nur nicht in ihren Gärten und Feldern haben. Auch kulturell und religiös sind Elefanten sehr verankert. Bei Prozessionen ist immer ein Elefant mit Stosszähnen dabei, der das Heiligtum trägt. 

Unterscheiden die Tiere auf Sri Lanka sich von anderen Asiatischen Elefanten?

Eigentlich haben die Bullen Stosszähne, auf Sri Lanka aber meist nicht, was vermutlich indirekt genetisch bedingt ist. Da die Sri Lanker seit Tausenden von Jahren die Bullen mit Stosszähnen für ihre Zeremonien einfangen, hat eine Art künstliche Selektion stattgefunden.

Wie viele Elefanten leben auf Sri Lanka?

Etwa 6000, das ist aber eine grobe Schätzung, Elefanten lassen sich nicht zählen. Man hört sie zwar im Busch, weiss aber nie genau, wie viele es sind. Etwa ein Drittel der Elefanten lebt in Nationalpärken. Und klar ist: In den letzten 40 Jahren haben sie elf Prozent ihres Lebensraums verloren. Trotz allem geht es ihnen, verglichen mit anderen Ländern Asiens, wo der Lebensraum viel enger geworden ist, recht gut.

Woher kommt diese Sonderstellung Sri Lankas?

Die Leute sind generell offen und tolerant gegenüber Tieren. Ausserdem hat der lange Bürgerkrieg die Entwicklung des Landes gebremst, davon haben die Elefanten profitiert. Die grösste Gefahr für sie ist das Versiegen ihrer Futterquellen wegen der Lebensraumreduktion. Wilderei ist hier kein Thema, nicht zuletzt, weil die Elefanten eben keine Stosszähne haben. Abgesehen von wütenden Bauern, die etwa 150 Elefanten pro Jahr abschiessen, ist Sri Lanka eine Oase für Elefanten. 

Gibt es in Asien generell weniger Wilderei als in Afrika?

Nein, in Vietnam, Laos, Thailand und Burma ist Wilderei ebenso ein Problem. Und bei den absurd hohen Beträgen, die für Elefantenstosszähne bezahlt werden, wird jeder zum Wilderer. Es reicht, wenn ein Promille der Bevölkerung schwach wird.

Wie kann man die Elefanten besser schützen?

Man muss die Nachfrage stoppen. Solange die Menschen etwa in China Elfenbein wertschätzen und bereit sind, viel dafür zu zahlen, wird es immer jemanden geben, der für Geld Elefanten tötet. Es braucht eine komplette Neubewertung. Elfenbein muss so behandelt werden wie Pelz bei uns heute: Es zu besitzen, soll sich so falsch anfühlen, dass niemand es mehr haben will.

Wie viele Elefanten werden auf Sri Lanka noch als Arbeitstiere genutzt?

Bloss etwa 100 bis 200. Ein neues Problem ist aber der wachsende Tourismus. Weil so viele Touristen auf Elefanten reiten wollen, fängt man wilde Elefanten ein. Furchtbar wäre es, wenn es in Sri Lanka so weit käme wie in Thailand, wo mittlerweile mehr Elefanten in Camps leben als in der Wildnis. 

Was empfehlen Sie den Touristen?

Sie sollten sich von den gefangenen Elefanten fernhalten, keine Auffangstationen von Elefantenbabys besuchen, keine Elefanten reiten. Die so genannten Elefanten-Attraktionen nutzen dem Elefanten als Art nichts; sie füllen bloss die Kassen der Leute, die sie betreiben. Stattdessen sollten die Touristen in die zahlreichen wunderschönen Nationalpärke gehen und so dem Land zeigen, dass sie die wilden Elefanten sehen möchten. Dadurch verdienen die Nationalpärk und vor allem auch die Leute in der Nähe Geld, was die wilden Elefanten auch finanziell wertvoll macht.

Wie geht es den Elefanten, die in Schweizer Zoos leben?

Es sind wenige, und sie werden so verhätschelt, dass man sich um sie keine Sorgen machen muss. Zudem erfüllen sie als Botschafter eine wichtige Funktion. Wer auf Elefanten reiten will, soll das im Kinderzoo Rapperswil tun, wo die Elefanten sehr gut gehalten werden, statt in Asien. Dort werden sie mit brutalen Methoden domestiziert und mit Eisenstöcken traktiert.

Im Zoo Zürich und im Kinderzoo Rapperswil haben die Elefanten neue Gehege bekommen. Schätzen die Tiere das?

Ein grösseres Gehege und mehr Abwechslung mögen sie auf jeden Fall. Ich finde es auch in Ordnung, wenn die Tierpfleger direkt in Kontakt mit den Elefanten treten dürfen. Es sind soziale Tiere, und sie profitieren davon, wenn sie durch den Zoo spazieren oder zum Fressen raus in den Wald dürfen. Das aber kann man nur mit Elefanten tun, die entsprechend trainiert sind. Abwechslung ist wichtig. In Sri Lanka sehen wir ­Tempelelefanten, die jahrein jahraus an derselben Stelle stehen – furchtbar!

Können Sie die Elefanten unterscheiden?

Mein Mann hat für seine Doktorarbeit angefangen, die Elefanten im Yala-Nationalpark zu dokumentieren. Inzwischen haben wir für rund 250 Elefanten einen Karteieintrag. Mir fällt es schon schwer, Menschen zu unterscheiden, geschweige denn Elefanten. Mein Mann und unsere Assistenten können das aber sehr gut, anhand der Ohren, der Gesichtsform, der Pigmentierung und der Länge des Schwanzes oder von Schussverletzungen.

Helfen auch charakterliche Merkmale?

Nein, da Elefanten meistens am Fressen sind, ­unterscheiden sie sich im Verhalten kaum – abgesehen von einem Exemplar, das immer in einem Teich hockt und dort Lotuspflanzen frisst (lacht).

Haben Sie schon brenzlige Situationen erlebt?

Einmal waren wir im Jeep unterwegs im Park. Ein anderes Auto vor uns hatte die Strasse verlassen und war in Richtung der Elefanten gefahren. Diese wurden wütend, rannten dem Jeep hinterher und folgten ihm bis zur Strasse. Wir kamen gerade in dem Moment, als die Elefanten diese erreichten, und so liessen sie dann ihren Unmut an uns aus. Einer drückte mit vollem Körpergewicht gegen unseren Jeep, bis wir kurz nur noch auf zwei Rädern standen. Da hatte ich schon das Herz in der Hose. Meinem Mann gelang es dann, im richtigen Moment aufs Gaspedal zu drücken und davon zu brausen.

Elefanten gelten als klug und sozial, stimmt das?

Oh ja. Sie sind lernfähig und wissen zum Beispiel genau: Hier werde ich am Zaun gefüttert, dort mit der Schrotflinte verjagt. Oder sie nehmen einen grossen Baumstamm und schmeissen ihn auf einen elektrischen Zaun, um sich den Weg frei zu bahnen. Und die Herde hat eine enge Bindung: Geht es einem Elefanten nicht so gut, weichen die nächsten Familienangehörigen nicht von seiner Seite; gibt es Stress, stehen die Elefanten nahe beieinander und trösten sich mit dem Rüssel. Solche Situationen zu sehen berührt mich immer sehr. 

Wie optimistisch sind Sie für die Zukunft?

In Indien und Sri Lanka stehen die Chancen für wilde Elefanten gut. Für die anderen Länder bin ich weniger zuversichtlich. Weltweit gibt es weniger als 50 000 Asiatische Elefanten, und ihre Zahl nimmt leider weiter ab. In Afrika gibt es noch rund 500 000 Elefanten und riesige Nationalparks. Trotz Elfenbeinhandel stehen sie im Moment besser da als die Asiatischen Elefanten.

Sie sind ja wegen Ihres Mannes nach Sri Lanka gezogen. Hatten Sie da einen kleinen Kulturschock?

Ich war zuvor noch nie dort, aber es hat mir dort sofort gefallen. Natürlich darf man Sri Lanka und die Schweiz nicht vergleichen. Mit der Politik des Landes habe ich zum Beispiel Mühe, dafür ist Sri Lanka aber einmalig schön, was die Natur anbelangt.

Was vermissen Sie in Sri Lanka?

Freunde und Familie, den öffentlichen Verkehr, die Pünktlichkeit und die gute Organisation, das schnelle Internet. Aber ich verbringe jedes Jahr im Sommer einen Monat in der Schweiz und bin auch noch Research Associate am Anthropologischen Institut der Uni Zürich. Ich fühle mich an beiden Orten zuhause.

Wie erscheinen Ihnen die Probleme in der Schweiz aus der Ferne?

Welche Probleme? Die Schweiz hat bloss Luxusprobleme, und das ist ja auch gut so.   

Zur PersonDie Elefantenforscherin Jennifer Pastorini (47) lebt seit zwölf Jahren in Sri Lanka, der Heimat ihres Mannes Prithviraj Fernando, der ebenfalls Biologe ist. Sie lernte ihn bei einem Forschungsaufenthalt an der Columbia University in New York kennen. Gemeinsam gründeten sie das Centre for Conservation and Research (CCR), wo sie das Leben wilder Elefanten erforschen. Das CCR wird von der gemeinnützigen Organisation Aliya in der Schweiz unterstützt, die sich für Artenschutz und Forschung in Asien einsetzt und sich über Spenden freut.